Die Formel 1 feiert derzeit einen Boom in den USA. Die Einschaltquoten sind so gut, wie seit Jahren nicht mehr und das Rennwochenende in Austin wurde vor einer spektakulären Kulisse von 380.000 Zuschauern ausgetragen. Nicht einmal beim Großbritannien-GP in Silverstone wurden diese enormen Zahlen erreicht.

Gleichzeitig befindet sich mit Haas F1 das einzige US-amerikanische Team am unteren Ende des Konstrukteurs-Klassements. Mit einem praktisch uneinholbaren Rückstand auf die ersten Zehn an jedem Rennwochenende deutet alles darauf hin, dass Haas diese Saison ohne einen einzigen Zähler beenden wird. Finanzielle Probleme und eine Schwächephase in den letzten Jahren führten dazu, dass man sich neben Ferrari-Junior Mick Schumacher Paydriver Nikita Mazepin holen musste.

Steiner: Haben US-Markt nicht genutzt

Dass man aus dem Formel-1-Boom in den Staaten kaum einen Nutzen ziehen konnte, sieht Haas-Teamchef Günther Steiner kritisch. Mit einem Blick auf die Vergangenheit meinte er: "Vielleicht haben wir den amerikanischen Sponsoren-Markt nicht so stark genutzt, wie wir es hätten tun können", räumte der Südtiroler ein.

2016 war der Rennstall von Teamgründer Gene Haas in die Formel 1 eingestiegen. Der Unternehmer hatte sich mit seinem Werkzeug-Konzern ein Vermögen aufgebaut. Vor dem Formel-1-Einstieg war Gene Haas bereits seit 13 Jahren mit einem Team in der NASCAR-Serie aktiv. Mit insgesamt zwei Fahrer-Titeln zählt Stewart Haas Racing immer noch zu den Topteams der Serie.

Doch von der USA-Verbindung spürt man im F1-Betrieb kaum mehr etwas. "Heutzutage müsste alles auf Amerika fokussiert sein, aber es gibt ja noch vier andere Kontinente", verteidigte Steiner am Rande des Austin-Wochenendes die Sponsor-Strategie des Teams. Mit dem Hauptsponsor Uralkali von Dmitry Mazepin, der seinem Sohn Nikita den Einstieg in die Königsklasse ermöglichte, erstrahlt der Bolide in diesem Jahr ganz in russischen Farben.

Der Hauptsitz von Haas befindet sich immer noch in Kannapolis im us-amerikanischen Bundesstaat North Carolina. Doch davon abgesehen verfügt der Rennstall auch noch über ein Werk im britischen Banbury. Auch in Italien ist Haas vertreten. Neben den Ferrari-Motoren nutzt man auch den Windkanal der Scuderia und kooperiert aus logistischen Gründen mit Dallara, die wenige Kilometer entfernt beheimatet sind.

Andretti: Haas ist ein russisches Team

Haas wird bis auf weiteres der einzige us-amerikanische Rennstall bleiben. Denn die Verhandlungen von US-Motorsport-Giganten Michael Andretti mit dem Schweizer Sauber-Rennstall scheiterten, da man sich über den Kaufpreis nicht einig wurde. Von 350 Millionen Euro war die Rede, plus einer zusätzlichen Bankgarantie von 250 Millionen, welche eine konkurrenzfähige Weiterführung des Teams absichern sollte.

Dennoch gilt es als wahrscheinlich, dass Andretti in Zukunft weitere Anstrengungen unternehmen wird, um in die Formel 1 zu kommen. Michael Andretti sagte in einem Interview gegenüber Indystar: "Liberty Media hat es wirklich auf den amerikanischen Markt abgesehen, und ich denke, ein echtes amerikanisches Team zu haben, wäre eine große Sache für sie".

Ein klarer Seitenhieb gegen Haas, die er mit Verweis auf den Hauptsponsor und die Lackierung des VF-21 nicht als US-Rennstall anerkennt. "Es fühlt sich sehr russisch an", stichelte der Indycar- und Formel-E-Teamboss weiter gegen Haas.