Auf kaum eine Strecke hat sich die Formel 1 so sehr gefreut wie auf Zandvoort. Endlich wieder eine Oldschool-Fahrer-Strecke im Kalender. Zwei Stunden Training standen am Freitag auf dem Plan, doch die Fahrer kamen nur etwas mehr als eine Stunde tatsächlich zum Fahren. Sebastian Vettels gestrandeter Aston Martin sorgte allein schon für mehr als 30 Minuten Trainingsunterbrechung.

Dann fiel im 2. Freien Training Lewis Hamilton mit technischem Defekt aus und schließlich sorgte auch noch Nikita Mazepin mit einem Dreher für eine Rot-Unterbrechung. Im 1. Training ging es am Ende sechs Minuten lang um die Wurst, das Ergebnis ist aufgrund des Verkehrs wenig aussagekräftig. Im 2. Training ruinierte die zweite Rot-Phase einige Runs auf Soft.

Ferrari-Resultat trügerisch

Die schnellsten Rundenzeiten geben also nur bedingt Ausschluss über die Konkurrenzfähigkeit. Die Ferrari-Doppelspitze mit Charles Leclerc vor Carlos Sainz erinnert dennoch an den starken Auftritt in Monaco. Allerdings dreht Ferrari traditionell am Freitag schon etwas mehr auf. Für Alpine, ebenfalls überraschend stark, gilt das gleiche. Motorleistung und Gewicht haben in Zandvoort einen deutlich größeren Einfluss als in Monaco.

Zwar zeigten sich die Ferrari-Piloten äußerst optimistisch, mit einer Monaco-ähnlichen Überraschung ist aber nicht zu rechnen. Das zeigen allein schon die Longruns, die im Fürstentum bekanntlich hinfällig sind, weil ohnehin nicht überholt werden kann.

Mercedes: Hamilton-Faktor fehlt

Bei Mercedes gibt es noch große Fragezeichen bezüglich der tatsächliche Pace. Valtteri Bottas landete auf Rang vier vor Max Verstappen, der seinen ersten Soft-Versuch aber abbrechen musste. Dazu ist fraglich, was Hamilton zu Leisten im Stande gewesen wäre. "Das Auto fühlte sich auf den wenigen Runden, die ich gefahren bin, nicht schlecht an", gibt sich der Weltmeister zuversichtlich.

Trotzdem macht Mercedes noch Problemstellen aus. "Wir kämpfen noch etwas mit den Kurven zwei und drei, in denen wir sowohl mit mehr als auch weniger Sprit an Bord Zeit verlieren", meint Strecken-Chefingenieur Andrew Shovlin.

Red-Bull-Probleme auf eine Runde

Doch auch bei Red Bull ist man nicht vollumfänglich zufrieden - zumindest auf eine Runde. "Die Balance stimmt noch nicht. Wir haben Mal Übersteuern und Mal Untersteuern", erklärt Dr. Helmut Marko. Allerdings treiben die Longruns dem Doktor ein Schmunzeln ins Gesicht: "Ich weiß nicht genau, wie viele Runden wir auf den Softs gefahren sind, es waren aber mit Abstand die meisten und da waren wir im Schnitt zwei bis vier Zehntel schneller als alle anderen."

12 Runden fuhr Verstappen auf Soft, zehn Bottas. Im Schnitt war der Red-Bull-Pilot rund zweieinhalb Zehntel schneller. Deshalb macht sich Marko auch auf eine Runde keine allzu großen Sorgen: "Wenn du im Longrun bei verhaltener Form schnell bist, dann zeigt das dir, dass wir die Reifen im Short-Run überfahren. Das können wir mit dem Setup lösen."

Allerdings beziehen sich die zweieinhalb Zehntel auf Bottas. Hamilton ist im Normalfall auf im Dauerlauf eine ganze Ecke schneller als Teamkollege Bottas. Nur fehlt dieser Vergleichswert. Hamilton fuhr nur drei Runden im 2. Training, ehe er seinen Silberpfeil mit Öldruckverlust am Streckenrand abstellen musste.

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Vorne an der Spitze lässt sich nach dem Trainingstag also noch keine klare Tendenz erkennen. Einerseits sorgten die zahlreichen Unterbrechungen für ungenaue Daten, andererseits fehlt der Hamilton-Faktor in der Gleichung.

Dass Ferrari und Alpine keine Gefahr darstellen dürften, zeigen aber die Longruns ganz klar. Auf den Soft-Reifen fuhren Carlos Sainz und Fernando Alonso exakt gleichschnell - allerdings sechs Zehntelsekunden langsamer als Verstappen. Im Dauerlauf zeigte McLaren einmal mehr, dass das Freitags-Ergebnis nicht immer repräsentativ ist.

Longruns Soft

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeit
Verstappen20121:15,378
Bottas20101:15,630
Perez1681:15,771
Norris1771:15,775
Gasly1781:15,980
Sainz1351:15,991
Alonso2081:15,991
Vettel1681:16,246
Stroll15101:16,549
Ricciardo1231:16,905
Russell19121:16,935
Räikkönen1661:17,146
Schumacher1361:17,758

Longruns Medium

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeit
Bottas1331:14,775
Räikkönen1511:15,626
Stroll1431:15,836
Ocon24181:16,015
Leclerc1271:16,224
Giovinazzi2381:16,457
Tsunoda21181:16,571
Schumacher1881:17,703

Longruns Hard

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeit
Ricciardo1321:16,246
Gasly1211:16,293
Latifi1691:17,624