Für Ferrari soll in der Formel-1-Saison 2021 eine neue Zukunft beginnen. Im Vorjahr entledigte sich die Scuderia des viermaligen Weltmeisters Sebastian Vettel und ersetzte den Deutschen für 2021 durch Carlos Sainz. Der Spanier soll besser mit Superstar Charles Leclerc harmonieren als Vettel. Ferrari erhofft sich durch das mit Sainz statt Vettel aufgelöste Spannungsverhältnis zwischen Altmeister und Nachwuchsstar, ein Dreamteam auf Fahrerseite.

Das bedeutet jedoch mitnichten, dass Sainz als klare Nummer zwei von McLaren nach Maranello wechselt. Der Spanier soll mittelfristig gleichberechtigt mit Leclerc um Siege und WM-Titel fahren dürfen und in erster Linie - gerade bei der Scuderia immer bedeutend - in der Pflicht des Teams stehen. Mittelfristig, weil kurzfristig derartige Erfolge kaum möglich erscheinen. Und das nicht nur, weil Ferrari sich nach dem Absturz im Vorjahr 2021 wohl kaum auf einem Schlag vollständig zu erholen vermag.

Formel 1 reduziert Testfahrten und Training

Noch dazu wird Sainz eine gewisse Eingewöhnungsphase benötigen. Ein Teamwechsel war vielleicht nie so knifflig wie in dieser Formel-1-Saison. Nur drei Tage Wintertestfahrten stehen jedem Team in diesem Jahr zur Verfügung, das entspricht gerade einmal eineinhalb pro Fahrer. Noch dazu gibt es weniger Trainingszeit. Die F1 reduziert ab 2021 von zweimal 90 Minuten auf zweimal 60 an Freitagen.

Auch deshalb wollte Ferrari den Spanier beim Young Driver Test in Abu Dhabi 2020 unbedingt ins Auto setzen. Anders als Renault mit Fernando Alonso gewährte die FIA jedoch keine Ausnahmegenehmigung. Immerhin war Alonso zumindest zwei Jahre ganz raus aus der Formel 1 gewesen, Landsmann Sainz hingegen hatte 2020 bei McLaren bestritten. Zum Ersatz gewährte Ferrari Sainz Ende Januar zumindest Testzeit in einem 2018er Modell. Das war zwar drei Jahre alt, aber besser als nichts.

Mattia Binotto: Carlos Sainz muss nicht direkt bei 100 Prozent sein

Ideal ist das für eine perfekte Vorbereitung dennoch nicht. Deshalb räumt Ferrari seinem Neuzugang zum Start der Formel-1-Saison 2021 noch eine gewisse Schonfrist ein. „Er wird etwas mehr Zeit brauchen. Wir erwarten nicht vom ihm, dass er zu Saisonstart gleich hundertprozentig integriert ist“, sagt Teamchef Mattia Binotto.

Sainz selbst gelobt, zumindest so nah wie möglich an sein Maximum heranzukommen. „Natürlich beabsichtige ich, beim ersten Rennen zu 100 Prozent bereit zu sein. Aber realistisch gesehen wird das sehr schwer zu erreichen sein. Das sagt mir meine Erfahrung mit Teamwechseln über all diese Jahre hinweg“, sagt der 118-malige GP-Starter.

Carlos Sainz baut auf Erfahrung mit Teamwechseln

Diese Erfahrung mit Teamwechseln ist es jedoch auch, woraus Sainz Hoffnung schöpft. Der Spanier kennt sich damit aus, sich neu einfinden zu müssen, weiß inzwischen genau, wie das möglichst effizient geschieht. Insgesamt dreimal wechselte Sainz bereits das Team. 2017 ging es - sogar während der Saison - von Toro Rosso zu Renault, 2019 zu McLaren und nun zu Ferrari.

Formel 1, Ferrari: Kann Sainz gegen Leclerc bestehen? (11:27 Min.)

„[Nur] eineinhalb Testtage pro Fahrer helfen natürlich nicht, gleichzeitig werde ich aber versuchen, auf meine Erfahrung zu bauen, bereits mehrfach die Teams gewechselt zu haben. So will ich versuchen, auf meinem maximalen Level zum ersten Rennen zu kommen“, sagt der 26-Jährige.

Ferrari: Sainz nicht beim 100 Prozent, aber bereit

Gewisse Dinge lerne man jedoch immer nur mit der Zeit und durch tägliche Routine. Sainz: „Es gibt immer Erfahrungen und Gefühle, die du erst einmal Rennen für Rennen - oder Rennwochenende für Rennwochenende- erleben musst. In Freien Trainings, im Qualifying und in den Rennen. Erst da, nicht bei den Testfahrten, lernst du letztlich erst manche Dinge.“

Dem pflichtet Binotto bei. „Jeder einzelne Tag wird wichtig sein“, sagt der Ferrari-Teamchef. „Ich glaube, dass er zum Saisonstart bereit sein wird. Wenn nicht bei 100 Prozent, dann sehr nah dran. Denn unter dem Strich ist er kein Rookie. Er ist ein professioneller Fahrer, er hat schon einige F1-Saisons auf dem Buckel. Deshalb bin ich ziemlich sicher, dass er sehr gut mit der Situation umgeht und bereit sein wird.“

Charles Leclerc erwartet Teamwork für Ferrari

Ist die Eingewöhnungszeit einmal abgeschlossen, geht es dann darum, auch bereit für die Verantwortung zu sein, für Ferrari zu fahren. Das inkludiert, immer das Team an erster Stelle zu sehen, nicht sich selbst. Etwas, das Formel-1-Fahrern bekanntlich besonders schwerfällt. Zumindest zwischen Leclerc und Vettel funktionierte das nicht immer. Wird es zwischen Sainz und Leclerc - wie von Ferrari angestrebt - wirklich besser?

Der Monegasse geht davon aus. „Das Wichtigste ist, dass wir es hinbekommen zwischen dem, was auf und dem, was neben der Strecke geschieht, zu trennen“, sagt Leclerc. „Jedes Mal, wenn wir nicht im Auto sind, müssen wir zusammenarbeiten und versuchen, das Team gemeinsam nach vorne zu bringen.“