Die Trennung von Honda mag für viele aus McLaren-Sicht ein riesen Fehler gewesen sein. Er war aber auch nötig. Nötig, damit in Woking wieder Realität Einzug hält. Zu Honda-Zeiten wurden sich die Ergebnisse schöngerechnet und schön-simuliert. Mit Red Bull hatte man 2018 einen Maßstab - der das verheerende Ausmaß der McLaren-Krise aufdeckte.

Doch dieses schonungslos böse Erwachen war nötig, um den Stift an der richtigen Stelle anzusetzen. Bei McLaren lief in den letzten Jahren zu viel schief. So viel, dass man mit Fernando Alonso auch das beste Pferd im Stall verlor. Dafür will man an anderen Baustellen personell aufrüsten: Mit Andreas Seidl kommt im Mai wieder ein richtiger Teamchef. Mit James Key hat sich das Team auf der Technik-Seite verstärkt. Der MCL34 ist aber noch kein Key-Kind.

Am Donnerstag stellte McLaren den Hoffnungsträger im Technology Center vor. Fotografen waren nicht erlaubt, schließlich will man der Konkurrenz nicht alles auf dem Silbertablett servieren. Aber McLaren lieferte selbst Fotos und Renderings.

Formel-1-Autos 2019 im Technik-Check: McLaren MCL34 (12:55 Min.)

McLaren vertuscht Diffusor vom MCL34

Doch die ganze Wahrheit bekamen wir dabei noch nicht zu sehen: Beim Aufhellen der Renderings fällt ein schwarzer Fleck ins Auge. McLaren hat vorsorglich den gesamten Diffusor komplett geschwärzt, damit man auch im Bildbearbeitungsprogramm die abgesoffenen dunklen Stellen nicht analysieren kann.

Den Diffusor wollte McLaren noch nicht preisgeben, Foto: McLaren
Den Diffusor wollte McLaren noch nicht preisgeben, Foto: McLaren

Trotzdem gibt es auf den Bildern natürlich schon etwas zu sehen. Der Frontflügel wirkt noch unspektakulär. Doch das wirken die meisten, schließlich lässt das Reglement 2019 kaum mehr Spielraum.

Während der Flügel selbst noch unaufgeregt ist, sorgt die Nase für ein Rümpfen. McLaren bleibt auch für die Formel-1-Saison 2019 bei der Schweinenase. Die Nase mit der markanten zentralen Öffnung wurde 2018 mit einem Update in Barcelona eingeführt.

Die Nase wurde trotzdem überarbeitet. Die beiden Leitbleche am Rand fehle wie schon bei der letzten Version 2018. Dazu wurden die Pylonen überarbeitet. Sie gehen nach wie vor in eine Schaufel über, die sich unter der Nase spannt, verfügen nun aber über eine Öffnung. Unklar ist, ob die Luft unter das Chassis geleitet wird oder den S-Schacht befüllt.

McLaren baut Mercedes-Aufhängung und Red Bull Seitenkasten nach

Auch die Vorderachse ist neu. Die oberen Querlenker sind nun wie bei Mercedes über einen Hebel mit dem Radträger verbunden. Dadurch können sie höher angebracht werden. Allerdings fällt auf, dass die unteren Querlenker verhältnismäßig tief sitzen. Der Abstand zwischen oberem und unterem Querlenker ist recht groß.

Die Bargeboards sind an Komplexität kaum zu überbieten. Der Anblick von vorne ist spektakulär. Die prinzipielle Philosophie bleibt. Aufgrund des neuen Reglements sitzen die Leitbleche aber 150 Millimeter tiefer. Das Chassis wurde an dieser Stelle gestreckt, der Bereich hinter der Vorderachse ist länger. Dadurch können die Aerodynamiker mehr Leitblech anbringen und den Luftstrom besser glätten.

McLaren baute die Seitenkästen gravierend um, Foto: McLaren
McLaren baute die Seitenkästen gravierend um, Foto: McLaren

Spannend wird es an den Seitenkästen. Ab hier haben die Ingenieure keinen Stein mehr auf dem anderen gelassen. Das gesamte Kühl-Konzept wurde offenbar geändert. Auch Woking hat sich ein Beispiel an Milton Keynes genommen und den Red Bull Seitenkasten nachgebaut. Die obere Crash-Struktur ist nach unten gewandert, die Öffnung dafür deutlich nach hinten und oben.

Das sieht man den Seitenkästen an, sie haben eine komplett neue Form erhalten. Gleichzeitig wurde auch die Airbox deutlich voluminöser. Bei McLaren wurde offenbar das gesamte Kühlkonzept überarbeitet - denn auch die Motorabdeckung ist komplett neu. Size Zero scheint der Vergangenheit anzugehören.

Die neue Motorabdeckung (oben) fällt später und rundlicher ab, Foto: McLaren
Die neue Motorabdeckung (oben) fällt später und rundlicher ab, Foto: McLaren

Blickt man Seitlich auf die Motorabdeckung, ist ein Unterschied wie Tag und Nacht zu erkennen. Nicht nur, dass die Finne fast komplett fehlt: Die neue Motorabdeckung fällt deutlich später ab und macht einen Buckel, statt direkt abzufallen.

MCL34 hinten tiefer als sein Vorgänger

Damit noch nicht genug der gravierenden Änderungen: Glaubt man der Launch-Version, steht der McLaren bei weitem nicht mehr so steil im Wind. Die Bodenfreiheit ist hinten deutlich gesunken. Beim CAD-Rendering messen wir lediglich einen Winkel von 1,1 Grad. Beim Vorgänger waren es noch rund 2 Grad.

Im Heck gibt es noch die Standard-Änderung des Jahres 2019: McLaren tauscht die zentrale Heckflügelstrebe gegen zwei Halterungen. Offenbar bringt das beim höheren Heckflügel Vorteile. Interessant: Obwohl der Heckflügel höher ist, verbindet McLaren die Endplatten weiterhin mit dem Unterboden.