Schon vor der Coronakrise stand Williams nicht gerade gut da. Das belegen die Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres, die der Traditionsrennstall am Freitag veröffentlichte. Neben dem Verlust im zweistelligen Millionenbereich schockt vor allem die Ankündigung, das Team verkaufen zu wollen, die Formel-1-Welt. Dazu gibt es weitere finanzielle Hiobsbotschaften.

Nach einem erfolgreichen Start in die Hybrid-Ära im Jahr 2014 rutschte Williams in den vergangenen beiden Saisons auf den letzten Platz in der Konstrukteurswertung ab. Die Krise fand ihren Höhepunkt im verpassten Testauftakt 2019, der die Trennung von Technik-Direktor Paddy Lowe zur Folge hatte.

Seither befindet sich Williams in einem tiefgreifenden Umstrukturierungsprozess. Der Vorstand der Williams Grand Prix Holdings prüft im Zuge dessen auch weitere strategische Optionen, wie es in einer Presseaussendung heißt.

Die Optionen reichen von einer Kapitalerhöhung über Minderheitsbeteiligungen bis hin zu einem kompletten Verkauf des Rennteams oder sogar der gesamten Williams Gruppe, zu der auch die Sparte Williams Advanced Engineering zählt. Die Geschäftsführung sondiert gerade den Markt potentieller Käufer.

Die Verkaufsabsichten sind keine direkte Folge der Coronakrise, wie Teamchefin Claire Williams erklärt: "Es gibt keinen einzelnen Schlüsselfaktor, der diese Entscheidung getrieben hat. Wir haben in den vergangenen Monaten viele Schritte gemacht, die Williams finanziell und sportlich in die beste Position bringen und das ist ein weiterer Schritt in diesem Prozess."

Perfekter Zeitpunkt für Verkauf?

Obwohl Williams sportlich und finanziell schlechter denn je dasteht, könnte der Zeitpunkt für einen Verkauf nicht schlecht sein. Die Formel 1 hat soeben Änderungen beschlossen, welche die Rahmenbedingungen für unabhängige Privatteams erheblich verbessern.

Neben einer deutlich gerechteren Preisgeldverteilung könnte vor allem die auf 145 Millionen US-Dollar abgesenkte Budgetobergrenze ein Kaufanreiz sein: Somit könnte ein Formel-1-Team schon mit verhältnismäßig geringem Budget konkurrenzfähig betrieben werden. "Jeder Investor sieht unseren Sport dadurch in guter Verfassung und sieht eine gute Investitionsgelegenheit", ist sich Williams sicher.

Ein Verkauf könnte auch bedeuten, dass der Williams-Name komplett aus der Formel 1 verschwindet. "Es ist zu früh zu sagen, wie das Team heißen könnte, aber die Williams-Familie würde wollen, dass der Name in der Formel 1 bleibt. Es geht aber für uns darum, die Zukunft des Teams in der Formel 1 zu sichern", sagt die Tochter des Firmengründers.

Auch wenn Sir Frank Williams nicht mehr in das operative Geschäft involviert ist, so soll der inzwischen 78 Jahre alte Rollstuhlgeneral den Schritt dennoch unterstützten, wie Claire Williams versichert.

Einen konkreten Zeitplan für die nächsten Schritte gibt es nicht, die Geschäftsführung rechnet aber mit einer Entscheidung binnen der nächsten drei bis fünf Monate. Obwohl der Zeitplan für ein derartiges Unterfangen ambitioniert scheint, soll die aktuelle Saison nicht in Gefahr sein. "Diese Saison ist völlig durchfinanziert", versichert Williams.

Williams-Umsatz bricht ein

Obwohl Williams Advanced Engineering im vergangenen Jahr einen Gewinn von 7,5 Millionen Pfund erwirtschaften konnte, machte die Gruppe einen operativen Verlust von 13,0 Millionen Pfund. Das Formel-1-Team trug mit 10,1 Millionen Pfund zum Verlust bei.

Der Umsatz des Rennstalls brach 2019 auf 95,4 Millionen Pfund ein. Im Vorjahr betrug der Umsatz noch 130,7 Millionen Pfund. Der Einbruch ist zum Großteil auf die sportliche Talfahrt zurückzuführen, die einen dramatischen Rückgang der Preisgelder zur Folge hat.

Titelsponsor Rokit verlässt Williams in der Coronakrise

Gleichzeitig verlor Williams Titelsponsor Martini. Auch wenn das Team mit Rokit einen neuen Titelpartner gewinnen konnte, so dürfte der Deal deutlich niedriger dotiert sein – respektive gewesen sein. Denn der Geschäftsbericht wartet gleich mit einer weiteren Hiobsbotschaft auf.

In der Coronakrise haben sich die Wege von Titelpartner Rokit und Williams bereits wieder getrennt. "Ich kann nicht ins Details gehen, aber was ich sagen kann: Wir sind all unseren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen", versichert Claire Williams. Schon beim Saisonstart in Österreich wird das Fahrzeug mit einer neune Lackierung antreten.

Damit dürfte das Geschäftsjahr 2020 noch erheblich schlechter ausfallen. Einerseits fehlen wichtige Sponoren-Millionen, andererseits werden die Preisgeldeinnahmen noch einmal erheblich fallen, weil durch die ausfallenden Rennen auch die Einnahmen des Kommerziellen Rechteinhabers sinken.