Renault legte nach dem Formel-1-Rennen in Silverstone am vergangenen Sonntag zum dritten Mal in Folge Protest gegen Racing Point ein. Die vermeintliche Mercedes-Kopie war bei ihrem Heimrennen zwar nicht erfolgreich, doch neben den Franzosen schaltete sich nun auch Ferrari in die Angelegenheit ein. Wie das britische Motorsport-Portal racefans.net berichtet, fordert die Scuderia von F1 und FIA ebenfalls eine Klarstellung. Am Mittwoch findet eine erste Anhörung statt.

Die von Ferrari an die Offiziellen gestellte Anfrage bezieht sich auf die von Racing Point so offenkundig nach Außen getragene Argumentation, den RP20 einzig auf Basis von Fotos des Weltmeister-Mercedes aus dem Jahr 2019 konstruiert zu haben. Ferrari fordert von der FIA eine Klarstellung des Sportlichen Reglements darüber, ob das Nachahmen des Designs eines anderen Konstrukteurs der Definition eines eigenständigen Designs entsprechen kann.

Während Renault schon am zweiten Rennwochenende erstmals rechtliche Schritte einleitete, widersprachen Teile von Formel 1 und FIA Racing Points Interpretation des Regelwerks nicht. "Es gibt in diesem Paddock kein einziges Team, das nicht etwas von einem anderen kopiert hätte“, sagte Ross Brawn, seines Zeichens Sportchef des kommerziellen Rechteinhabers Liberty Media.

FIA-Technikchef Nikolas Tombazis hält die Erklärung von Racing Point ebenfalls für glaubhaft: "Wir wurden von dem überzeugt, was Racing Point uns als sein Verfahren erklärt hat, Fotos zu machen und anhand dieser zu konstruieren. Das war sehr plausibel. Sie haben uns alles gezeigt und wir sind einverstanden mit dem Ablauf, den sie befolgt haben."

Nicht nur Ferrari und Renault wollen Klarheit

Der Konkurrenz genügt das mittlerweile offenbar nicht mehr. "Wir unterstützen die Aufklärung dieser Kopie des Mercedes durch Racing Point", so McLaren CEO Zak Brown. "Wir denken, dass es gegen den Geist der Regeln ist." Dem ehemaligen Force-India-Team die Nutzung fremder Daten nachzuweisen sei dabei nicht der springende Punkt.

"Wir haben keine Details und sind nicht in einer Position, beurteilen zu können, was daran legal war und was nicht. Wir haben keinen Zugang zu Insider-Informationen. Aber es scheint gegen das zu sein, wofür die Formel 1 steht. Deshalb sind wir sehr am Ausgang des Protests von Renault interessiert. Wie Ferrari möchten wir eine Klarstellung, ob die FIA es als legal einstuft", so der US-Amerikaner.

Großes Interesse an einer lückenlosen Definition im Reglement hat auch Red Bull. Die Österreicher statteten bereits 2008 ihre beiden Teams mit identischen Chassis aus. Sie würden gerne zu diesem System zurückkehren und AlphaTauri mit Red Bulls Know-how stärken. "Man soll gleich die Unterlagen vom Hauptteam nehmen dürfen und so Kosten sparen", fordert Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko. Die von Ferrari geforderte Stellungnahme könnte neben Renaults eigentlichem Protest für noch mehr Klarheit sorgen.

Renault-Protest verweist auf Detail am RP20

Renault wirft dem Racing Point seit dem Steiermark GP jedes Wochenende aufs Neue im Detail den Bruch von Artikel 2.1, 3.2, Anhang 6, Paragraph 1, 2(a) und 2(c) des Sportlichen Reglements der Formel 1 vor. Diese Passagen im Regelbuch definieren den Einsatz der gelisteten Teile eines F1-Autos, welche vom Konstrukteur beziehungsweise Team selbst entwickelt und hergestellt werden müssen.

Während Einzelteile wie Getriebe oder Aufhängungen zugekauft werden dürfen, muss das eigentliche Chassis inklusive des vollständigen Bodyworks, Monococque, Crashstrukturen und weiterer Teile vom für die Weltmeisterschaft genannten Konstrukteur stammen. Renault bezog sich bei seinem Protest auf die zur Aerodynamik zählenden Bremsbelüftungen des RP20, welche seit 2020 ebenfalls zu den gelisteten Teilen zählen.