Rückblende: 1997. Doppelweltmeister Michael Schumacher versucht in seiner erst zweiten Ferrari-Saison den ersten roten WM-Titel seit 1979 zu gewinnen. Sein Gegner ist ein geräumige Rennanzüge tragender Kanadier, mit einem gerade in Maranello besonders wohl klingen Nachnamen: Jacques Villeneuve. Das Duell spitzt sich zu. Beim Europa GP in Jerez de la Frontera kommt es zum großen Knall. Schumacher kollidiert mit Villeneuve. Der Titel geht an Williams und Villeneuve.

Im Jahr 2005 sieht die Situation anders aus. Sowohl der mittlerweile siebenfache Weltmeister Schumacher als auch sein damaliger Titelkonkurrent Villeneuve spielen im Titelkampf keine Rolle mehr. Der einzige Unterschied dabei ist: Villeneuve kennt dieses Gefühl bereits seit 1998. Für Schumacher ist es das erste Mal seit jener Seuchensaison des Jahres 1996, dass er nicht um den Titel kämpfen kann.

Der heutige Sauber-Pilot kann sich also sehr gut in die Situation seines einstigen Rivalen der Rennbahn hineinversetzen. "Michael ist ein Kämpfer. Aber natürlich hat seine Reputation in dieser Saison gelitten", sagt Villeneuve. "Wenn du Siege und Titel hast, dann sind die Leute kritischer. Die Reaktion auf dich ist entweder sehr positiv oder sehr negativ. Das ist unfair, aber der Preis, den Sieger zahlen müssen."

Jacques Villeneuve zahlt ihn bereits seit Jahren. Erst bei Williams, dann bei British American Racing und nun nach seinem Comeback bei Sauber. Entsprechend kann der Franko-Kanadier genau nachvollziehen, was jetzt in seinem alten Konkurrenten vorgeht.

Insbesondere da dieser für ihn nichts von seiner Stärke verloren hat. "Im Gegenteil: Ich empfinde Michaels Leistung in diesem Jahr als stärker als im vergangenen Jahr", betont Villeneuve im Interview mit der Sport Bild. "Denn im Moment hat er seinen Teamkollegen Rubens Barrichello noch besser im Griff als 2004, als das Auto überragend war."

Deswegen kann sich Villeneuve auch nicht vorstellen, dass Schumacher seinen Helm an den Nagel hängen wird. "Wenn man so viel Geld wie Michael für das Rennfahren bekommt, dann ist es schwer, einfach damit aufzuhören. Eigentlich denkst du erst ans Aufhören, wenn du plötzlich Angst bekommst und nicht mehr dein Leben riskieren willst." Villeneuve rechnet deshalb damit, dass Schumacher "noch zwei, drei Jahre" weiter macht. "Vorausgesetzt, dass Ferrari ihm eine Perspektive zum Siegen bietet."