Vom unerfahrensten Piloten zum größten Routinier der Geschichte: Mit nur 23 Formel-Rennen Erfahrung vor seinem Formel-1-Debüt mit Sauber im Jahr 2001 beäugten FIA und Formel 1 den jungen Kimi Räikkönen zu Beginn seiner am Ende großen Karriere kritisch. War dieser junge Naseweis aus dem hohen Norden wirklich bereit? Oder eher ein Sicherheitsrisiko? Zunächst fuhr der finnische Youngster aus Espoo daher auf Bewährung, doch die sollte er ohne Tadel überstehen.

20 Jahre später gilt längst das genaue Gegenteil: Unter Fahrerkollegen gilt der heute 42-Jährige bereits seit Jahren als einer der fairsten Sportsmänner in der Königsklasse. Auf Räikkönen könne man sich in einem Zweikampf verlassen, so äußerten sich über die letzten Jahre schon viele Mitstreiter wie Sebastian Vettel und Ex-Lotus-Kollege Romain Grosjean. Mit 348 Starts hat sich Räikkönen längst zum fleißigsten Rennfahrer der Formel-1-Geschichte gemausert.

Formel 1 Abu Dhabi: Räikkönen verspätet sich

Trotz dieser langen Zeit - 20 Jahre, inklusive zwei Jahren Auszeit für Abenteuer in WRC und NASCAR - kommt bei Räikkönen vor seinem 349. und letzten Start am kommenden Wochenende in Abu Dhabi alles andere als Wehmut auf. Stattdessen gibt sich Räikkönen in seiner Abschiedspressekonferenz am Donnerstag, wie man den Finnen vor allem immer kannte - ganz als Iceman.

Zunächst einmal ist es ohnehin nur die obligatorische FIA-Pressekonferenz am Donnerstag. Ein eigener Termin, wie etwa zuletzt bei Valentino Rossi in der MotoGP, wird nicht anberaumt. Das gefällt Räikkönen. Jeder Medientermin ist ein Medientermin zu viel. Auch wenn es diesmal um etwas ganz Besonderes geht. Vielleicht am besten zeigt sich das daran, dass der Finne dann auch den Start der FIA-PK verpasst. Mit einer Minute Verspätung trudelt Räikkönen ein, als PK-Partner George Russell längst die erste Frage beantwortet hat.

Kimi Räikkönen: Froh, dass es vorbei ist

Sofort richtet sich die Aufmerksamkeit auf Räikkönen. Doch der gibt sich erst einmal wie zu seinen wortkargsten Zeiten Anfang der 2000er Jahre. 349. und letztes Rennen, wie fühlt sich das an. "Gut... weißt du", knarzt Räikkönen. Ob er sich denn darauf freue? Durchaus, so Räikkönen. Aber anders als die Frage meinte. "Ich freue mich darauf, wenn es geschafft ist", sagt der Finne. "All dieser Kram."

Auf den Grand Prix selbst freut sich der Routinier dann doch. "Hoffentlich haben wir hier guten Speed, sodass ich Spaß haben kann", sagt Räikkönen. "Aber ich freue mich darauf, wenn die Saison erledigt ist und ich keine Zeitpläne mehr habe." Genau das hatte der Finne seit seiner Rücktrittserklärung Anfang September stets als Grund angegeben. Räikkönen will nicht länger, dass sein geschäftiger F1-Ablauf das gesamte Familienleben diktiert. Das habe er allein entschieden. "Es war meine Entscheidung aufzuhören, nicht die der Familie. Sie haben mir nicht gesagt, dass sie es wollen", berichtet der Finne nun.

Räikkönen: Emotional wird Minttu, nicht ich

Zumindest ein gewisses Bedauern empfindet Räikkönen dabei nicht. Der Iceman ist zu 100 Prozent von seiner Entscheidung überzeugt. "Alles endet früher oder später - und ich werde auch nicht jünger ...", sagt Räikkönen. Große Emotionen auf seiner Seite erwartet der Iceman nach der Zielflagge nicht. "Ich bezweifle es, aber du weißt nie", sagt er.

Seine Frau werde sicherlich emotionaler reagieren. In Abu Dhabi begleiten den Finnen Ehefrau Minttu und die gemeinsamen Kinder Robin und Rianna. "Das ist schön. Meine Frau wird emotional sein, da bin ich sicher", sagt Räikkönen, "Ich bezweifle aber, dass es die Kids groß kümmert. Die haben hier andere interessante Dinge im Kopf. Sie freuen sich darauf, in einem warmen Land zu sein und am Pool zu sein und so", sagt der Finne mit Wahlheimat im Schweizer Baar. "Aber ist schön sie hier zu haben."

Zukunft im Motorsport: Räikkönen weiter ohne Pläne

Vermissen wird Räikkönen eher wenig. Ein paar nette Leute und Freunde sicherlich, sagt der Alfa-Fahrer. Wobei man sich da ohnehin mehr abseits des Renn-Zirkus getroffen habe. "Hier ist normalerweise so viel los, dass du da ja kaum Zeit hast", sagt Räikkönen. Das Racing selbst sei es da schon eher. "Aber es gibt andere Rennserien, die vielleicht besser und spaßiger sind, wenn es um das Racing allein geht", ergänzt Räikkönen.

Sehen wir den Finnen in Zukunft als wieder? In der WRC vielleicht? Oder im GT-Sport wie Rossi? Räikkönen winkt ab. Von einer Andeutung will er nichts wissen. Räikkönen: "Ich habe da noch gar nichts angesehen. Ich will erstmal einfach das Jahr beenden und dann schauen wir mal, ob sich etwas Interessante auftut. Aber gerade habe ich da gerade keine Antwort. Ich freue mich erstmal auf den weniger hektischen Zeitplan."

Denn einer Sache ist sich Räikkönen sehr bewusst: Die Formel 1 hat viel Zeit beansprucht - und von eigentlich Wichtigerem abgelenkt. "Einen großer Teil meines Lebens habe ich hier verbracht, ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist!", grübelt der Finne. "Aber so ist es eben. Es hat viel Zeit aufgewendet. Aber es war nie das Wichtigste in meinem Leben. Schön, dass es zum Ende kommt. Jetzt freue ich mich auf das normale Leben danach."