Eine regelrechte Liebeserklärung samt Treueschwur richtete Max Verstappen kurz nach dem dramatischen Gewinn seines ersten WM-Titels in der Formel 1 an Red Bull Racing. "Ich liebe sie. Ich hoffe, wir können das für die nächsten 10, 15 Jahre weiter machen. Es gibt keinen Grund etwas zu ändern. Ich will für ewig bei ihnen bleiben", sagte der Niederländer im Jubelrausch in Abu Dhabi. "Ich hoffe, sie lassen mich!"

Genau dazu soll es nun schnellstmöglich kommen. Immerhin weiß niemand besser als Red Bull selbst um Verstappens Anteil an den jüngsten Erfolgen und dessen Bedeutung für die Zukunft. Derzeit arbeiten die Bullen grundlegend daran, die Verträge ihrer Top-Ingenieure und Mitarbeiter auf mindestens fünf Jahre zu verlängern, um Kontinuität zu gewährleisten, verrät Motorsportchef Dr. Helmut Marko nun in der österreichischen 'Autorevue'. Verstappen? Ist ausdrücklich inbegriffen.

Neuer Formel-1-Vertrag für Verstappen: Red Bull plant Gespräche

"Wir werden in den nächsten Wochen mit Max Gespräche führen", bestätigt Marko in dem Interview. Bislang sei das nur noch nicht erfolgt, weil Verstappens Manager Raymond Vermeulen schwer erreichbar gewesen sei. Hintergrund: Dessen Sohn Thierry startete beim 24-Stunden-Rennen in Dubai - zunächst gemeinsam mit Verstappens Vater Jos, ehe der ehemalige Formel-1-Pilot nach dem Training aus persönlichen Gründen doch nicht an den Start ging und abreiste.

Doch nun will Red Bull einen neuen Vertrag auf den Weg bringen. Vielleicht nicht gleich in den von Verstappen genannten Größenordnungen von bis zu 15 Jahren, doch insgesamt fünf Jahre erscheinen durchaus realistischer. Und das, obwohl derart lange Laufzeiten in der Formel 1 selten geworden sind. So gilt für den 24-Jährigen ohnehin etwas anders. Verstappen verfügt derzeit zum einen ohnehin noch über einen Kontrakt bis 2023, also zwei Jahre. Zum anderen hatte Verstappen diesen Vertrag bereits Anfang 2020 unterschrieben - also sehr langfristig. Länger band sich zu diesem Zeitpunkt nur Charles Leclerc an Ferrari - bis 2024.

Red Bull fürchtet keinen Mercedes-Abwerbeversuch: Silverstone hat Spuren hinterlassen ...

Einzig und allein ein Treuebekenntnis seitens des Niederländers war die damals überraschend frühe und langfristige Verlängerung nicht. Auch Red Bull sicherte sich damit gegen Abwerbeversuche durch Mercedes ab, immer gerne diskutierte Ausstiegsklauseln einmal ausgeklammert. Genau diese Gefahr soll aktuell allerdings keine mehr Rolle spielen - auch wenn die Spekulationen, der seit Abu Dhabi schweigende Lewis Hamilton könne seine Karriere beenden, nicht abreißen.

Verstappen als Ersatz zu Mercedes? Das fürchtet Red Bull mitnichten. "Ich glaube nicht, dass Max dann weg ist. Ich glaube, dass die Ereignisse in Silverstone, vor allem bei Jos, einen richtigen Knacks hinterlassen haben", erinnert Marko an den großen Ärger des Verstappen-Lagers über Mercedes' Jubel über den Sieg, während sich Verstappen nach einem Unfall mit Hamilton im Krankenhaus befand. Dass das Tischtuch zwischen den Verstappens und Mercedes nach zuvor guten Beziehungen zu Toto Wolff spätestens seitdem zerschnitten ist, machten im Vorjahr sowohl Max als auch Jos Verstappen deutlich.

Marko: Verstappens Salär schon jetzt nah an Limit

"Er hat dadurch, glaube ich, weniger Lust, die Seite zu wechseln", sagt nun Marko und fügt lachend an: "Und viel teurer kann es schon gar nicht mehr werden." Soll heißen: Als großes Druckmittel soll Verstappen ein möglicherweise besser zahlendes Mercedes in Gehaltsfragen gar nicht mehr nutzen können. Soweit von Hamiltons Gehalt entfernt liege der Niederländer ohnehin nicht mehr, so Marko. "Wir sind mit Verstappen schon sehr nah an dieser Grenze. Da ist irgendwann Schluss", sagt der Grazer.

Eine offizielle Deckelung für Fahrergehälter existiert unterdessen nicht - auch, wenn das Thema in der Vergangenheit bereits diskutiert wurde. Genauso sind die Fahrergehälter von der allgemeinen Budgetobergrenze von 2022 140 Millionen US-Dollar ausgenommen.

Formel-1-Fahrergehälter: Nur Hamilton verdient mehr als Verstappen

Bereits zum Zeitpunkt der letzten Vertragsverlängerung Verstappens 2020 machten hier astronomische Summen die Runde. Von Beträgen zwischen 20 Millionen Euro bis 40 Millionen Euro pro Jahr war damals in verschiedenen Spekulationen die Rede. 2022 soll Verstappen einem jüngsten Bericht von racignnews365.com zufolge nun rund 25 Millionen US-Dollar kassieren, das entspricht rund 22,4 Millionen Euro - ohne Performance-Boni und persönliche Sponsoren wohlgemerkt. Hamilton liegt demnach bei 40 Millionen US-Dollar (ca. 35,9 Millionen Euro).

Grundsätzlich zeichnet sich abseits des immer irgendwo und irgendwie relevanten Salärs kein Grund ab, der gegen eine zügige Vertragsverlängerungen sprechen würde - außer vielleicht ein möglicherweise weniger Konkurrenzfähiger Red Bull zu Beginn der neuen Regel-Ära. Doch auch da gibt sich Marko entspannt. "Wir sind ja dafür bekannt, dass wir sehr schnell auf ein Top-Niveau kommen können, wenn wir am Anfang nicht ganz dabei sind", meint der Motorsportchef des Energy-Drink-Riesen. Nach einem schlechten Start sehe es derzeit allerdings nicht aus. "Ich sehe nur die Fortschritte, die wir machen. Und die sind signifikant", sagt Marko. Und: "Wir haben einen [Adrian] Newey, der wieder unglaublich engagiert ist."

Marko: Verstappen stand auch zu Renault-Zeiten zu Red Bull

Selbst kurzzeitige Rückschläge müssten einen Verstappen nicht vergraulen. Das habe sich schon in dessen früher Karriere bei Red Bull gezeigt. "Obwohl wir gesehen haben, dass wir mit dem Renault-Motor sicher keine WM gewinnen, ist er zum Team gestanden", meint Marko. "Wir haben ihm auch immer offen dargelegt, welche Pläne wir haben, als das mit Honda begonnen hat. Er ist auch sonst über die Entwicklungen informiert. Darum glaube ich ihm auch seine Aussagen, dass er sich bei uns sehr wohlfühlt."

Noch dazu könnte eine auch einmal weniger intensive Saison als der beinharte WM-Kampf 2021 langfristig helfen - gegen Ermüdungserscheinungen. "Es war massiv anstrengend", sagt Marko. "Auch Max hat gesagt, dass er so eine Intensität nicht mehr aushält. Es will noch eine Zeit lang fahren, aber wenn jedes Jahr so ist, dann limitiert sich das."