Nach 118 Rennen, 14 Siegen, 12 Pole Positions, 14 schnellsten Runden und 1400 WM-Punkten ist Sebastian Vettels Karriere bei der Scuderia Ferrari am Sonntag in Abu Dhabi nach sechs Jahren zu Ende gegangen. Der viermalige Weltmeister erlebte einen emotionalen Abschied, dafür sorgte er mit einer einmütigen Sing-Einlage am Boxenfunk auf der Ehrenrunde auch selbst. Das Ergebnis, P14, leistete hingegen keinen Beitrag, dafür zahlreiche Aktionen Ferraris.

„An dieses Rennen werde ich mich sicherlich nicht erinnern, aber an die ganzen Gesten der Jungs, meiner Mechaniker und Ingenieure“, sagt Vettel. Das ging bereits vor dem Rennen los. Ferrari hatte ein fünfminütiges Abschiedsvideo vorbereitet, noch dazu standen Vettels Mechaniker bei seiner letzten Ausfahrt aus der Garage Spalier.

Ferrari ehrt Vettel: Pokal, Masken & Abschiedsreden

Nach dem Rennen knüpfte Ferrari nahtlos daran an. Bei einem letzten Teamfoto überreichte Ferrari Vettel einen riesigen Pokal, graviert mit allen 14 Siegen, noch dazu tauschten sämtliche Teammitglieder die üblichen roten Masken gegen eine weiße Version aus, angelehnt an Vettels Helmdesign. Die Botschaft: Grazie, Seb! Danke, Seb!

Formel 1-Abschiede 2020: Ferrari verneigt sich vor Vettel (14:48 Min.)

Diese Masken trugen Sportdirektor Laurent Mekies und Vettels Teamkollege Charles Leclerc auch einige Momente später noch, in der Printmedienrunde des Teams. Bei diesem Anlass richteten beide zudem ganz besondere Worte an Vettel. Mekies, in Abu Dhabi Stellvertreter des krankheitsbedingt abgereisten Teamchefs Mattia Binotto, nahm es sich nicht nehmen, vor den Fragen der Journalisten eine Ansprache zu halten. Allein für Vettel.

Ferrari-Sportdirektor adelt Vettel: Konstruktiv auch in schlechten Zeiten

„Es ist kein normaler Sonntag, es ist ein ganz besonderer Sonntag, denn es ist Sebs letztes Rennen und zuallererst wollte ich ein großes Dankeschön an Seb richten“, sagte Mekies. „Für sechs Jahre bei uns, er hat die drittmeisten Siege in der Ferrari-Geschichte. Er ist ein herausragender Profi und hat das Team in den guten wie schlechten Momenten zusammengehalten.“

Mekies weiter: „Wir hören jetzt im schlechtmöglichsten Szenario auf - mit der Saison, die wir hatten. Aber selbst unter diesen Umständen war es ein Jahr, in dem er uns zusammengehalten hat. Er war trotz all der Schwierigkeiten und Probleme immer konstruktiv.“ Gerade die schlechteren Zeiten seien es gewesen, die Vettels wahre Größe offenbarten.

Charles Leclerc: Muss ich jetzt auch eine Rede halten?

„Wenn es schwierig war, war es immer unglaublich, mit Seb zu sprechen. Du hast immer eine ehrliche Meinung bekommen. Du warst vielleicht nicht immer derselben Meinung, aber du wusstest, wie er die Dinge sieht und konntest seinen Standpunkt verstehen. Das war unbezahlbar. Wenn es gut läuft, ist es das leicht. Aber aus menschlicher Sicht ist es viel schwieriger, wenn es schlecht läuft. Das war herausragend“, adelte Mekies den Deutschen.

Ferrari verabschiedete sich in Abu Dhabi gebührend von Vettel, Foto: Ferrari
Ferrari verabschiedete sich in Abu Dhabi gebührend von Vettel, Foto: Ferrari

Leclerc, gemeinsam mit Mekies und Vettel bei dieser Ferrari-Runde zugegen, fühlte sich daraufhin fast schon genötigt, jetzt auch große Worte zu finden. „Muss ich jetzt auch eine Rede halten?“, scherzte der Monegasse. Dann tat er es tatsächlich. Und fand auch große Worte.

Leclerc dankt Lehrmeister Vettel

„Seb weiß genau, was ich über unsere Beziehung denke. Natürlich hatten wir unsere Momente, wir hatten sehr gute Momente auf der Strecke, aber auch andere die weniger gut waren. Jetzt bleiben sie vielleicht als Erinnerungen, als lustige Erinnerungen, wenn wir nochmal zurückblicken“, sagte Leclerc.

Vettel & Leclerc: Ärger auf der Strecke hat ihre Beziehung nicht ruiniert, Foto: Ferrari
Vettel & Leclerc: Ärger auf der Strecke hat ihre Beziehung nicht ruiniert, Foto: Ferrari

Dann richtete der Youngster das Wort direkt an seinen Teamkollegen. Leclerc an Vettel: „Danke, dass du warst, wer du warst und dafür, wie du mich im Team begrüßt hast. Als ich angekommen bin, war es nicht leicht. Es ist ein riesiges Team, ich hatte dich als Teamkollegen. Du kannst dir sicher vorstellen, wie einschüchternd es war, neben einem viermaligen Weltmeister zu sein, wenn man bei Ferrari ankommt. Du hast mich aber bestmöglich empfangen und ich habe es sehr genossen, diese zwei Jahre dein Teamkollege gewesen zu sein. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!“

Ferrari-Abschied: Leclerc und Vettel tauschen Helme

Als besonders positiv in Erinnerung werde ihm immer Vettels Charakter bleiben. „Er ist einer der wenigen Fahrer im Paddock, die unterscheiden können, was auf der Strecke passiert und was neben der Strecke passiert“, sagte Leclerc. „Ich bin auch so einer. Deshalb ist unsere Beziehung immer so gut gewesen, auch wenn es auf der Strecke manchmal schwierig war. Dank ihm bin ich als Person so sehr gewachsen. Ihn an meiner Seite zu haben, war auch ein gutes Vorbild für mich.“

Via Twitter und Instagram ergänzte Leclerc später, es sei ihm eine Ehre gewesen, an Vettels Seite zu fahren. „Danke, dass du mich angetrieben hast, besser zu performen und mich zu verbessern“, schrieb Leclerc. „Es war mir eine Ehre, dein Teamkollege gewesen zu sein und ich wünsche die aufrichtig nur das Beste. Spitzenfahrer und Spitzenkerl.“ Dazu postete Leclerc Bilder eines Helmtauschs. Vettel erhielt Leclercs an Vettels Design angelehnten Helm mit der Botschaft „Danke Seb“, Leclerc nicht Vettels speziellen Abu-Dhabi-Helm, sondern den regulären weißen - allerdings versehen mit einer handschriftlichen Botschaft darauf.

Vettel-Botschaft an Leclerc: Verschwende dein Talent nicht

Und die hatte es in sich: "An Charles, du bist der talentierste Fahrer, der mir in 15 Jahren in der Formel 1 begegnet ist. Verschwende es nicht. Aber stell' bei allem, was du tust, sicher, dass du zufrieden bist und lächelst. Danke für alles!"

Vettel gibt Lob zurück: Leclerc gehört die Zukunft

Ähnliches Lob hatte Vettel schon zuvor TV-Interview verteilt. „Ich werde ihn vermissen. Auch, wenn er mir hier und da Kopfschmerzen bereitet hat und wir uns in verschiedenen Lebens- und Karrierephasen befinden“, sagte Vettel. „Aber er ist ein guter Junge und hat noch viel vor sich. Ihm gehört die Zukunft. Hoffentlich bekommt er das Auto, das er verdient ...“