Red Bull war von Max Verstappens Bestzeit im 2. Freien Training der Formel 1 in Russland selbst etwas überrascht. Ohne allzu hohe Erwartungen hatte das Team für das Rennen in Sotschi neue Honda-Motoren verbaut und dementsprechend Strafen kassiert. Nun scheint man plötzlich mit Ferrari und Mercedes auf Augenhöhe zu sein. Von Reue ist bei Red Bull trotzdem keine Spur.

"Nein, überhaupt nicht", so Verstappen, der am Nachmittag mit drei Zehnteln Vorsprung auf Ferrari-Pilot Charles Leclerc die Bestzeit fuhr. "Nach Singapur ist das sehr positiv. Das war kein gutes Wochenende. Hier war das Auto heute super. Der letzte Sektor war sehr stark und auch der erste war für uns gut, und da sind viele lange Geraden."

"Warten wir mal, wenn die anderen aufdrehen, wo wir dann sind. Aber wir waren schnell, ja", so Dr. Helmut Marko im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Nachdem es zuletzt in Singapur nach Problemen mit dem Simulator überhaupt nicht nach Plan lief, ist der Österreicher froh, dass Red Bull in Russland wieder auf dem richtigen Weg ist.

"Der Simulator war in Ordnung, aber die Interpretation war falsch. Man konnte das Auto nicht mit dem Setup fahren, mit dem es schnell gewesen wäre. Aber der Simulator hat nichts falsch gemacht", erklärt er. In Sotschi lief es am Freitag nicht nur bei der Qualifying-Pace.

"Die Longruns waren nicht schlecht", so Marko. Dass Mercedes und Ferrari hintenraus zulegten, relativiert er: "Die Hamilton-Zeit zum Schluss, die sind ja alle die schnellen Zeiten am Ende gefahren, als Max nicht mehr draußen war."

Red Bull: Strafen nicht nur für Honda-Heimrennen in Suzuka

Der Red-Bull-Berater sieht nach der Pace vom Freitag sogar eine Chance auf die Pole Position, welche sich aufgrund der Motorenstrafe aber ohnehin zerschlagen würde. "Suzuka ist für uns das Wichtigste. Erstens erhoffen wir uns vom Streckenlayout viel und natürlich ist es Hondas Heimrennen", lässt Marko durchblicken, dass der neue Motor zum jetzigen Zeitpunkt auf Drängen von Honda eingeführt wurde, um für das Heimspiel in zwei Wochen bestmöglich gerüstet zu sein.

"Es ist immer schwierig zu beurteilen, wann man eine Strafe nimmt. Wenn wir gedacht hätten, dass Singapur so schwierig wird, hätten wir sie vielleicht dort genommen", sagt Verstappen. Red Bulls Chefingenieur Paul Monaghan versichert jedoch, dass der neue Motor nicht nur zum Schaulaufen vor dem japanischen Publikum eingeführt wurde.

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Russland GP: (10:47 Min.)

"Wir haben die Strafen nicht nur für Suzuka genommen", sagt er. "Als Teil unseres Programmes und um noch konkurrenzfähiger zu werden, haben wir uns entschieden hier die fünf Plätze Strafe zu nehmen. Wir werden dadurch zwar nicht von der ersten Runde an bei den anderen Top-Fahrern dabei sein, aber wir schauen schon weiter als Suzuka, aufs nächste Jahr."

"Ich denke, wenn du schnell bist kannst du die anderen immer noch überholen", ist Verstappen zuversichtlich, dass er mit einem guten Qualifying im Rennen den Anschluss an Mercedes und Ferrari herstellen kann. "Es sind nur fünf Plätze, das ist also nicht so schlimm."

Albon crasht fast mit Hamilton: Meine Schuld

Während der Niederländer sich mit einem starken Freitag im Rücken Hoffnungen auf ein gutes Qualifying-Resultat machen kann, sieht es bei Teamkollege Alexander Albon nach den Trainings nicht so rosig aus. Der Thailänder hatte seine Probleme, mit dem RB15 warm zu werden.

"Es war ein Chaos, um ehrlich zu sein. Ich habe versucht mich aus Ärger herauszuhalten, aber es war ein endloser Stau. Ich würde sagen, das war keine verwertbare Session", so der Rookie, der gegen Ende des FP2 um ein Haar mit Lewis Hamilton kollidierte, als der Weltmeister in Turn 3 auflief.

"Ich habe Bottas in der Ferne hinter mir gehört, aber ich wusste nicht, dass Lewis gleich dahinter ist. Das war mein Fehler. Es war einfach eines dieser Dinge. Die Geschwindigkeiten sind so schnell und ich habe ihn nicht gesehen", nimmt er den Zwischenfall auf seine Kappe. Sein Training war aber auch bis dahin nicht problemlos verlaufen.

Kerb-Ärger für Albon: Unterboden aufgeschlitzt

Der Red Bull mit der Startnummer 23 stand im FP2 für eine längere Reparaturpause an der Box. Albon hatte sich auf einem Kerb das Auto beschädigt. "Unglücklicherweise hat es den Unterboden aufgeschlitzt und die Ölleitung wurde auch beschädigt", erklärt Marko. "Diese Kerb-Geschichten muss man wirklich überdenken."

Nach der Reparatur reichte es noch für zehn weitere Umläufe auf dem Sochi Autodrom. Für Albon zu wenig, um in seine Komfortzone zu gelagen. Platz zehn und zwei Sekunden Rückstand auf Verstappen stellten ihn nicht zufrieden: "Es geht um das Vertrauen ins Auto. Wenn du dich in einer Kurve nicht wohlfühlst, fühlst du dich in den anderen 20 auch nicht wohl. Das erklärt die Pace. Ich muss das für morgen analysieren."