Seit gut anderthalb Jahren wird die Formel 1 nicht mehr von Bernie Ecclestone regiert. Liberty Media kaufte den Zirkus von CVC und setzte als erste Amtshandlung Ecclestone als Geschäftsführer ab. Stattdessen gibt es seither eine klare Führungsstruktur: Chase Carey ist Oberaufseher, Ross Brawn sein Mann für das Sportliche, Sean Bratches für das Marketing.
Marketing war ein Fremdwort für Ecclestone. Er glaubte nur an das Produkt. Wenn das Produkt gut ist, braucht es kein Marketing. Entsprechend verschlief die Formel 1 im letzten Jahrzehnt wichtige Distributionsmöglichkeiten.
Seit Liberty am Zepter ist, hat sich einiges verändert. Einiges zum Guten, aber nicht alles. Im Interview mit der Bild am Sonntag holt Marketing-Chef Bratches nun zum Rundumschlag gegen Bernie Ecclestone aus.
Bratches: Übernahmen eine Formel 1 ohne Marketing
" Wir haben ein Geschäft übernommen, das Sponsoren verloren hat. Allianz und UBS sind ausgestiegen, ein Jahr bevor wir angefangen haben", so Bratches. "Es gab damals für einen Sponsor nur die Möglichkeit, seine Bande an der Strecke aufzustellen. Das haben wir erweitert. Aber wir sind erst am Anfang. Wenn Sie jetzt bei mir ein Banner auf der Formel-1-Website schalten wollten, könnte ich Ihnen keins verkaufen. Ernsthaft. Manchmal weiß ich da noch nicht, ob ich da lachen oder weinen soll."
"Es gab kein Geschäft. Keine digitalen Strukturen, keine Marktforschung, nichts", schickt Bratches, der in Deutschland geboren wurde, hinterher. "Es gab keine Strategie, nur Bernie Ecclestone. Eigentlich muss man großen Respekt davor haben, wie er es ohne das alles so weit gebracht hat Aber klar ist auch: Im 21. Jahrhundert hat die Formel 1 überlebt, gewachsen ist sie nicht. Jetzt bauen wir langfristig etwas auf." Und der Amerikaner versprich: "Die besten Tage der Formel 1 werden noch kommen."
Liberty: Unterhaltungs-Marke Formel 1 in Arbeit
Denn laut Bratches haben Ecclestons Versäumnisse seinen eigenen Job leichter gemacht. "Ich sehe es eher als Geschenk an, dass ein weltweit tätiges Unternehmen wie dieses bisher so massiv unter seinen Möglichkeiten geleitet wurde."
Doch ob die Neuerungen allen Fans gefallen? Bislang ging Liberty Media verhältnismäßig behutsam mit Neuerungen um. Um die Expansionspläne umzusetzen und eine noch breitere Massa anzusprechen, wollen die Formel-1-Bosse nichts unversucht lassen.
"Wir arbeiten daran, die Formel 1 von einem Sport mit Autos zu einer Unterhaltungs-Marke zu entwickeln, die den Rennsport in den Mittelpunkt stellt", verspricht Bratches. Für viele Petrolheads klingt das aber eher nach einer Warnung: "Man darf sich da keine falschen Vorstellungen machen: Wir sind jetzt ein Medien- und Unterhaltungs-Konzern."
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