Die Kanada-Strafe gegen Sebastian Vettel hält die Formel 1 auch ein Rennwochenende später in Atem. Nicht nur, weil nach dem ersten Training zum Frankreich GP neue Beweise von Ferrari bewertet werden sollen, das seinen Spitzenfahrer so doch noch herausboxen will. Sondern auch, weil inzwischen alle die Szene ganz genau kennen, sich in Ruhe eine Meinung gebildet haben.

Das gilt selbst für Kimi Räikkönen. Alles-Egal-Einstellung? Dieses Mal keineswegs. Oder schon ein wenig. "Ich habe mir das nur kurz angeschaut und kenne gar nicht die ganze Geschichte, die dahinter steckt. Eigentlich will ich damit auch gar nichts zu tun haben", sagt Räikkönen auf Nachfrage, scheint schon abzuwinken.

Räikkönen über Vettel-Strafe: Erkenne kein Vergehen

Doch dann holt der ehemalige Teamkollege Sebastian Vettels sogar ganz ausführlich aus. Erster Punkt: Hat Vettel die Strafe verdient? Ist er schuldig? "So wie er von der Strecke rutscht und zurückkommt, da kann ich kein Vergehen erkennen. Egal, wie ich es ansehe", widerspricht Räikkönen bei Motorsport-Magazin.com.

Vettel-Strafe erklärt: Gibt es noch Hoffnung? (07:53 Min.)

Vettel sei immerhin so gut wie nur noch Passagier gewesen. "Es passiert ganz leicht. Wenn du von der Strecke aufs Gras abkommst, dann hast du absolut null Kontrolle. Du rutschst nur wieder drauf. Wenn da eine Mauer kommen würde, dann würde die Linie genauso aussehen", verteidigt Räikkönen seinen deutschen Fahrerkollegen. "Ich hätte es besser verstanden, wenn du beim Zurückkommen in jemanden hineingefahren wärst, aber so?"

Räikkönen: Vettel hatte mit Sch… auf den Reifen keine Chance

Vorsichtiger zurückfahren können hätte Vettel ganz sicher nicht, beteuert der Finne auf erneute MSM-Nachfrage. "Du hast da keine Wahl. Du fährst mit den Reifen über das Gras und dann hast du ein paar Meter, vielleicht für 50 Meter, diese Scheiße [sic!] auf den Reifen", schildert Räikkönen. "Da kannst du nicht viel machen."

Doch treffe dann eben jemand eine Entscheidung. "Und manchmal ist es gut für dich, manchmal nicht", so Räikkönen. Fertig ist der Finne damit jedoch noch nicht. Eine grundlegende Kritik lässt der Alfa-Romeo-Star noch folgen. Worum es ihm geht: Die eigentliche FIA-Vorgabe "Let them race!" (dt: Lasst sie Rennen fahren.).

Räikkönen sieht Widerspruch zur Vorgabe "Let them race!"

Daran hatte unmittelbar nach dem Vorfall in Kanada bereits GPDA-Chef Alex Wurz im Interview mit Motorsport-Magazin.com erinnert. Jetzt appelliert auch Räikkönen an diese Leitlinie - und wundert sich sehr, wie wenig Beachtung ihr geschenkt werde.

"Das seltsame ist, dass sie dir immer sagen, dass wir dieses Jahr freier Rennen fahren können. Und dann passiert sowas, das absolut niemandes Schuld ist - und es wird bestraft", kritisiert Räikkönen. "Ich bin nicht der, der entscheidet. Aber was gesagt und was dann getan wurde stimmt nicht gerade überein."

Verständnis zeigt der Formel-1-Routinier jedoch auch. "Die Stewards sind in einer schwierigen Situation. Egal, was sie entscheiden, wird es immer zufriedene und unzufriedene Teams geben", weiß Räikkönen.

Eine lockerere Leine sollte es jedenfalls geben, meint der Finne. "Das wurde uns auch so gesagt", erinnert er. "Mehr Freiheit auf eine schlaue Art aber. Wenn du anfängst, einen abzudrängen und etwas Dummes machst, dann hat es Grenzen. Aber wir Fahrer wissen schon was fair ist und was du akzeptieren kannst. Solang es ein fairer Kampf ist, ist es mir egal."