Max Verstappen wurde für die Kollision mit Weltmeister Lewis Hamilton im Formel-1-Rennen in Monza mit einer Strafe belangt. Der WM-Leader muss am nächsten Rennwochenende in Russland im Grid drei Plätze weiter hinten Aufstellung nehmen. Während sein Unfallgegner die Rennleitung für das harte Durchgreifen lobte, erhält er von einem anderen Champion im Feld Rückendeckung. Fernando Alonso findet die Sanktion unpassend. Das Drama um den Crash hält er für übertrieben.

"Sie sind vielleicht 30 oder 40 km/h gefahren. Das ist nicht gefährlich, das ist gar nichts. Ich denke nicht, dass es so eine große Sache war", so Alonsos Einschätzung der Schlüsselszene im Grand Prix von Italien. Durch verpatzte Boxenstopps beider Teams hatten sich Verstappen und Hamilton in der 26. Runde plötzlich im Zweikampf wiedergefunden, der in der ersten Schikane zu einer erneuten Kollision zwischen den WM-Rivalen führte.

Alonso findet Strafe überflüssig

Für Alonso war dieser Ausgang des Duells der natürliche Lauf der Dinge. "Verstappen ist immer sehr aggressiv, und mit Hamilton erst recht. Wenn du sie zusammen in eine Kurve steckst, übertreiben sie. Aber diese Momente gehören zur Formel 1 dazu", sagt der zweimalige Weltmeister. "Das sind zwei Champions die bis ans äußerste Limit kämpfen."

In Silverstone war Hamilton von den Stewards als Aggressor mit einer Zeitstrafe von zehn Sekunden belegt worden. Anders als Verstappen in Monza, war er in Großbritannien nach dem Kontakt im Rennen geblieben, weshalb er die Strafe unverzüglich ableisten musste. Verstappen hingegen wird durch seinen Ausfall zwei Wochen später in Sochi für den Zwischenfall büßen. Ginge es nach Alonso, hätten sich die Offiziellen die Strafe sparen können: "Wenn das jedes Mal bestraft wird, wird es keinen Wettbewerb mehr geben, weil niemand mehr einen Überholversuch wagt."

Verstappen vs. Hamilton für Alonso ein Rennunfall

Besonders hohe Wellen schlug der Unfall in Monza, weil Verstappens rechtes Hinterrad Hamilton leicht am Kopf traf. Das Auto des Niederländers war auf einem Kerb aufgestiegen und auf dem Mercedes gelandet. Alonso sieht diesen Umstand nicht als eine Folge fahrlässiges Verhaltens. "Es schien eine unglückliche Position mit dieser Kurve und dem Kerb zu sein. Das Auto hebt ein bisschen ab, und dann berühren sich die Reifen und der Gummi lässt eines der Autos abheben," erklärt der 40-Jährige.

Dass die Situation auch ganz unspektakulär hätte ausgehen können, zeigten für ihn zwei andere Szenen im selben Rennen. "Giovinazzi und Leclerc haben dasselbe getan, Stroll und Perez auch. Aber ihre Reifen haben sich nicht berührt, deshalb ist es anders ausgegangen", sagt er. Hamilton und Verstappen schoben sich gegenseitig die Verantwortung für den Unfall zu. Der Red-Bull-Pilot hätte mehr Platz erwartet, sein Kontrahent mehr Weitsicht.

"Das hier war nur ein Rennunfall", urteilt Alonso, der keinem der beiden einen Vorwurf macht: "Ich glaube, Lewis hat in Kurve eins versucht, Max zum Abkürzen der Kurve zu zwingen. Max hat die Kurve nicht abgekürzt, ist außen geblieben und dann konnte er innen die zweite Kurve nicht mehr nehmen. Beide haben getan, was sie tun mussten und leider haben sie sich berührt."

Villeneuve kritisiert Dramatisierung durch die Rennleitung

Jacques Villeneuve pflichtete Alonso in seiner Beurteilung bei. Auch er konnte die Strafe nicht nachvollziehen. "Du kannst keinen von ihnen unter dem Vorwurf des Vorsatzes bestrafen, wenn der Kontakt lange vor einem möglicherweise absichtlichen Manöver schon stattfand", sagte der 50-Jährige gegenüber der italienischen Zeitschrift Corriere della Sera.

Dass die FIA gegen Verstappen durchgriff, versteht er als Zwangsaktionismus: "Sie haben ihm die Strafe nur gegeben, weil das Hinterrad vom Red Bull auf Hamiltons Kopf gelandet ist. Sie sagen immer, dass sie kein Urteil unter Berücksichtigung der Folgen fällen, aber genau das haben sie getan."

Der als Hardliner bekannte Weltmeister von 1997 sieht im neuerlichen Aufeinandertreffen der Titelaspiranten außerdem einen gesunden WM-Fight. "Das Wichtigste ist, dass sie beide für die Weltmeisterschaft kämpfen und keiner sich geschlagen geben will. Es ist ein Kampf, aber sie sind Gladiatoren. Sie sind nicht zu aggressiv, sie wollen einander nur besiegen", sagt er.

Die Eskalation zu dem vielerorts hochstilisierten Hassduell sieht er noch lange nicht. "Es ist nicht wie bei Senna und Prost. Ihre Rivalität ging weit über das Limit. Es war Hass und die Bereitschaft, dreckig zu fahren. Ist das bei Max und Lewis so? Nein. Ich hoffe, dass wir noch mehr Kämpfe sehen, die nicht in der Mauer enden, auch wenn das wahrscheinlich wieder passieren wird."