Beim Launch-Event in Enstone präsentierte Renault am Dienstag nur den alten Boliden mit neuer Lackierung und neuen Flügeln. Das echte Auto zeigten die Franzosen noch nicht. Aus gutem Grund: Der R.S. 19 hat Verspätung, die Arbeiten, den Boliden zum Teststart fertigzustellen, laufen auf Hochtouren. Doch drei Computer-generierte Renderings zeigte uns Renault schon - genug für einen ersten Motorsport-Magazin.com-Technik-Check.
Bei den Ingenieuren ist die Zuversicht groß. Das Team wuchs in den vergangenen Jahren seit dem werksseitigen Einstieg von Renault enorm. Nicht nur die Mitarbeiterzahl explodierte, auch die Fabrik in Enstone. Neue Maschinen können mit geringeren Toleranzen fertigen, der Windkanal wurde überarbeitet, die Fabrik verfügt nun über einen eigenen Paintshop, so dass Teile deutlich später fertiggestellt werden können, erst kürzlich kam ein neuer Getriebeprüfstand an und die gesamte Fabrik wuchs.
Gleiches gilt auch für die Motorenabteilung in Viry. Motorenchef Remi Taffin darf sich demnächst noch über einen neuen Super-Prüfstand freuen, auf dem Motor, Getriebe, ERS einzeln und zusammen mit dem kompletten Fahrzeugheck getestet werden können. Ausreden gibt es keine mehr.
Frontflügel fällt zur Endplatte ab
Der erste Blick geht bei allen neuen Autos Richtung Frontflügel. Auch wenn hier keine riesen Unterschiede mehr zu erkennen sein werden, so gibt es dennoch interessante Beobachtungen zu machen. Wie beim Haas fallen die Frontflügel-Flaps zur Endplatte hin deutlich flacher aus. Je weiter an der neutralen Y250-Zone, desto steiler stehen sie.
"Das lässt vermuten, dass man versucht, einen Luftstrom/Vortex zu erzeugen, der an der Radaußenseite die turbulente Luft hinter den Rädern nach außen leitet", meint Motorsport-Magazin.com Technik-Experte Jörg Zander.
Auch schön zu erkennen: Die Endplatte ist nicht wie beim Toro Rosso ein gerade Brett, sondern leicht geschwungen. Das Reglement erlaubt hier nur noch einen minimalen Winkel, komplexe Gebilde wie in der Vergangenheit sind verboten.
Versucht Renault zu täuschen?
Interessant ist auch der Blick unter das Chassis. Hier sind eigentlich zahlreiche Leitbleche angebracht, die sogenannten Turning Vanes. Am R.S. 19 fehlen die aber gänzlich. Dadurch wirkt die Nase etwas schlanker.
Oder versuchen die Ingenieure hier etwa, uns hinters Licht zu führen? Blickt man genau auf das Rendering, kann man hinter dem Vorderreifen einen kleinen Fetzen sehen. Hier scheint im Photoshop etwas unsauber gearbeitet worden zu sein. Möglicherweise wurden die Turning Vanes nachträglich wegretuschiert, um noch nicht zu viele Details zu verraten.
Weiter hinten gibt es schon recht detaillierte Bargeboards zu sehen - ungewöhnlich für Launch-Bilder. Bei der Philosophie bliebt sich Renault treu. Die Leitbleche wurden Reglement-bedingt etwas zurechtgestutzt. Auch die Seitenkastenflügel sind Weiterentwicklungen des Vorjahres. Aerocat, wie das vertikale Leitblech aufgrund seiner Form genannt wurde, hat dadurch seine Katzen-Silhouette etwas verloren.
Renault baut Seitenkästen rigoros um
Die größte Änderung ist aber an den Seitenkästen zu sehen. Auch Renault hat die oberen seitlichen Crash-Strukturen nach unten gezogen. Bildeten sie 2018 noch die Oberseite des Lufteinlasses, sind sie am R.S. 19 die Unterkante der Seitenkastenöffnung. Dadurch sitzt die ganze Öffnung viel weiter oben, die Seitenkästen können unten viel stärker eingezogen werden.
Weil an der Oberseite des Seitenkastens ein langes Leitblech aus dem Chassis wächst, sieht die Lösung dem Doppeldecker-Seitenkasten des letztjährigen Red Bull sehr ähnlich. Das dürfte nicht ganz zufällig so sein.
Gewachsen ist der Renault kaum. In der Seitenansicht sieht er hinter den Seitenkasteneinlässen seinem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich. Die Airbox ist quasi identisch, die Motorabdeckung ebenfalls. Das überrascht etwas, hat die Motorenabteilung doch gravierendere Änderungen an der Power Unit versprochen.
Renault überarbeitet Heck radikal
Hinter der Motorabdeckung gibt es aber tatsächlich einige Änderungen: So steh der Heckflügel nun auf zwei Halterungen statt auf einer zentralen. Zwischen den Streben wächst ein kleiner Monkey Seat. Der Auspuff sitzt weiter unten und zielt nicht mehr auf den Heckflügel ab - der auch weiter oben sitzt. Dazu scheint die Hinterachse komplett überarbeitet worden zu sein.
Was in der Seitenansicht extrem auffällt: Wie steil der R.S. 19 steht. Die Bodenfreiheit nimmt von vorne nach hinten stark zu. In der Launch-Spezifikation haben wir einen Winkel von 2,45 Grad gemessen. Am Vorgänger waren es 2,05 Grad.
diese Formel 1 Hintergrund