Der Russland GP ist eine hundertprozentige Mercedes-Nummer. Alle Grands Prix der Geschichte auf russischen Boden haben die Silberpfeile gewonnen. Nicht nur die seit 2014 vier Ausgaben der modernen Formel 1, die erst zweimal Lewis Hamilton, dann je einmal Nico Rosberg und Valtteri Bottas gewannen. Sondern auch die 1913er und 1914er Ausgaben des Grands Prix von Sankt Petersburg. In grauer Vorzeit vor der modernen F1 und Daimler-Fusion siegte dort ebenfalls jeweils Benz, erst mit Georgy Suvorin, dann Willy Scholl für deren jeweilige Kaiserreiche (lang ist's her ...).

Genau auf diesem, russischem Boden muss nun jedoch Sebastian Vettel im Ferrari ausgerechnet fast schon zwingend gewinnen, will er seine Chancen auf den WM-Titel in der Formel 1 2018 noch intakt halten. Komplett zwingend sogar, um die Meisterschaft weiter noch aus eigener Kraft an der Spitze abschließen zu können - zumindest wenn Hamilton ihm in Sotschi direkt im Nacken sitzt.

Sotschi-Hoffnung für Vettel: Formel 1 2018 unberechbar

Eine unmögliche Aufgabe? Nicht unbedingt. Wenn die Formel-1-Saison 2018 nämlich eines gelehrt hat, dann, dass Statistiken, auch die der jüngeren Vergangenheit, in diesem WM-Kampf zwischen Ferrari und Mercedes so gut wie nichts mehr zählen. Alte Stärken verwandeln sich in Schwächen, Schwächen in Stärken. Es regiert Unvorhersehbarkeit, wer wo die entscheidende Nasenspitze vorne liegt.

"In dieser Saison gibt es keine einfachen Siege. Wir müssen um jedes Quäntchen Performance hart kämpfen, um die Chance zu haben, um Siege mitzufahren", mahnt daher Toto Wolff selbst vor der einer so ausgesprochenen Mercedes-Leibstrecke wie dem Sochi Autodrom. "Wir haben eine gute Bilanz in Sotschi, aber wir wissen, dass Ferrari und Red Bull alles geben werden, um unsere Siegesserie zu durchbrechen."

Mercedes' Toto Wolff: Kein naiver Optimismus in Russland

Der Mercedes-Teamchef weiter: "Deshalb müssen wir härter denn je kämpfen, um sicherzustellen, dass wir so viele Punkte wie möglich einfahren können. In unserem Team gibt es mit Blick auf unsere Situation keinen naiven Optimismus." Doch den gibt es auch im Lager der Konkurrenz nicht. Zumindest nicht die Naivität. Optimismus herrscht durchaus bei Ferrari - trotz einer selbst für die Verhältnisse der Scuderia schon unfassbaren Fehler- und Pleitenserie in den vergangenen Rennen, sowohl auf Seiten des Fahrers als auch Teams.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Russland GP (07:11 Min.)

"Russland wurde für uns über die vergangenen Jahre immer besser. Es sollte unserem Auto gut liegen", hofft Vettel selbst. "Wir müssen keine Strecke fürchten." Teamkollege Kimi Räikkönen schließt sich an: "Es sollte schon in Ordnung sein." Fraglich nur, ob bei Ferrari in Russland auch ein Punkt endlich in Ordnung ist, der Räikkönen direkt betrifft: Haben alle Beteiligten bei Ferrari verstanden, dass gegen Mercedes, Hamilton und dessen 'Wingman' Valtteri Bottas jetzt nur noch ganz klare Verhältnisse helfen? Dass Räikkönen nur noch für Vettel fährt?

Hamilton-Hilfe? Sochi-Guru Bottas braucht eigenen Sieg fürs Ego

Bisher ein ganz heikles Thema. Mercedes managte es weitaus besser. In Russland jedoch könnten ausgerechnet die Silberpfeile hier nun selbst ein Problem bekommen. Denn Russland ist nicht nur Mercedes-Mekka, sondern auch Bottas-Bude. Auf keiner anderen Strecke kommt der Finne so gut zurecht wie auf dem Sochi Autodrom. Das belegt nicht nur sein Sieg im Vorjahr, sondern auch starke Auftritte schon zu Williams-Zeiten.

Und: Ein Sieg fehlt Bottas 2018 noch immer. Der Finne braucht diesen allein schon für sein Ego dringend. "Es war im vergangenen Jahr ein gutes Rennen für mich - war es immer -, sodass ich hoffentlich ein starkes Rennen haben kann", sagt Bottas. Würde er im Zweifel selbst in dieser Situation einen Sieg an Hamilton abtreten?

