Das Lenkrad, so heißt es von Mercedes, sei das einzige Teil, das vom Vorjahresboliden übernommen wurde. Das dürfte aufgrund der Regel-Revolution so auf ziemlich jeden Formel-1-Boliden der 2022er Generation zutreffen. Bei Mercedes fällt der Kulturschock noch größer aus, weil die silberne Farbe nach zwei Jahren in schwarz zurück ist. Der umständlich F1 W13 E Performance genannte Silberpfeil wurde am Freitag der Öffentlichkeit vorgestellt.
Zunächst gab es 3D-animierte Bilder des Titelverteidigers. Bei der Präsentation selbst wurde glücklicherweise das echte Auto gezeigt, das wenig später schon die ersten Runden in Silverstone drehte.
Wer mag, kann zwischen Renderings und Fotos auf Fehlersuche gehen. Viel haben die 3D-Bildchen jedenfalls nicht mit dem echten Auto zu tun. Mercedes gibt selbst zu, dass es sich bei den Renderings um eine frühere Version des Silberpfeils handelt. Wie viel Weiterentwicklung zwischen den beiden Ausbaustufen liegt, wollte das Team nicht verraten.
Als Technik-Referenz dient natürlich das richtige Fahrzeug. Die Nase des F1 W13 zieht sich weit nach vorne. Sie schließt mit dem vordersten Flügelprofil bündig ab. Zur Fahrzeugmittelachse hin fallen die Frontflügelprofile auffallend stark ab.
Am echten Fahrzeug bei weitem nicht so stark wie auf den Renderings, trotzdem erinnert die Kontur fast ein wenig an die ehemalige neutrale Zone, die Y250-Sektion der alten Boliden. Mercedes versucht hier offenbar Luft unter das Chassis zu bekommen und die Venturi-Kanäle zu füttern. Daneben steigen die Flügelprofile recht steil an, schließlich muss der Frontflügel selbst auch Abtrieb produzieren.
Bei der Vorderachse setzt Mercedes wie bislang alle Teams außer McLaren auf Pushrods. Interessanter wird es dahinter. Die Seitenkastenöffnungen sind fast rechteckig. Sie schließen mit der vorgeschrieben Kante ab und ziehen sich nicht um die Ecke.
Aus der Schräge wächst an der Oberseite ein 2022 seltenes Leitblech. Mercedes nutzt hier die Spiegelbefestigung als Ursprung. Von den Vorderreifen verwirbelte Luft wird hier aggressiv nach außen, weg vom eigenen Auto geleitet. Genau das sollen die neuen Regeln eigentlich verhindern.
Die schräge Ebene des Seitenkastens ist aber nicht besonders groß. Der Seitenkasten zieht sich sofort dahinter stark zusammen und führt nach unten. So kompakt baut hier kein anderes Team. Aus manchen Perspektiven wirkt es, als hätte der F1 W13 gar keine Seitenkästen, so klein ist das Arrangement.
Dadurch hat die Luft viel Raum, über die Oberseite des Unterbodens zu strömen. Die Fläche ist massiv. Bei Ferrari ist nur ein Bruchteil der Unterboden-Oberseite vom Mercedes zu sehen. Beide Konzepte sind radikal. Anders als der Aston Martin hat der Mercedes aber den Kühler nicht einfach eine Etage höher. Beim Mercedes ist schlicht nichts mehr da.
An der Karbonverkleidung ist noch eine eingesetzte Blende zu erkennen. Möglicherweise werden dort je nach Kühlbedarf Varianten mit Kiemen eingesetzt. Eine Wartungsklappe an dieser Stelle wäre eher ungewöhnlich.
Am Unterboden ist wie im Vorjahr am seitlichen Rand direkt hinter dem Venturi-Einlass ein Wellenschliff zu erkennen. Dafür verzichtet der Mercedes auf ein weiteres Leitblech an der Kante wie es bei anderen Teams zu sehen ist.
Am Heck baut der F1 W13 etwas breiter. Vor dem Beamwing hat das Karbonkleid eine größere Öffnung. Das ist auch daran zu erkennen, dass sich der voluminöse Luftsammler des Mercedes-V6 nicht mehr in der Verkleidung abzeichnet.
An der Hinterachse kommt wieder eine Pullrod-Aufhängung zum Einsatz. McLaren und Alfa sind bislang die einzigen Teams, die hier auf Pushrods umgeschwenkt sind. Auf der hinteren Crash-Struktur des Mercedes sitzt eine zentrale Schwanenhals-Halterung für den Heckflügel.
Ein spektakulärer Technik-Coup wie bei Ferrari oder Aston Martin ist am Mercedes auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Auch radikale Aufhängungskonzepte sucht man vergebens. Radikal am Silberpfeil sind dafür die Dimensionen der Seitenkästen. Auch das könnte der Coup sein.
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