Es hätte der Tag in der Formel-1-Karriere von Nico Hülkenberg werden können. Im Regenchaos von Hockenheim zeigte der Emmericher einmal mehr seine außerordentlichen Fähigkeiten bei widrigen Bedingungen. Doch aus dem Befreiungsschlag des ewigen Talents wurde wieder nichts. Wieder einmal vergab der Renault-Pilot eine Großchance. Frust statt Podest.

"Das ist eine bittere Pille. Es tut mir leid für das Team. Wir hätten das verdient, die Truppe hat einen tollen Job gemacht. Besonders bei der Strategie im Rennen", so Hülkenberg nach seinem Aus in Runde 39 des Großen Preises von Deutschland 2019. Am Ende stand mit Daniil Kvyat im Toro Rosso ein anderer Pilot aus dem Mittelfeld als Dritter auf dem Podest.

Hülkenbergs Rennen war bis zum Unfall perfekt verlaufen. Von allen Mittelfeldfahrern machte er gemeinsam mit seinem Kommandostand den besten Job, lag nach der durch Charles Leclerc ausgelösten Safety-Car-Phase hinter Max Verstappen auf der zweiten Position und behauptete sich zunächst einige Runden vor den Silberpfeilen.

"Ich habe das alles mitbekommen, aber mir war klar, dass die Mercedes hinter mir waren und ich das wahrscheinlich nicht hätte halten können. Die sind ja dann auch vorbeigegangen und ich war dann in dem Moment Vierter. Das sind immer so Momentaufnahmen in solch verrückten Rennen", will er sich nach seinem relativ frühen Aus nicht so ganz den Podest-Illusionen hingeben.

Hülkenberg brilliert im Regen-Chaos: Fantastische Leistung von Renault und mir

Aber wer dachte in diesem Moment nicht daran, dass dieser Grand Prix der große Durchbruch Hülkenbergs werden könnte, der seinen unrühmlichen Rekord von 165 Starts ohne Podest im 166. Anlauf beendet? Die eindrucksvollsten Vorstellungen seiner F1-Laufbahn führte er allesamt bei widrigen Mischbedingungen auf. Seine sensationelle Pole Position 2010 in Interlagos, sowie den Kampf um den Sieg im unterlegenen Force India zwei Jahre später am selben Ort.

Doch wie beim Grand Prix von Brasilien 2012 leistete Hülkenberg sich diesen einen Fehler, der aus dem Triumphzug ein Trauerspiel machte. "Es war eine fantastische Leistung und ein fantastisches Rennen bis zu diesem Punkt, vom Team und von mir. Aber ich schätze, du musst schon alle Runden fahren", stellte er ernüchtert fest. Der Fahrfehler selbst wäre beinahe nicht der Rede wert gewesen.

Dragster-Strip von Hockenheim erwischt Hülkenberg völlig unvorbereitet

Hülkenberg hatte in Kurve 15 leichtes Übersteuern und ging weit, nahm dabei aber nicht genug Tempo heraus. Stattdessen ließ er sich in die Auslaufzone heraustragen. "Ich war auf dem Weg mich zu drehen und habe entschieden, die Lenkung ein bisschen aufzumachen und die Straße neben der Strecke zu benutzen", erklärte er die Situation am RTL-Mikrofon.

Womit er allerdings nicht rechnete, war das beinahe nicht vorhandene Grip-Niveau auf dem Stück Asphalt, das normalerweise den Start des Dragster-Strips markiert: "Ich bin da noch nie zuvor gewesen am Wochenende. Im Trockenen ist es okay. Aber hier war es wirklich wie Eis, da war leider nichts mehr zu retten."

Kurz zuvor waren bereits Sainz, Leclerc, Hamilton und Räikkönen in dieser Passage von der Strecke abgekommen und in der Auslaufzone in arge Probleme geraten. Während Sainz und Räikkönen ohne Einschlag davonkamen, und Hamilton es zumindest zur Reparatur zurück an die Box schaffte, war Hülkenbergs Rennen wie das von Leclerc nach dieser Exkursion beendet.

Hockenheim-Auslaufzone im Nassen einfach Irrsinn

"Ich habe das Auto nur für einen Moment verloren, in der falschen Kurve. Es ist kein normaler Asphalt, es ist wie eine Eisbahn. Und als ich einmal drauf war, konnte ich das Auto nicht mehr kontrollieren. Es hat mehr beschleunigt als verzögert. Und das Ergebnis hat ja jeder gesehen. Ich bin in die Wand gerutscht."

Den Fehler nimmt er ohne jede Umschweife auf die eigene Kappe. "Natürlich hätte die Situation gar nicht erst passieren sollen. Da muss ich einfach selbstkritisch sein und das hinterfragen", so Hülkenberg. Die Auslaufzone sollte seiner Ansicht nach aber ebenfalls hinterfragt werden.

"Normalerweise machen wir so viel für die Sicherheit... und hier geht es nicht einmal um Sicherheit. Es ist einfach dumm, so einen völlig anderen Asphalt zu haben", sparte er nicht mit Kritik. "Im Nassen war das einfach Irrsinn."

Rutschpartie soll Konsequenzen haben

Zu einer derart unkontrollierten Rutscherei hätte es seiner Meinung nach nicht kommen dürfen: "Ich sollte nicht neben die Strecke fahren. Aber in jeder anderen Kurve auf jedem anderen Kurs rutscht du runter, und nichts passiert. Heute hat uns das ein gutes Resultat gekostet."

Er erwartet, dass das Thema im Nachgang noch einmal behandelt wird. "Ich glaube, da muss man auch Fragen stellen. Wir machen so viel für die Sicherheit, machen Asphalt um es besser und sicherer zu machen, aber ich glaube diesen Aspekt hat man hier nicht bedacht. Das ist einigen zum Verhängnis geworden und wird sicher ein Gesprächsthema sein."