Beim Start in die Formel-1-Saison 2021 wurden Red Bull und Max Verstappen von allen Seiten als Favoriten für die ersten GPs genannt, und hatten zu Beginn auch eindeutig das schnellste Auto. Doch nach dem dritten Rennen der Saison in Portugal ist es Mercedes-Pilot Lewis Hamilton, der mit zwei Siegen und einem zweiten Platz die WM-Wertung knapp vor Verstappen anführt.

Dank eines Wochenendes, bei dem Mercedes erst beide Autos in die ersten Startreihe brachte, und dann Red Bull das ganze Rennen lang auf Abstand halten konnte. Obwohl dort schon erste Upgrades dabei waren. Nach "schnellstem Auto" sah das nicht aus, haben die amtierenden Weltmeister das Kräfteverhältnis schon gedreht? Die Analyse aus Portimao.

Hamilton & Mercedes geben bis ins Ziel den Ton an

Nur einen kurzen Moment sah es rückblickend in Portugal so aus, als ob es nicht das Rennen des Lewis Hamilton sei. Als er beim Restart nach dem frühen Safety Car pennte und nicht nur Valtteri Bottas auf P1 entkommen ließ, sondern auch noch von Max Verstappen überrumpelt wurde und auf den dritten Platz zurückfiel.

Das bedeutete für Hamilton aber lediglich mehr Arbeit. Bottas vorne an der Spitze war mit den Medium-Startreifen nicht glücklich und hielt die Dreiergruppe zusammen. Trotzdem konnte Verstappen den zweiten Mercedes nicht überholen. "Uns fehlte ein bisschen der Topspeed heute, die Mercedes schienen sich mit dem Überholen definitiv einfacher zu tun als wir", folgert Red Bulls Teamchef Christian Horner.

Das machte sich Hamilton zunutze, als Verstappen schlecht aus der letzten Kurve herauskam. Mit DRS zog er vorbei. Die nächsten Runden verbrachte er damit, sich Bottas zurechtzulegen. In Runde 20 ging er vorbei und in Führung. Die baute er bis zum einzigen Boxenstopp kontinuierlich auf vier Sekunden auf, während Verstappen wieder hinter dem auf den Geraden zu schnellen Bottas feststeckte.

Red Bulls einziger Vorteil kommt beim Boxenstopp

Erst beim Boxenstopp kam Verstappen an Bottas vorbei. Indem er sich des einzigen Vorteils zunutze machte, der Red Bull in Portugal geblieben schien: Eine bessere Reifen-Anwärmphase. Gepaart mit einer (erneut) besseren Standzeit kassierte er den auf seiner Outlap mit Hard-Reifen viel zu sehr rutschenden Bottas und übernahm Platz zwei. Auch verglichen mit Hamilton war Verstappens Outlap hervorragend.

Weiter nach vorne ging es aber nicht. Kaum waren die Mercedes-Reifen im Fenster, waren Hamilton und Bottas im Vorteil. Hamilton hatte für alles, was Verstappen aufbieten konnte, eine Antwort, und die Lücke schrumpfte nie signifikant. Bottas schickte sich an, seinen zweiten Platz zurückzuholen, bis ihn ein Sensorfehler innerhalb von zwei Runden fast vier Sekunden kostete und ihn aus dem Zweikampf riss. Auf den Hard-Reifen war Mercedes definitiv schneller, sagt auch Red Bull.

So wirkte Red Bull in Portugal am Ende wie das zweitschnellste Team. Nachdem sie auch schon im Qualifying zu kämpfen hatten. Zwar wäre Max Verstappen ohne Track-Limit-Verstoß auf der Pole gestanden - aber das war dem launischen Wind geschuldet. Die theoretisch beste Runde gehörte Mercedes, Verstappens theoretische Bestzeit war langsamer Hamilton und Bottas. Deren erste Startreihe war durchaus gerechtfertigt.

S1S2S3Zeit
Hamilton22,51729,79825,5571:17,872
Bottas22,51929,75825,7061:17,983
Verstappen22,59529,89425,6461:18,135

Hat Portimao Mercedes & Hamilton geholfen?

Und das, obwohl Red Bull in Portugal ein erstes größeres Aero-Paket brachte. Das nicht ganz einschlug. Nur Perez fuhr das ganze Paket, Verstappen sparte sich den Flügel. Am Ende des Wochenendes geht Mercedes also als Sieger vom Platz. Doch die vermeintliche Klarheit des Sieges wird von beiden Seiten angezweifelt.

Der Grund ist die Strecke in Portimao. "Das war ein ziemlich abnormales Wochenende hier mit dem Wind und der Oberfläche", meint Horner. Der andauernd blasende und drehende Wind machte die Autos, und damit die Ergebnisse, unberechenbar. Und der extrem glatte Asphalt half Mercedes. Denn dort hat man Sorgen um die Hinterreifen: In Bahrain liefen sie heiß. Das kalte Imola-Wochenende und der glatte Portimao-Asphalt maskierten dieses Problem.

Hamilton macht in Portugal den Unterschied für Mercedes

"Es ist eigentlich Haarspalterei", weist Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin den Vorschlag zurück, dass sein Team das schnellste Auto haben könnte. "Heute denke ich war es Lewis, der das Rennen gewonnen hat. Er war auf P3, hat zweimal überholt und das Rennen kontrolliert. Die Autos sind sehr schwer zu unterscheiden. Lewis war heute der beste Fahrer." Unter herausfordernden Bedingungen mit wenig Grip und viel Wind lieferte der beste Fahrer im Feld wie so oft die beste Leistung ab.

Sieht man sich die Zeiten im Detail an, so ist die Differenz wirklich vernachlässigbar. Weder Bottas noch Hamilton konnten locker von Verstappen wegfahren, als sie die Chance dazu hatten. Auch der zweite Red Bull von Sergio Perez war schnell, als er endlich einmal freie Fahrt hatte. Sein Rennen zerstörte er sich, indem er am Start hinter Lando Norris zurückfiel und lange brauchte, um den McLaren wieder zu überholen.

Ein klarer Mercedes-Vorteil sieht anders aus. Bei Red Bull verbucht man Portugal daher bis zu einem gewissen Grad sogar als Erfolg. Im Vorjahr war man hier ewig weit weg, und man vermutet, dass die Strecke schlichtweg dem eigenen Paket nicht liegt. Dahingehend ist es ein Erfolg, die Mercedes-Pace zumindest mitgehen zu können.

Von einem gedrehten Kräfteverhältnis muss nach Portugal also noch lange keine Rede sein. Mercedes blickt mit Sorge nach Barcelona: Die Temperaturen sollen wärmer werden, der Asphalt ist deutlich aggressiver. "Barcelona ist eher wie Bahrain, die Reifen überhitzen immer", gibt Shovlin zu bedenken. Das Pendel könnte so schnell zurück zu Red Bull schwingen.