Ungeschlagen ist Mercedes in Sotschi. Doch nach dem Freitagstraining zum Russland GP 2019 zeichnet sich nun die nach Spa, Monza und Singapur vierte Niederlage in Folge ab. Über die Plätze drei für Valtteri Bottas (+0,646 Sek.) und vier für Lewis Hamilton (+0,798 Sek.) kamen die Silberpfeile im Tagesergebnis nicht hinaus.

Damit war nicht nur der Tagesschnellste Max Verstappen im Red Bull deutlich schneller, sondern auch Charles Leclerc im Ferrari lag noch gute drei Zehntel vor den Mercedes-Piloten. Noch dazu hatte Sebastian Vettel seine schnellste Runde wegen Verkehrs nicht gleich im ersten Versuch hingelegt, die Reifen hatten also etwas gelitten. Red Bulls zweiter Mann Alex Albon war durch ein Ölleck nahezu komplett Schachmatt.

Lewis Hamilton: Ferrari holt acht Zehntel auf Geraden

Dementsprechend gedrückte Stimmung herrscht nach dem ersten Tag auf dem Sochi Autodrom bei den Fahrern. "Es war ein Tag des Erkundens und Entdeckens. Es fing auch nicht allzu schlecht an, aber dann haben wir uns nicht so sehr wie die anderen verbessert", hadert Hamilton.

"Ich denke auf Ferrari verlieren wir acht Zehntel oder so auf den Geraden. Wir haben uns verbessert, aber sie [Ferrari] verbessern sich mit einer ernstzunehmenden Schlagzahl. Wir haben also einfach versucht, das Auto zu verbessern. Aber das ist keine leichte Aufgabe", schildert der Weltmeister.

Balanceakt: Mercedes kämpft mit Streckenentwicklung

Gerade in Sotschi nicht. So groß wie dort entwickelt sich die Strecke über das Wochenende - und schon im Verlauf einer einzelnen Session - kaum irgendwo. "Die Balance war zunächst gut, hat dann aber etwas abgeflaut. Am Ende der zweiten Session war es dann wieder etwas besser", berichtet Hamilton.

Ferrari-Siegserie: Ende der Mercedes-Dominanz? (16:47 Min.)

"Es ist verrückt. Du musst hier die ganze Zeit versuchen, mit der Entwicklung der Strecke zu gehen. Während die Strecke sich verbessert verlagert sich die Balance, also nimmst du Änderungen vor. Das ist ein permanenter Balanceakt und du hast nur ein paar Chancen, das Setup zu verändern."

Hamilton: Das war noch nicht das Maximu, aber ...

Trotz aller Statistiken kommt Sotschi Mercedes zudem extrem ungelegen, haben die Silberpfeile aktuell damit zu kämpfen, ihr volles Potential auf die Strecke zu bringen. "Ich glaube an die Jungs, wir haben noch nicht das Maximum aus dem Auto geholt", sagt Hamilton zwar. Allerdings gesteht der Brite auch: "Das war aber auch unser Schlüsselproblem in den letzten drei Rennen. Das müssen wir noch herausbekommen."

Einen schwierigen Qualifying-Samstag erwartet Hamilton deshalb umso mehr. Es sei denn, es würde regnen, wie aktuell tatsächlich prognostiziert. "Morgen wird ein harter Tag. Ich hoffe, dass es regnen wird. Und ich habe gehört, dass es morgen regen soll", hofft Hamilton.

Ungewöhnliche Mercedes-Hoffnung in Russland: Regen

Diese ziemlich ungewöhnliche Aussage aus dem Mercedes-Lager verdeutlicht wie groß der Pessimismus wirklich ist. Offenbar ist es dieses Mal nicht das altbekannte Understatement. Zumal Hamilton damit längst nicht alleine steht. "Für morgen hoffe ich auf Regen. Dann könnten wir im Qualifying eine bessere Chance haben", glaubt auch Teamkollege Bottas.

"Red Bull und Ferrari waren heute etwas zu schnell", erklärt er. Umso schlimmer, weil er selbst eigentlich einen guten Tag gehabt hätte. "Es fühlte sich gut an im Auto, ich hatte keine heftigen Probleme mit der Balance, einfach nur etwas mit dem Grip insgesamt zu kämpfen und etwas herumgerutscht", berichtet Bottas.

Hamilton fürchtet Monza-Deja-vu, kritisiert Streckenlayout

"Aber natürlich müssen wir etwas finden wenn wir morgen um Pole kämpfen wollen. Sonntag haben wir aber eine gute Chance, daran glaube ich. Egal in welchem Fall." Also Regen oder Trocken. Hier jedoch weicht Hamilton nun ab. Der Brite verlangt auch für das Rennen nach Regen.

Hintergrund: Hamilton erwartet sonst ein extrem großes Problem – durch eine Kombination aus Ferrari-Topspeed und Streckenlayout. "Auf dieser Strecke ist es nicht so leicht, zu überholen. Denn die Kurven sind alle so schnell. Um ehrlich zu sein kann ich nicht gerade behaupten, dass es die am besten gestaltete Strecke ist, denn du nimmst durch all diese Scheitelpunkte so viel Speed mit, dass du nicht richtig folgen kannst", kritisiert der Weltmeister.

"Aber du hast diese langen Geraden, um zu versuchen das aufzuholen. Und wir haben DRS", hofft Hamilton. Schon am Donnerstag hatte er allerdings befürchtet das selbst das - wie schon in Monza - gegen Ferrari nicht reichen könnte.

Deshalb lieber Regen. "Der Regen würde es leichter machen, hinterherzufahren. Dann wählst du ja oft sowieso andere Linien", erklärt Hamilton. "Und ich denke, dass es ein viel spannenderes Rennen wird, sollte es nass sein. Ich glaube, wir sind hier noch nie im Nassen gefahren. Das würde es ziemlich knifflig machen."