Was für ein Punktesystem braucht die Formel 1? Die 25 Punkte für einen Sieg werden heute 13 Jahre alt, und seit ihrer Einführung 2011 ist die Mehrheit eigentlich glücklich damit. Der Weg zu diesem System war aber schwierig - denn die Absicht, die WM mit Siegen, anstatt mit Konstanz zu verknüpfen, trieb zwischen 2008 und 2010 bisweilen seltsame Blüten.
Die Formel 1 kämpft gegen fehlenden Siegeswert
Vorangegangen war zuerst einmal eine Änderung im Jahr 2003. Nachdem die Formel 1 jahrzehntelang für die Top-6 Punkte vergeben hatte, wurden nun auch die Plätze sieben und acht belohnt. Für den Sieg gab es weiterhin - wie seit 1991 - 10 Punkte. Der Hintergedanke der FIA: Die WM enger machen. In der Ära der Schumacher -und- Ferrari -Dominanz überrascht das nicht.
Ein Sieg brachte nun aber nur zwei Punkte mehr als ein zweiter Platz. Das war der Stein des Anstoßes: Ein Fahrer müsse nicht mehr Rennen gewinnen, sondern lediglich konstant bleiben. Ein WM-Titel ohne Siege sei wahrscheinlicher denn je. Diese Meinung war 2008 allgemein akzeptiert, und man kam zur Übereinstimmung, dass eine Änderung nötig sei.
Ecclestone will Medaillen und stößt auf Gegenwehr
Auftritt Bernie Ecclestone, damals noch der große Boss. Der F1-Zampano kam Ende 2008 in der für ihn typischen Art gleich mit der extremsten aller Lösungen für das Problem an. Warum Punkte vergeben? Warum nicht Medaillen für die Podiumsplatzierungen? "Der Grund, warum ich das will, ist, dass ich genug davon hatte, dass die ganzen Leute vom fehlenden Überholen sprechen", so Ecclestone damals im 'Guardian'.
"Fehlendes Überholen hat nichts mit den Strecken oder den Leuten zu tun, die Fahrer müssen nicht überholen", war sich Ecclestone sicher. "Wenn du führst, und ich bin Zweiter, werde ich nichts riskieren oder eine Dummheit machen, um zwei Punkte mehr zu holen. Wenn ich aber eine Goldmedaille gewinnen muss, weil es den Titel für die meisten Medaillen gibt, dann werde ich dich überholen."
FIA & Formel-1-Teams fangen Streit um Punktesystem an
So weit, so gut. Ecclestone war fest von der Idee überzeugt. Eine Marktforschungs-Studie wurde in Auftrag gegeben. Bei Teams und Fahrern hielt sich die Begeisterung allerdings in Grenzen. Umso größer die Überraschung, als die FIA am 17. März in einem Statement bekanntgab: 2009 wird der Titel an den Fahrer mit den meisten Siegen gehen. Die Platzierungen dahinter werden nach Punkten entschieden. Eine von den Teams vorgelegte, auf einer Publikums-Befragung basierende Alternative - die Punkte für das Podium auf 12-9-7 zu erhöhen - wurde abgewiesen.
Die Überraschung war nicht nur außerhalb des Fahrerlagers groß. Es hagelte Kritik, öffentlich von Fahrern und Teams. Und die Teams fühlten sich hintergangen. Die FIA habe gegen ihre eigenen Regeln verstoßen, schossen sie zurück. So kurz vor Saisonstart gehe ohne einstimmige Zustimmung der Teams nichts.
Das Polit-Drama dauerte nur vier Tag, dann gab die FIA nach, 2009 wurde nach dem alten System gefahren. Für 2010 hieß es zurück zum Zeichenbrett. Ecclestone stellte sich hinter seinen Medaillen, aber das Interesse daran wurde nicht größer.
Formel 1 führt neues Punktesystem 2010 ein
Letztlich blieb es bei Punkten. Der Sieger bekam nun 25, und mit 18 für den Zweitplatzierten wuchs die Differenz auf 7 Punkte. Zuerst waren noch 20 für P2 kolportiert worden, bevor man sich handelseinig wurde. Zusätzlich bekamen nun auch die Plätze 9 und 10 Punkte, im Gedanken an die Vergrößerung des Starterfeldes für 2010 (wobei diese Teams aus anderen Gründen nie realistisch in die Nähe der Top-10 kamen).
Am 2. Februar 2010 wurde die Änderung öffentlich bestätigt, und diesmal waren alle an Bord. Das blieben sie auch danach - bis auf Ecclestone, der sich von seiner Medaillen-Idee nur schwer trennen mochte und sie bis zu seinem Abschied immer wieder ohne breite Zustimmung vorbrachte. Das neue System - 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1 - blieb seither fast unverändert, bis auf das Comeback des Bonuspunkts für die schnellste Runde. Seit 2022 erhalten die Rennsieger immerhin eine Medaille, die ihnen zwar keinen WM-Titel, aber eine schöne Erinnerung bescheren soll.
Was sonst noch geschah:
Vor 14 Jahren: Gemeinsam mit dem Punktesystem werden Qualifying-Regeln geändert. Da 2010 Nachtanken wegfällt, mussten die Teams nun auf ihrem Q3-Reifen das Rennen starten. Die Idee, so strategische Spannung zu schaffen, stieß schnell an ihre Grenzen, weil sie stattdessen Reifenschonen ins Qualifying brachte. Später wurde daher der Q2-Reifen zum Startreifen, und Q3 so zum gewünschten Shootout.
Vor 76 Jahren: Roger Williamson wird geboren. Der Brite profilierte sich in Großbritannien mit Tourenwagen-Siegen, dann mit den F3-Titeln von 1971 und 1972. Nach beeindruckenden F1-Tests und F2-Erfolgen unterschrieb er für 1974 bei Tyrrell als Nachfolger von Jackie Stewart, bekam aber vorher 1973 eine erste Chance bei March. Die endete in Zandvoort tragisch. Er verunfallte nach Reifenschaden, der March ging in Flammen auf, schlecht ausgerüstete Streckenposten konnten nicht helfen. Nur Fahrerkollege David Purley versuchte erfolglos, ihn zu bergen. Williamson verbrannte im Wrack, live vor einer TV-Kamera.
Vor 87 Jahren: Tony Shelly wird geboren. Der Neuseeländer wagte sich nach Erfolgen in der Heimat 1962 nach Europa, versuchte sich an drei F1-Rennen (1 DNF, 2 DNQ) und an Le Mans (kein Start), verabschiedete sich 1963 wieder und beendete 1965 seine Karriere.
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