2018 beendete Daniel Ricciardo seine Red-Bull-Karriere mit einem sechsten Platz in der Fahrer-WM und schlug mit einem Wechsel zu Renault ein neues Kapitel auf. Dieses endete in Abu Dhabi nach nur zwei Jahren wieder - obwohl Ricciardo mit einem fünften WM-Rang 2020 tatsächlich ein besseres Endergebnis verbuchen konnte als in seinem letzten Red-Bull-Jahr.
"Es war ein starkes Jahr", bilanziert Ricciardo danach - aber natürlich sind die Ergebnisse relativ. Im letzten Red-Bull-Jahr gewann er zwei Rennen, während er in zwei Renault-Jahren nur zwei Podien holte. Renault will Fortschritt sehen, landet aber wie im Vorjahr auf dem fünften WM-Rang. War die zweijährige Ehe mit Ricciardo nun ein Erfolg, oder ein Irrweg?
Ricciardo blickt positiv auf die Renault-Jahre
"In meinen Augen hat sich in diesem Jahr viel von dem, was ich aus diesem Kapitel mit Renault holen wollte, verfestigt", gibt Ricciardo der Trennung einen positiven Twist mit. "Letztes Jahr war sicher ein Jahr des Verstehens zwischen mir und dem Team. Dieses Jahr haben wir auf jeden Fall die Kurve gekriegt."
"Viele von uns im Team können offen sagen, dass es uns besser als erwartet ergangen ist", meint Ricciardo. Drei Podien holte Renault in diesem Jahr, zwei davon gingen auf Ricciardos Konto - nachdem das Team zuletzt vier Jahre lang hinterhergefahren war.
Ricciardo selbst bewies dabei seinen Wert als Fahrer. Renaults Einsatzleiter Alan Permane bewertete ihn als einen der "großen Vier": Neben Hamilton, Verstappen und Leclerc sei er einer, der an jedem Tag alles und ein bisschen mehr aus dem Auto herausholen könnte.
Das zeigte Ricciardo immer wieder: Teamkollege Esteban Ocon qualifizierte er 15:2 aus, und auch im Rennen untermauerte er regelmäßig seine Klasse. 119 Punkte sammelte er über die Saison, das reichte für Platz fünf in der Fahrer-WM, und auf den viertplatzierten Sergio Perez fehlten ihm nur sechs Punkte. Im Vorjahr hatte Renault noch als Team geschlossen nur 91 Punkte geholt.
Ricciardo verlässt Renault im Aufschwung
Zwei schnellste Runden, eine davon beim Finale in Abu Dhabi, rundeten das 2020-Paket von Ricciardo ab: "Ich weiß, ich bekomme nur einen Punkt für die schnellste Runde, es ändert nichts an der WM, aber einfach zum Abschluss dieser zwei Jahre bei Renault - der Schnellste sein bis zum Schluss, das war ein bisschen sentimental."
Podien und schnellste Runden, davon brauchte Renault schließlich 2019 noch nicht einmal zu träumen. "Ich werde nicht hier sitzen und das alles mir zuschreiben, aber das Team ist jetzt ein anderes", bilanziert Ricciardo. "Wir haben ein Team, bei dem das Selbstvertrauen wächst. Sie haben offensichtlich in den letzten zwölf Monaten ein besseres Auto gebaut."
"Das siehst du auf dem Papier, aber die Atmosphäre im Team ist auf jeden Fall anders", sagt Ricciardo. "Wie viel davon kam durch mich? Keine Ahnung, aber ich habe auf jeden Fall versucht, etwas zum Besseren zu wenden."
War Ricciardo Renaults Investment wert?
Das Team bedankt sich bei Ricciardo für die zwei Jahre. Aber war er die kolportierten 20 Millionen wert, die man ihm 2018 zahlte, um Red Bull zu verlassen? Letzten Endes sprang schließlich sowohl 2019 als auch 2020 ein fünfter Platz in der Konstrukteurs-WM heraus. Immer wieder erweckt Renault den Eindruck der Stagnation.
Besonders 2019 war das der Fall, nur wenige Höhepunkte hatte Ricciardo da liefern können. Nicht seine Schuld, sondern die eines enttäuschenden Autos. "Ein Fahrer mit Daniels Fähigkeiten brachte klare und nötige Veränderungen zum Team, und sein Einfluss ging über das Fahren hinaus", meint Teamchef Cyril Abiteboul.
Er hatte 2019 aus der Stagnation Lehren gezogen und im Chassis- und Aero-Bereich die Führung ausgetauscht. "In dieser neuen Phase, in der wir von Renault zu Alpine werden, wird Daniels Hinterlassenschaft ein integraler Teil unserer Basis bleiben", glaubt Abiteboul. "Wir freuen uns darauf, auf der Strecke gegen ihn zu kämpfen - mit einem Team, das dank seines Einflusses in einer viel besseren Position ist."
Ricciardos Renault-Abschied wird doch emotional
Abiteboul sieht in den Podien und in der gesamten Saison den Beweis, dass Renault die Kurve bekommen hat. Die Enttäuschung in Ricciardos erstem Jahr war dafür sicherlich ausschlaggebend - es gibt kaum einen besseren Weckruf, als einem 20-Millionen-Fahrer ein mittelmäßiges Auto zu übergeben.
Trotzdem konnte man Ricciardo nicht halten, er wählte noch vor der Saison den Wechsel zu McLaren und scheint es seither nicht bereut zu haben. Immerhin beendete McLaren die Saison mit 21 Punkten mehr als Renault, und mit einem noch deutlicheren Aufwärtstrend.
Der Abschied dürfte Ricciardo nicht allzu sehr schmerzen. Emotional ist er doch: "Ein Team zu verlassen, die Beziehungen hinter dir zu lassen, das ist nie leicht. Diese Entscheidungen sind nie leicht. Weiterziehen ist nie leicht. Ich bin ein emotionaler Mensch, mir sind die Gefühle anderer Menschen wichtig, also ist das Weiterziehen manchmal schwierig für mich."
Auf die neue Welt McLaren freut er sich aber genauso. Und dem Renault-Kapitel fehlt ja noch ein Epilog: Im Januar wollen sich Ricciardo und Abiteboul noch einmal treffen. Damit Abiteboul das Tattoo bekommt, welches er sich beim ersten Podium machen lassen wollte. Ricciardo trägt die Kosten.
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