Red Bull und Mercedes haben in Aserbaidschan beide genau da weitergemacht, wo sie zuletzt in Monaco aufgehört hatten. Während Max Verstappen und Sergio Perez in den ersten beiden Trainings zum Formel-1-Rennen in Baku die Bestzeiten in den Asphalt brannten, stürzten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas erneut ab - sogar noch mehr als zuletzt in Monte Carlo.

Im ersten Training auf dem Baku City Circuit fuhren Hamilton mit P7 und Bottas mit P10 zumindest noch in die Top-10. Doch bereits in dieser Session fiel der Rückstand auf Verstappen an der Spitze riesig aus. Hamilton fehlten sieben Zehntelsekunden, Bottas sogar 1,7 Sekunden. Im zweiten Training klaffte dann sogar eine astronomische Lücke für Formel-1-Standards. Hamilton lag mehr als eine Sekunde hinter der Bestzeit Perez', Bottas mehr als zwei. Das Resultat: Nur P11 & P16.

Lewis Hamilton im Baku-Training eine Sekunde hinter Red Bull

Mehr drin war offenbar auch mit idealen Rundenzeiten nicht (eine ausführliche Sektorenanalyse folgt am Abend auf Motorsport-Magazin.com). Das legte jedenfalls ein Funkspruch Hamiltons im zweiten Training nahe. "Mach einfach, was immer wir tun müssen. Ich werde nicht schneller werden. Ich weiß nicht, wo die Zeit ist, um ehrlich zu sein", funkte der Brite an seinen Renningenieur. Peter Bonnington hatte Hamilton den Versuch vorgeschlagen, seine Zeit mit einer anderen Motoreinstellung zu verbessern.

Eine Antwort hat der siebenmalige Weltmeister auch nach dem Training nicht parat. "Gefühlt hatte ich einen guten Tag, ich war einfach nicht sehr schnell", berichtet Hamilton. "Es war sauber, ich habe alle Runden geschafft, die wir gebaucht haben. Es gab keine Fehler, nur mal eine Runde im ersten Training, da hatte ich einen Verbremser. Aber generell denke ich, dass ich gut gefahren bin. Im ersten Training fühlte sich das Auto besser an, jetzt steckte einfach nicht mehr Zeit drin."

Hamilton & Bottas fehlt es im Mercedes an Grip

Woran es mangelte, ist Hamilton zumindest klar. "Ich habe gepusht, war am Limit, aber das Auto ist begrenzt. Es gibt Bereiche, in denen es schneller gehen würde, aber es gibt nicht mehr Grip", schildert der Brite. Warum es den nicht gab, vermag der Mercedes-Pilot nicht zu sagen. Genauso wenig kann das Bottas. "Ein wenig ist nicht das richtige Wort, es war heute sehr knifflig für uns", sagt der Finne. "Es fühlt sich so an, als wäre es einfach der Grip. Die Balance ist nicht so weit weg. Okay, das Auto ist etwas unvorhersehbar, aber es fühlt sich einfach so an, als würde Grip fehlen. Es rutscht rum. Das wird heute ein langer Abend ..."

Das prognostiziert auch Hamilton sich und seinen schlauen Köpfen bei Mercedes - diesmal ohne verbales Drama, ob im Interview oder am Funk. Das hatte Hamilton erst am Vortag versprochen. Kritik derart nach außen tragen wie zuletzt in Monaco will der Champion nicht mehr. Die Fakten benennt Hamilton dennoch. "Wir sind auf jeden Fall ein gutes Eck hinten", sagt der Engländer. "Ich denke, dass jetzt alle Köpfe rauchen werden, um herauszufinden, wie wir das verbessern können."

Valtteri Bottas rätselt: Stochern im Nebel

Immerhin der Longrun sei etwas zügiger gewesen, sagt Hamilton. Große Hoffnung spendet das dem Mercedes-Fahrer allerdings nicht. Dafür ist das Rätselraten schlicht zu groß. Ähnlich sieht es Bottas. "Der Longrun war vielleicht etwas besser, aber noch immer fehlt uns Pace. Das ist ganz klar. Da stimmt grundlegend etwas nicht, wir müssen herausfinden, was das ist", fordert der Finne. Eine Ahnung habe man noch nicht. "Aber wir werden es schon herausfinden", hofft Bottas. "Die größte Sache ist der Gripmangel, dafür kann es viele Gründe geben. Gerade weiß ich es noch nicht."

Für die Bereinigung der Probleme steht Mercedes nun allerdings weniger Zeit zur Verfügung als zuletzt in Monaco. "Monaco war nicht leicht, aber immerhin hatten wir dort mehr Zeit bis zum Qualifying", erinnert der Mercedes-Fahrer an den Ruhetag im Fürstentum. "Jetzt scheinen wir ziemlich weit weg zu sein. Der Tag war eine größere Herausforderung als wir erwartet hatten."

Lewis Hamilton: Fühlt sich wie ein Rückschritt an

Sind die seitens Toto Wolff vor Baku angekündigten Lektionen aus Monaco, ebenfalls ein Straßenkurs, also doch keine allzu großen Lehren gewesen? "Unmöglich zu sagen", winkt Hamilton ab. "In Sachen Pace sind wir überhaupt nicht nach vorne gekommen. Nach einem Tag wie heute fühlt es sich aber eher an, als hätten wir einen Schritt zurück gemacht. Aber ich weiß es nicht. Abwarten. [...] Ich weiß nicht wirklich, wo wir stehen."

Dem schließt sich auch Andrew Shovlin an. "Heute war mit Abstand unser schlimmster Freitag", sagt der leitende, in Baku auch leidende, Ingenieur an der Strecke. "Unser größtes Problem schien auf einer Runde zu liegen, hier sind wir weit weg von unserer normalen Position. Deswegen müssen wir in diesem Bereich deutliche Schritte machen", fordert Shovlin. "Es gibt also über Nacht viel zu tun. Wir haben ein umfangreiches Analyse-Programm und Arbeiten im Simulator geplant, um die Probleme zu verstehen. Aber wir müssen eindeutig noch stark nachlegen."