Ist für Ferrari beim Großbritannien GP 2019 doch etwas drin? Noch vor dem Wochenende der Formel 1 in Spielberg hatte Teamchef Mattia Binotto extrem tief gestapelt, Mercedes zum haushohen Favoriten erklärt. Passend dazu fehlten Sebastian Vettel und Charles Leclerc im ersten Training gleich einmal jede Menge Zehntel. Eine Sekunde auf Red Bull, eine halbe auf Mercedes.

Doch in der zweiten Session war die Scuderia plötzlich da. Valtteri Bottas und Lewis Hamilton flogen zwar im Formationsflug an die silberne Spitze, doch folgte Leclerc mit keinen zwei Zehnteln Rückstand auf die Tagesbestzeit. Bei Vettel waren es noch zwei mehr, dennoch ein deutlich besseres Gesamtergebnis als zuvor. Geht also doch was?

Sebastian Vettel: Ergebnis nur Nebensache

"Die Zeitentafel ist nicht so wichtig am Freitag, mehr das Gefühl im Auto", winkt Vettel ab. "Und das war phasenweise okay, aber größtenteils noch nicht ganz da, wo wir es wollen." Auch, weil Ferrari in beiden Sessions einmal mehr jede Menge ausprobierte. Nur wenige Neuerungen, vor allem unter dem Karbonkleid, die noch dazu zum Teil wohl zurückgebaut werden, so Vettel.

Richtig unzufrieden ist der Deutsche jedoch nicht mit seinem Freitagsauftakt. "Ich bin nicht ganz happy, es war ein kniffliger Nachmittag, ein bisschen Auf und Ab. Das Gesamtbild war heute aber schon okay", so Vettel. Begeisterung klingt allerdings anders. So weit kommt es bei Vettels Teamkollegen zwar nicht, doch gibt sich Leclerc zumindest nach Außen etwas entspannter. "Ich bin nicht wirklich zufrieden", kommentiert er diesen Eindruck. "Vielleicht zwinge ich nmich einfach besser zum Lächeln!"

Leclerc: Ferrari verschleißt linken Vorderreifen heftig

Tatsächlich ist es sogar der Monegasse, der das Gesamtbild der Ferrari-Probleme am Freitag in Silverstone konkreter seziert. "Wir hatten jede Menge mit der Rennpace zu kämpfen. Daran müssen wir arbeiten. Wir müssen vor allem mit dem linken Vorderreifen besser klarkommen - den Vorderreifen generell", schildert Leclerc. "Denn die waren nach den Rennruns in ziemlich schlechter Verfassung. Hoffentlich gibt es da morgen einen nennenswerten Schritt nach vorne."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Großbritannien GP (07:37 Min.)

Dieses Kernproblem bestätigt auch Teamchef Binotto: "Wir haben sehr hohen Verschleiß auf den Vorderreifen, vor allem vorne links. Das betraf auch schon die einzelne Quali-Runde. Wir waren stark in den ersten beiden Sektoren, aber nicht mehr so im letzten. Da hatten wir Untersteuern. Das kommt durch den Reifenverschleiß und zeigte sich dann auch bei Highfuel-Pace."

Teamchef-Binotto: Können Performance noch nicht einschätzen

Genau deshalb will der gebürtige Schweizer noch keine Prognose zu wahren Ferrari-Performance im Vergleich zur Konkurrenz in Silverstone abgeben. "Wir müssen den Verschleiß auf der Vorderachse über Nacht in den Griff bekommen. Darauf liegt jetzt unser Fokus. wenn wir damit eine bessere Balance haben, können wir unsere Performance hier in Silverstone besser bewerten. Jetzt ist es dafür noch zu früh", sagt Binotto.

Eines sei jedoch offensichtlich: Schwieriger als in Spielberg werde es für Ferrari in Silvesrtone ganz sicher. Davon gehen auch die Fahrer aus. Vor allem Leclerc sieht Mercedes noch längst nicht am Ende seiner Möglichkeiten. "Unsere Quali-Pace ist glaube ich nicht schlecht", kommentiert der Youngster das Tagesergebnis. "Aber Mercedes hat da noch viel mehr in der Hinterhand als sie heute gezeigt haben, glaube ich. Ich bin sicher, dass von ihnen noch viel mehr kommen wird."

Vettel & Leclerc sehen viele Asse bei Mercedes

Tatsächlich hatte vor allem Hamilton nie eine wirklich saubere Runde erwischt, immer hakte es irgendwo in der Vollgaspassage Maggotts, Becketts, Chapel. Erstaunt ist Leclerc über seine Prognose zur Mercedes-Form jedoch nicht. "Ich hatte sie sowieso als das Team erwartet, das es dieses Wochenende zu schlagen gilt. Das haben sie heute bestätigt. Sie waren sehr, sehr schnell auf der Rennpace - und wir weit weg."

Ähnlich sieht es Vettel. "Mercedes ist der Favorit. Ich denke, sie haben heute ihre Runden nicht ganz so gut hinbekommen. Aber insgesamt war der Speed schon da. Die sehen sehr, sehr stark aus. Deshalb wird es schwer für uns, glaube ich", sagt der Heppenheimer. Doch stirbt die Hoffnung bekanntlich zuletzt. "Das nie. Und die letzten Samstage waren für uns auch nicht allzu schlecht ...", erinnert Vettel. "Ich glaube, wir können morgen besser dastehen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir die richtigen Schritte unternehmen, damit es morgen auch nach vorne geht."