Musik-Shows, Armee-Chöre und Wassertanks auf dem Markusplatz wurden hier im Rahmen von 'On this day' bereits abgehandelt - doch einer der Klassiker unter den Formel-1-Präsentationen fehlt noch. Nämlich der Tag, an dem Honda sich unter die Umweltschützer begab, von der Erde und vom WM-Titel träumte.

Formel 1 heute vor 17 Jahren: Honda träumt vom Umweltschutz

Nach 2006 war die Stimmung im Honda-Werksteam schließlich gut. Man hatte BAR vollständig übernommen, und Jenson Button hatte mit dem RA106 in Ungarn seinen ersten Sieg gefeiert und gemeinsam mit Rubens Barichello den vierten Rang in der Konstrukteurs-WM nach Hause gebracht. Natürlich musste für 2007 mehr her.

Zuerst aber musste etwas weg - nämlich Haupt- und Titelsponsor British American Tobacco. Die zunehmenden Einschränkungen der Zigaretten-Werbung vertrieben die Tabak-Riesen der Reihe nach aus dem Sport, hatte man 2006 schließlich nur bei sechs Rennen das Logo auf dem Auto zeigen können. Plötzlich stand Honda für 2007 also ohne Hauptsponsor da.

Was also mit dem Design machen, das bisher von BAT-Marke Lucky Strike gestellt wurde? Zurück an den Zeichentisch. Marketing-Agenturen wurden angeheuert. Die Konzept-Idee: Umweltschutz promoten. Das Design: Alle Logos runter, stattdessen wird der RA107 zum Ebenbild des Erdballs.

Hondas Erdenträume: Präsentation geht aufs Ganze

Das alles blieb geheim, zuerst fuhr das Auto ohne Lackierung. Eine große Kampagne wurde für den Launch aufgezogen. Mehr als 100.000 Pfund wurden in die Präsentation am 26. Februar investiert. Man mietete sich in der Earth Gallery im Naturhistorischen Museum in London ein, internationale Nicht-F1-Medien wurden eingeladen. Schließlich gab es noch myearthdream.com, gegen ein kleines Entgelt konnte jeder sich für seinen Namen einen Platz auf dem Auto erkaufen. Nach PR-Standards war die große Enthüllung irgendwo auch ein Erfolg. Berichtet wurde von der großen Show reichlich.

Der visuell dramatische Honda-Launch von 2007, Foto: Honda
Der visuell dramatische Honda-Launch von 2007, Foto: Honda

Die Kritik, mit einem F1-Programm Umweltschutz zu bewerben, hatte man erwartet. Teamchef Nick Fry ließ sie abprallen: "Die Klimaveränderung ist vermutlich das größte Problem, das wir auf unserem Planeten haben und auch die Formel 1 ist an diesem Problem nicht unbeteiligt. Wir glauben aber, dass die Formel 1 mit ihrem hohen weltweiten Bekanntheitsgrad und ihrer hoch entwickelten Technik eine wichtige Rolle spielen kann, nicht nur dabei, auf das Problem aufmerksam zu machen, sondern auch bei der Entwicklung von Lösungen."

Später in der Saison: Die Spender auf der Lackierung, Foto: Sutton
Später in der Saison: Die Spender auf der Lackierung, Foto: Sutton

Der sehr, sehr überzeugte Fry weiter: "Wir glauben, dass Lösungen direkt von den Ingenieuren kommen können, die an unserem Formel-1-Programm arbeiten und sie arbeiten härter denn je an der Verwirklichung unseres Traumes, die WM zu gewinnen, während wir gleichzeitig Hondas Umweltengagement praktizieren und unterstreichen." Sein Nummer-eins-Fahrer Jenson Button: "Wir glauben, dass wir ein gutes Auto haben. Vielleicht nicht so gut wie die beiden Top-Teams McLaren und Ferrari."

Hondas Earth Dream scheitert spektakulär

Eine sehr optimistische Prognose. Denn der ultimative Witz am Projekt: Das Auto war hundsmiserabel. Erst beim achten Saisonlauf in Frankreich quälte sich Button in die Punkte. Mit blamablen sechs WM-Punkten beendete man die Saison auf WM-Rang acht. Kundenteam Super Aguri fuhr teils auf dem gleichen Level. Fry gab später zu: Das Aero-Design des RA107 war unter ferner Liefen. Man hatte die Probleme schon bei den Tests erkannt, aber zuerst noch fälschlicherweise geglaubt, das lösen zu können. Man konnte nicht.

Honda vor Ferrari? Ein Trugschluss, Foto: Sutton
Honda vor Ferrari? Ein Trugschluss, Foto: Sutton

Und die Träume vom Umweltschutz? Zumindest floss Geld an gemeinnützige Unternehmungen. Für 2008 wurde die Lackierung konventioneller, und mit Ross Brawn kam ein neuer Teamchef. Aus dem Performance-Loch kam man nicht heraus, fokussierte sich aber ohnehin voll und ganz auf die Regeländerungen für 2009.

2008 waren die Earth Dreams weniger spektakulär, Foto: Sutton
2008 waren die Earth Dreams weniger spektakulär, Foto: Sutton

Das machte sich für Honda nicht bezahlt, sie stiegen in der Wirtschaftskrise aus. Brawn geleitete das Team mit Mercedes-Motoren, und ohne Earth Dreams, zum WM-Titel. Honda kehrte zurück, als die Formel 1 mit Hybrid-Motoren tatsächlich einen grüneren Anstrich bekam. Nur um 2022 wieder den Stecker zu ziehen. Begründung: Mehr Fokus auf Umwelttechnologien. Mit der Formel 1 nicht vereinbar. Doch 2023 die erneute Kehrtwende: Honda kehrt ab 2026 als Werkspartner von Aston Martin zurück.

Was sonst noch geschah:

Vor 15 Jahren: Die FIA und die F1-Fahrer beenden ihren Streit um die Superlizenz-Gebühren. Die Erhöhung der Lizenzkosten von 1.690 auf 10.000 Euro, sowie die Erhöhung der Kosten pro Punkt von 447 auf 2.000 Euro hatten die Fahrer-Gewerkschaft auf den Plan gerufen. Drohungen, bis zum Streik, standen im Raum. Am Ende fügten sich die Fahrer.
Vor 69 Jahren: Rupert Keegan wird geboren. Der Brite gewann 1976 die britische Formel 3 und startete in Folge 25 F1-GPs für Hesketh, Surtees, Williams und March. Bei 12 weiteren konnte er sich nicht qualifizieren. Punkte holte er nie.
Vor 107 Jahren: Robert La Caze wird geboren. Zwar wurde er in Paris geboren, startete aber unter marokkanischer Flagge. Damit ist er der einzige F1-Pilot des Landes. Bei seinem einzigen Auftritt, 1958 beim Heim-GP in Marokko, holte er P14.
Vor 116 Jahren: Jean-Pierre Wimille wird geboren. Der Franzose begann 1930 nach seinem Militärdienst mit dem Motorsport und stieg zum Bugatti-Werksfahrer auf. Gegen die deutsche Dominanz kam er in den 30ern im GP-Sport nicht an, gewann aber zwei Mal in Le Mans. Aus Spaß wurde im Weltkrieg Ernst. Wimille gehörte, wie Fahrerkollege Robert Benoist, zur französischen Resistance. Benoist kam im Konzentrationslager um, Wimille überlebte. 1947 und 1948 gewann er je zwei GPs. Doch bevor die Formel 1 startete, verunfallte er 1949 in Buenos Aires tödlich.