Red Bull Racing sogar ohne Außenseiterchance?

Kaum eine Rolle spielen dürfte in Russland unterdessen Red Bull Racing. Dafür gibt es gleich zwei bedeutende Gründe. Erstens ist Sotschi für Red Bull das genaue Gegenteil wie für Mercedes: absolute Angststrecke. Besser als Fünfter war das Team in vier Jahren noch nicht. Williams und Force India weisen bessere Statistiken auf.

Zweitens plant Red Bull einen Wechsel zurück auf die zweite Ausbaustufe von Renault. Spec-3 hatte in Singapur zu große Probleme bereitet. Damit drohen Daniel Ricciardo und Max Verstappen Strafversetzungen, sollten sie nicht auf alte Bauteile aus ihrem Pool zurückgreifen. Doch das gilt als unwahrscheinlich, dürfte Red Bull sich in Russland sehr viel lieber einen frischen Satz an Komponenten verschaffen, um später in der Saison auf aussichtsreicherem Geläuf zu profitieren.

Im Mittelfeld unterdessen spricht trotz eines neuerlichen Unterboden-Updates wegen der Streckencharakteristik viel für ein schwieriges Wochenende für Renault. Den Boliden von Haas und Force India kommt das extrem schnelle Sochi Autodrom sehr viel mehr entgegen. Aus diesem Grund ist auch mit Sauber zu rechnen, weniger mit McLaren und Toro Rosso.

Formel 1 Russland 2018: Reifenwahl

In Sachen Reifen zeigt sich in Russland einmal mehr das gewohnte Bild der vergangenen Rennen. Ferrari wählte unter den Top-Teams aggressiver als Mercedes. Ganz so krass wie in Singapur fallen die Unterschiede dieses Mal nicht aus. Dennoch verfügt Räikkönen über einen Satz Hypersoft mehr als die Mercedes-Fahrer, Vettel sogar über zwei mehr.

Die Nominierungen sind unterdessen ident mit jenen zuletzt in Singapur. Wieder wird der Supersoft übersprungen, sodass neben dem genannten Hypersoft erneut Ultrasoft und Soft zur Verfügung stehen. Hintergrund: In Sotschi ist der Asphalt extrem glatt und entsprechend schonend zu den Reifen. Etwas anderes als eine Einstoppstrategie war beim Russland GP nicht nie von Erfolg gekrönt. Wie die einzelnen Fahrer und Teams gewählt haben entnehmen Sie im Detail folgendem Artikel:

Formel 1 Russland 2018: Wetter

Sotschi ist nicht umsonst ein Urlaubsort und das vielleicht sonnigste Fleckchen Erde im größten Land der Erde. Obwohl das Rennen 2018 nach zwei Jahren im Frühling jetzt wieder im Herbst stattfindet, sagt der Wetterbericht noch immer beste Bedingungen voraus. Für das gesamte Wochenende ist Traumwetter mit mehr als 20 Grad Celsius bei verschwindender Regenwahrscheinlichkeit angesagt. Die aktuelle Prognose für die einzelnen Tage im Detail hier:

Formel 1 Russland 2018: Strecke

Das 5,853 km lange Sochi Autodrom ist nach Spa, Baku und Silverstone die viertlängste Strecke im Saisonkalender und verfügt über zwölf Rechts- sowie sieben Linkskurven. Neben zwei extrem langen, leicht geschwungenen Geraden, an deren Enden sich die besten Überholmöglichkeiten befinden, prägen vor allem zahlreiche 90-Grad-Kurven die Strecke am Schwarzen Meer. Besonders hervor sticht aus dieser Monotonie die endlos lange Linkskurve drei, die durch diese Charakteristik an Kurve acht in Istanbul erinnert.

Eingebettet ist der Kurs von Sotschi in den Olympic Park, in dem einige Wettbewerbe der Olympischen Winterspiele 2014 stattfanden. Rund 1,7 Kilometer der Strecke, die unter anderem an den imposanten Arenen für die Eislaufbewerbe vorbeiführt, verlaufen auf öffentlichen Straßen. Alle Streckendaten hier im Detail:

Formel 1 Russland 2018: Zeitplan, TV-Programm, Live-Streams

Die TV-Sender übertragen den Russland GP vollkommen regulär. Irgendwelche Ausnahmen von der Regel für König Fußball, Volksfeste oder Sonstiges gibt es nicht. Spannender ist der Zeitplan. Durch die Zeitverschiebung findet das Rennen in Sotschi zwei Stunden früher statt als die meisten Rennen in der Formel-1-Saison 2018, nämlich um 13.10 Uhr. Auch das Qualifying steigt nicht zur gewohnten Zeit. Alle Details hier im Überblick: