Sergio Perez verwandelte beim Formel-1-Rennen in Zandvoort seine trostlose Ausgangslage in wichtige WM-Punkte für Red Bull. Aus der Boxengasse gestartet, stellte sich der Mexikaner früh im Grand Prix mit einem Bremsplatten selbst ein Bein. Nach dem Rückschlag kämpfte er sich mit entschlossenen Manövern durchs Feld. Dabei geriet er zum zweiten Mal nach Österreich mit Lando Norris aneinander. Perez war von der harten Gangart des McLaren-Fahrers nicht begeistert. Der wiederum rechtfertigte seinen Ellenbogeneinsatz.

"Ich fand es ziemlich unnötig. Ich war da und hatte nicht genug Platz, wir haben uns berührt und dabei wurde die rechte Seite meines Autos ziemlich stark beschädigt", schimpft Perez bei Sky Sports F1, obwohl er als Sieger des Duells in der 66. Runde hervorging. In Kurve eins hatte er Norris außen attackiert und sich auf dieser Linie behauptet. Der Brite gab ebenfalls nicht nach, wodurch es am Ausgang zum Bodycheck kam. Perez gelang es daraufhin erst in Kurve zwei, die Position zu erobern.

In Spielberg hatte Norris in einer ähnlichen Situation ins Kiesbett abgedrängt, allerdings ohne einen Kontakt. Das Resultat war eine Zeitstrafe. Diesmal ließ er Perez leben, weshalb er sich nichts vorwerfen konnte. "Wir haben uns gegenseitig ziemlich bedrängt. Er hat von außen auch hart reingezogen und ich wollte ihm einfach nicht viel Platz geben", so der 21-Jährige bei Sky Sports F1. "Ich habe versucht, ihn abzuklemmen, aber ich habe ihn nicht von der Strecke gefahren oder so."

Die Rennleitung gab ihm offenbar Recht, denn diesmal hatte sich an seinem Stil nichts zu beanstanden. Perez hingegen fühlte sich im weiteren Rennverlauf durch die Szene benachteiligt. "Ich habe dadurch einfach viel Grip verloren. Das war schade, denn ich glaube, dass Platz sechs möglich gewesen wäre", erklärt der 31-Jährige, der wenig später trotzdem noch Esteban Ocon überholte.

Für Norris ist das ein Grund weniger, ein schlechtes Gewissen zu haben. "Er hat ja später trotzdem noch ein weiteres Auto überholt", sagt er. Über harte Gegenwehr müsse sich Perez zudem nicht wundern: "Ich werde ihm das Leben nicht leicht machen. Er sitzt im Red Bull, im schnellsten Auto im Feld. Es ist egal, ob es Max oder Lewis oder wer auch immer ist. Ich behandle sie alle gleich, denn ich will die Punkte genauso sehr haben."

Perez zerstört Reifen bei Mazepin-Block

Norris war nicht der einzige Fahrer, der Perez am Sonntag das Leben schwer machte. Auch ohne Aussicht auf Punkte verteidigte sich Nikita Mazepin zu Rennbeginn mit dem Messer zwischen den Zähnen gegen den Red-Bull-Fahrer, der aus der Boxengasse dem Feld hinterhergeeilt war. "Nikita hat unser Rennen am Anfang sehr kompliziert gemacht", so Perez, der mit dem Russen um die 17. Position kämpfte.

In Runde acht hatte der Schlagabtausch für ihn unerwartete Folgen. "Ich habe mir die Reifen kaputtgebremst, weil er sich beim Anbremsen sehr spät noch bewegt hat. Ich musste ihm ausweichen und habe mir Bremsplatten geholt", sagt Perez, der daraufhin in der achten Runde schon zum Reifenwechsel an die Box kommen musste: "Wir mussten unser Rennen danach noch einmal von vorne beginnen."

Nach dem Reset hatte er erst recht nichts zu verlieren und überholte bei seiner Aufholjagd ohne Kompromisse. "Jedes Manöver war wirklich am Limit, mit viel Risiko. Aber ich musste viel Risiko eingehen, denn das Hinterherfahren war sehr schwierig", erklärt er. Red-Bull-Teamchef Christian Horner lobte den Einsatz seines Fahrers an einem eigentlich schon verlorenen Tag. "Er ist durchs Feld gekommen und hat wirklich wichtige Punkte geholt. Das ist für sein Selbstvertrauen nach dem enttäuschenden Samstag wichtig", sagt der Brite bei Sky Sports F1.

Perez-Punkte diesmal wichtiger als Verstappens WM-Kampf

Anders als in Silverstone griff die Teamführung diesmal nicht in sein Rennen ein, um Verstappens WM-Mission zu unterstützen. Beim Rennen in Großbritannien musste Perez kurz vor Schluss seinen zehnten Platz und einen WM-Punkt aufgeben, um den Bonuspunkt für die schnellste Runde von Mercedes zu stibitzen. "Wir hätten diesmal einige Punkte verloren, und wir sind in einem engen Kampf in der Konstrukteursmeisterschaft", so Perez gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Durch Perez' vier WM-Punkte liegt sein Team in der Weltmeisterschaft nun zwölf Zähler hinter den Titelverteidigern. Für ihn war Zandvoort aber trotz der Aufholjagd samt Wahl zum Fahrer des Tages kein Erfolg. "Wir haben Schadensbegrenzung betrieben", sagt er. Durch die taktisch eingesetzte Motorenstrafe hofft er, im späteren Saisonverlauf noch von diesem Tag zu profitieren: "Wir haben einen neuen Motor und können ab jetzt nach vorne schauen."