Mit großen Hoffnungen reiste Red Bull Racing zum Japan GP. In Russland hatte der Formel-1-Rennstall bewusst Motorenstrafen in Kauf genommen, um beim Rennen in Suzuka eine erwartet starke Performance und gute Aussichten nicht zu zerstören. Doch nachdem es zuvor in Sotschi plötzlich erstaunlich gut lief, geht jetzt auf einmal in Japan offenbar deutlich weniger.

Die ersten Trainings in Suzuka jedenfalls entpuppten sich für Max Verstappen und Daniel Ricciardo als Reinfall. Etwas mehr als eine Sekunde fehlte dem schnelleren Red Bull von Verstappen auf die Bestzeit von Lewis Hamilton, bei Ricciardo waren es sogar 1,3 Sekunden. Der Ort für die Motorenstrafen scheint somit so ziemlich falsch gewählt worden zu sein - auch wenn diese mögliche Fehleinschätzung bei Red Bull so natürlich niemand bestätigt.

Max Verstappen: Red Bull in Japan wie Rallycross!

Obwohl Verstappen noch der schnellere Bulle im Stall war, schimpfte insbesondere der Niederländer. Schon am Boxenfunk ging es richtig zur Sache. "OK, Max, mögliche Probleme in 7, 13, 14", hieß es da vom Kommandostand. "Ja, ich kann dir sagen, dass es nicht nur mögliche Probleme sind", gab Verstappen zurück. "Können wir bitte das Auto checken? Es ist wie Rallycross, ich drifte überall!"

Nach der Session ging es munter weiter. "Das war einer meiner schlimmsten Tage der Saison wenn es ums Gefühl im Auto geht. Ich hatte keinen Grip und auf dieser Strecke braucht man Selbstvertrauen, um in den Kurven zu attackieren. Aber heute gab es keine einzige Runde , in der ich mich im Auto wohlfühlte", poltert Verstappen.

Verstappen: Nicht eine gute Runde, nur gerutscht

"Ich bin einfach in alle Richtungen gerutscht. Ich bin auf eine Runde überhaupt nicht zufrieden, wir müssen uns das anschauen. Vertrauen ist hier sehr wichtig, besonders im ersten Sektor. Aber ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass Auto heute auch nur für einen einzigen Moment unter mir zu haben. Ich habe keine Runde genossen." Auch diverse Anpassungen am Frontflügel während der Session brachten keine Besserung.

Den Ärger Verstappens kann Motorsportberater Dr. Helmut Marko nur verstehen. "Er schimpft die ganze Zeit wie ein Rohrspatz. Wir haben ähnliche Probleme bei beiden Autos, die Balance passt einfach nicht. Der Frontflügel hat nicht die gewünschte Reaktion gebracht. Da haben wir bis morgen noch viel Arbeit vor uns, um das auszusortieren", sagt der Grazer im ORF.

Was Red Bull jetzt beheben muss

Was genau gilt es zu ändern? "Wir müssen das Auto insgesamt neutraler machen, um das wechselnde Über- und Untersteuern wegzubekommen und Downforce-Werte zu bekommen, die auf der ganzen Strecke bestehen bleiben", erklärt Marko. "Wir haben noch viel zu tun, ich hatte sowohl Übersteuern als auch Untersteuern und bin mit unserer Pace nicht zufrieden", bestätigt Verstappen. "Wir werden das jetzt anschauen und versuchen, einen Weg zu finden, um es zu lösen."

Weit weniger kritisch äußerte sich Daniel Ricciardo. Das lag jedoch weniger daran, dass der Australier bereits mit Spec-3-Motor fuhr, Verstappen diesen erst am Samstag eingebaut bekommen soll, sondern vielmehr an einem anderen Setup. "Ich war nicht so unzufrieden wie er. Wir hatten einen unterschiedlichen Downforce-Level. Er hat weniger Flügel versucht, ich mehr", berichtet Ricciardo.

Daniel Ricciardo mit anderem Setup zufriedener

"Ich fuhr einen anderen Heckflügel als Daniel [Ricciardo] und damit hatte ich viel Übersteuern, das war nicht nicht gerade schön. Er hat am Heck einfach nicht genug Grip generiert - von der ersten Runde an", bestätigt Verstappen. "Wir haben versucht, es für das zweite Training zu optimieren, aber das ist uns nicht gelungen."

Durch das unterschiedliche Setup mit mehr Abtrieb war Ricciardo naturgemäß eher zufrieden mit dem Longrun. Immerhin rutscht ein Bolide dann weniger, sodass die Reifen nicht so sehr leiden. "Auf eine Runde ist der Unterschied da vielleicht nicht so groß, aber im Longrun scheine ich etwas zufriedener und konstanter zu sein. Für meine Seite gilt, dass wir uns eher auf eine Runde verbessern können und aus dem Longrun vielleicht schon das Maximum geholt haben", fällt Ricciardo dementsprechend sein Urteil.

Verstappen: Ferrari bei Problemlösung in Reichweite, Mercedes zu schnell

Verstappen unterdessen glaubt, dass unter dem Strich der Kompromiss mit weniger Downforce, aber mehr Topspeed sogar besser sein könnte. "Aber bisher fühlt es sich einfach nicht gut an", so der Niederländer. Selbst wenn Red Bull dieses Problem lösen würde, sei ein Angriff auf die Spitze in Suzuka aber nicht drin. "Nicht aus Mercedes, sie sind viel zu schnell für uns. Aber hoffentlich können wir uns Ferrari etwas näher kommen", so Verstappen.

Genauso sieht es Marko. "Ich glaube wir sind derzeit nicht auf Augenhöhe mit Ferrari. Wir müssen das Fahrwerk aussortieren. Und Max bekommt morgen die C-Spec. Damit sollten noch ein paar Zehntel drin sein. Wenn dann alles glatt geht, können wir auf ein Level mit Ferrari kommen", sagt der Motorsportberater der Bullen.