Was ist nur mit Williams los? Dieser Satz geistert bereits seit einiger Zeit durch die Motorsport-Magazin.com-Redaktion. Das Problem: Er scheint von Tag zu Tag treffender zu werden. War der letzte Platz in der Formel-1-Konstrukteursweltmeisterschaft 2018 gar nicht der Tiefpunkt?

Williams schickt sich jedenfalls gerade an, die Saison 2018 zu toppen. Der FW42 sollte alles besser machen als sein Vorgänger und Williams wieder zurück ins vordere Mittelfeld katapultieren - doch dieses Ziel scheint man nach acht Testtagen schon wieder begraben zu können. Bessergesagt nach fünfeinhalb Testtagen.

Denn der FW42 wurde nicht rechtzeitig zum Testbeginn fertig. Erst musste Williams einen geplanten Filmtag absagen, dann auch noch die ersten beiden Testtage. Erst am Nachmittag des dritten Testtags kam der neue Bolide aus Grove aus seinem Versteck.

Über die Gründe schweigt Williams bis heute eisern. Technik-Chef Paddy Lowe gibt an, die Gründe noch gar nicht richtig zu kennen. Analysen wären nötig, so der Ingenieur. Teamchefin Claire Williams scheint die Gründe zu kennen, will sie aber nicht nennen. "Ich will keine dreckige Wäsche in der Öffentlichkeit waschen", heißt es von ihr.

Es ist kein Geheimnis, dass Claire Williams ihren Technik-Chef dafür verantwortlich macht. Eigentlich wäre Lowe längst gefeuert, doch man hört, das sei (noch) zu teuer. Geldmangel oder Probleme bei Zulieferern seien jedenfalls nicht schuld, so die Teamchefin. Viel bleibt dann nicht übrig. Inzwischen hat sich Lowe sogar offiziell aus 'persönlichen Gründen' beurlauben lassen. Bei Williams brodelt es gewaltig.

Merkt man das dem FW42 an? Teilweise. Denn die Fabrik des einstigen Weltmeisterteams ist längst nicht mehr State of the Art. In Grove fehlt es nicht nur an Geld, Personal und Know-how, sondern auch an Produktionskapazitäten. Erst nach den Testfahrten erhielt Williams neue Fräsmaschinen von DMG Mori.

Williams einziges Team mit Metall-Getriebegehäuse

Dass Williams der Konkurrenz technisch hinterherhinkt, zeigt sich auch am Getriebe. Zum zweiten Mal in Folge setzten die Williams-Ingenieure als einzige auf ein Aluminiumgehäuse. Alle anderen verwenden hier längst Faserverbundstoffe.

Das Getriebegehäuse zeigt die zwei großen Probleme von Williams: Das Team ist technisch und strategisch veraltet. Statt das Getriebe komplett von Mercedes zu kaufen, entwickelt man lieber selbst. Das kostet mehr Geld und ist am Ende - so viel lässt sich schon an dieser Stelle gewiss sagen - schlechter.

Der Vorteil: Williams ist dadurch bei den Fahrwerkspunkten nicht abhängig von Mercedes. Querlenker-Anlenkpunkte und Feder-Dämpfer-Einheit befinden sich am, respektive im Getriebegehäuse.

Die Ingenieure haben die Freiheit über den Winter genutzt und die Hinterachse stark überarbeitet. Das zeigt sich vor allem am vorderen unteren Querlenker, dessen Verkleidung nun nicht mehr vom Pullrod durchbohrt wird.

Williams-Frontflügel raffiniert

Doch von vorne: Das Frontflügel-Konzept ist interessant. Um die Luft um den Vorderreifen zu lenken, wählen die Ingenieure hier einen aggressiven Ansatz. Die Flaps vor den Vorderreifen sind wie bei Mercedes oder Red Bull sehr hoch.

Der Verstellmechanismus leitet die Luft nach außen, Foto: LAT Images
Der Verstellmechanismus leitet die Luft nach außen, Foto: LAT Images

Der Verstellmechanismus befindet sich dafür ganz weit außen, fast schon an den Endplatten und zeigt stark nach außen. Der Plan ist klar: Der Verstellmechanismus soll die Luft nach außen leiten. Damit das besser gelingt, fehlt ein kleines Eck der Endplatte. Man kann sich bildlich vorstellen, wie die Luft hier nach außen geleitet werden soll.

An der Vorderachse gab es über den Winter wie auch hinten große Umbauarbeiten. Auch Williams hat die Querlenker nun deutlich höher gelegt. Fielen sie zuvor vom Chassis zum Radträger noch deutlich ab, stehen sie nun fast komplett waagrecht. Das freut die Aerodynamiker, stellt die Fahrwerksabteilung aber vor große Herausforderungen.

Der Hebel, der den Radträger mit dem oberen Querlenker verbinden muss, fällt bei Williams besonders massiv aus. Anders als bei den übrigen Teams mit den hohen Querlenkern scheint bei Williams der gesamte Radträger zu wachsen, nicht nur ein kleiner Hebel. Die Lenkstange führt dazwischen durch.

Kühlkonzept bringt Probleme mit sich

Bei den Seitenkästen geht Williams den Weg des Vorjahres weiter. Das Konzept haben inzwischen fast alle Rennställe, aber Williams geht den Weg trotzdem konsequent anders als die Konkurrenz. Die obere Crashstruktur bildet zwar auch beim FW42 die Unterseite des Lufteinlasses, sitzt aber extrem weit oben.

Die Seitenkastenöffnungen sind eher kleine Schlitze, Foto: LAT Images
Die Seitenkastenöffnungen sind eher kleine Schlitze, Foto: LAT Images

Für die Aerodynamik ist das gut, weil die Seitenkästen somit weiter oben sitzen. Auch strukturell ist das für das Monocoque einfacher, weil die Kraft nicht mitten auf die Fläche eingebracht wird. Allerdings entsteht somit nur eine Mini-Öffnung für die Kühlung.

Den Preis für das ambitionierte Kühlkonzept zahlt Williams im Heck. Der FW42 ist hinten offen wie ein Scheunentor. Das wiederum ist schlecht für die Aerodynamik, zumal mit der Oberseite des Diffusors ausgerechnet ein sehr sensibler Bereich davon betroffen ist.