Über die Beziehung zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc wurde in der vergangenen Saison viel diskutiert. Egal wie es auf der Strecke zuging, in einem Punkt waren sich beide Ferrari-Piloten einig: Simracing ist nichts für sie.

Heute trainiert Leclerc fünf Stunden täglich in seinem Simulator, gewann bei zwei Teilnahmen zwei Rennen an der Virtuellen GP Serie der Formel 1. Und auch Vettel hat inzwischen einen Simulator zu Hause stehen, den er sich auf Druck seiner Freunde in der Corona-Pause zugelegt hat.

"Noch fahre ich nicht gegen Seb, aber ich werde ihm definitiv sehr bald eine Nachricht schicken, sobald er seinen Simulator fertig installiert hat", sagte Leclerc mit einem Schmunzeln im Videochat, dem auch Motorsport-Magazin.com beiwohnte. "Das wäre spaßig", fügte der Monegasse an.

Sebastian Vettel legte sich unlängst ebenfalls einen Simulator zu, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel legte sich unlängst ebenfalls einen Simulator zu, Foto: LAT Images

Vor wenigen Wochen noch komplett ohne Simulator, hat der zweifache GP-Sieger inzwischen längst Blut geleckt. Der Ehrgeiz hat ihn gepackt: "Es macht viel Spaß, aber es gibt auch ein paar Rennen, bei denen wir es echt ernst nehmen. Die offiziellen F1-Rennen sind ziemlich ernst und wir wollen alle gewinnen. Wir trainieren auch sehr ernsthaft."

Andere Rennen sieht Leclerc als Spaß-Events. Gemeinsam mit Formel-1-Kollegen wie George Russell und Alexander Albon fuhr er sogar Rennen für den guten Zweck, sammelte dabei Geld im Kampf gegen Corona. "Wir werden noch weitere Rennen organisieren, um mehr Spaß zu haben - aber der Wettkampf ist immer da", verspricht der Ferrari-Youngster.

Zufrieden mit Formel-1-Spiel: Leclerc lobt F1 2019

Während sich Simracing-Ass Max Verstappen von der virtuellen Formel 1 fern hält, weil er sich nicht mit dem Spiel anfreunden kann, hat sich Leclerc ganz bewusst für F1 2019 entschieden. "Um ehrlich zu sein: Alle Simulationen sind anders als die Realität", erklärt Leclerc. "So sehe ich es zumindest. Aber ich bin ziemlich glücklich mit dem F1-Spiel."

Verbesserungspotential sieht er dennoch: "Wir sollten den Schaden an machen und die Tracklimits sind bei den Rennen etwas zu einfach. Diese beiden Sachen können wir uns ansehen, um in Zukunft besseres und realistischeres Racing zu haben."

Das Spiel von Codemasters erlaubt bei den genannten Parametern unterschiedliche Einstellung. Weil bei den Virutellen GPs auch Prominente mitfahren, hat die Formel 1 eine niedrigere Einstiegsbarriere gewählt. "Aber insgesamt bin ich glücklich damit", konstatiert Leclerc.

Vettels Teamkollege sieht sogar einen Trainingseffekt: "Auf jeden Fall. Das Verhalten des Autos wird nie das gleiche sein wie in echt. Man hat keine G-Kräfte und das Auto ist immer etwas anders. Aber am Ende hilft es mir dabei, meine Reflexe zu trainieren. Und ich kann so jeden Tag Autofahren. Auch wenn es anders als das echte ist, ist es im Moment das, was am nächsten rankommt."

Leclerc streamt live aus dem Wohnzimmer

Abgesehen vom reinen eSports hat Leclerc noch eine weitere Leidenschaft gefunden: Dem 22-Jährigen genügt es nicht, zu spielen. Leclerc streamt das ganze aus dem heimischen Wohnzimmer auf der Plattform Twitch. Dabei bekommen die Fans ganz besondere Einblicke.

Charles Leclerc streamt live auf Twitch, Foto: Screenshot Twitch/iamcharlesleclerc16
Charles Leclerc streamt live auf Twitch, Foto: Screenshot Twitch/iamcharlesleclerc16

Leclerc staunt über sich selbst: "Ich hätte niemals gedacht, dass ich das mal mache. Aber ich mag es sehr. Für die Leute, die mir folgen, ist es das nächste, was sie von meinem wahren Ich bekommen können. An der Formel-1-Strecke ist es anders, da hast du den Druck. Da ist es anders, man selbst zu sein. Aber auf Twitch, wenn man mit den anderen Fahrern und Freunden spielt - wir kennen uns alle schon sehr lange -, da können wir wir selbst sein. Und das genieße ich viel mehr als ich dachte."

Der Ferrari-Pilot schlägt dabei gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: "Meine Priorität ist es, die Leute zuhause zu unterhalten und auch mich selbst. Im Moment überlege ich, mit welchen Ideen ich kommen kann, um den gelangweilten Leuten zuhause zu helfen, die keine Chance haben, wie ich hier einen Simulator zu haben. Diesen Leuten will ich ein Lächeln ins Gesicht zaubern und ich glaube, es hat mit den Dingen, die wir gemacht haben, ziemlich gut funktioniert."

Doch es gibt auch Bedenken, für die Fahrer könnte ein zu tiefer und unzensierter Einblick in ungehemmter Atmosphäre gefährlich sein. Hat Leclerc keine Angst, sich in der politisch so korrekten Formel 1 zu verplappern? "Natürlich kann das passieren, aber ich denke, wir sind alle sehr respektvoll und müssen da auch vorsichtig sein, weil uns viele Leute zusehen. Aber ich versuche, so viel wie möglich ich selbst zu sein."

Leclerc sieht eher die Vorzüge: "Spielen und gleichzeitig zu streamen hat mir sehr geholfen, wirklich ich selbst zu sein und mehr von meinem wahren Ich zu zeigen. Damit hatte ich zuvor bei den Rennen wegen des Drucks etwas Probleme. Aber auf dieser sozialen Plattform fühle ich mich mehr ich selbst, das mag ich. Da denke ich nicht zu sehr darüber nach, etwas Falsches zu sagen."