Formel-1-Jubiläum für Sebastian Vettel in Bahrain: Wenn der Ferrari-Pilot heute das F1-Rennen in der Wüste von Sakhir von der Pole Position aus startet - sein Ferrari anders als 2016 an selber Stelle die Einführungsrunde übersteht - wird der GP-Tacho des 30-jährigen Formel-1-Stars auf 200 GP-Starts springen.

Zuletzt hatte es schon in Australien Berichte gegeben, es sei bereits so weit. Doch dort hatte sich manch ein Statistiker von eben jenem Vorfall in Bahrain vor zwei Jahren fehlleiten lassen, als Sebastian Vettel in der Einführungsrunde mit Motorschaden ausgerollt war. Deshalb zählte der damalige Event tatsächlich nicht als Start, sondern nur GP-Teilnahme des Deutschen.

F1-Jubiläum für Vettel selbst ziemlich bedeutungslos

"Ah ja und das zählt dann nicht", erkennt Vettel selbst, in Bahrain auf das Thema angesprochen. Zuvor hatte er sich gewundert, nach Australien schon wieder Glückwünsche zum 200 Start entgegennehmen zu dürfen. "Vielleicht habe ich sie [die 200 Starts] ja zweimal. Wenn wir jetzt auch dasselbe Ergebnis bekommen [wie in Melbourne - Sieg], dann freue ich mich darauf", scherzt Vettel.

Vettel weist eine überragende Podestquote auf, Foto: Sutton
Vettel weist eine überragende Podestquote auf, Foto: Sutton

Sonst sei ihm sein Jubiläum aber weitgehend egal. "Es klingt nach sehr viel", scherzt Vettel. "Ich weiß aber nicht ... Ich denke nicht viel darüber nach, das wievielte Rennen das jetzt ist. Aber wenn man es gesagt bekommt, dann merkt man, wie lang man schon dabei ist. Es spielt aber nicht wirklich eine Rolle. Es fühlt sich hier wie die anderen an", sagt Vettel.

Statistik: Das ist Vettels beeindruckende Formel-1-Bilanz

Die anderen, das sind 199 Rennstarts. Mehr als die Hälfte davon - genau 100 - beendete Vettel auf dem Podium. Fast bei jedem zweiten Besuch auf dem Treppchen (48) war es der Sieg für den Heppenheimer. 33 Mal erzielte Vettel zudem die schnellste Rennrunde und schnappte sich 51 Pole Positions, die von Bahrain 2018 natürlich bereits mitgezählt. Eine Erfolgsbilanz.

In Indianapolis debütierte Sebastian Vettel 2007 mit BMW Sauber, Foto: Sutton
In Indianapolis debütierte Sebastian Vettel 2007 mit BMW Sauber, Foto: Sutton

Schon Vettels erstes Rennen überhaupt legte den Grundstein für diese Erfolgsstory in der Formel 1. Bei seinem Debüt im BMW-Sauber beim USA GP 2007 erzielte der damals 19 Jahre junge 'Lausbub' an jenem 17. Juni in Indianapolis als Achter sofort seinen ersten WM-Punkt.

Sebastian Vettels Erinnerungen an sein erstes F1-Rennen

"Die ganze Sache kam für mich als große Überraschung. Ich hatte nicht viel Zeit, um mich vorzubereiten, weil Kubicas Unfall gerade in der Woche davor passiert war. Aber soweit ich mich erinnere war ich bereit und sehr fokussiert. Ich habe versucht, das Maximum aus dem Auto zu holen und war echt happy damit, einen Punkt nach Hause zu bringen. Zum Glück hat mir danach dann Red Bull mit Toro Rosso eine Chance gegeben, in der F1 weiterzumachen", erinnert sich Vettel in einem Special zu seinem Jubiläum im Programmheft des Bahrain GP.

In Monza feierte Sebastian Vettel 2008 einen sensationellen Debütsieg, Foto: GEPA
In Monza feierte Sebastian Vettel 2008 einen sensationellen Debütsieg, Foto: GEPA

Zehn volle F1-Saisons später blickt Vettel zurück auf jede Menge noch viel größerer Erfolge und Highlights. Seine besten Momente? "Ich weiß nicht recht, das ist schwer zu sagen. Ich bin jetzt schon so lange hier ...", tut sich Vettel schwer. "Ich denke aber, man kann die offensichtlichen nehmen: Der erste Sieg ragt heraus", sagt Vettel über seinen Überraschungscoup gleich in seiner ersten vollen Saison mit Toro Rosso im Regen von Monza. Für das Team sollte es bis heute der erste und einzige Sieg in der Formel 1 bleiben.

Vettel: Das sind meine Karriere-Highlights in der Formel 1

"Dann die WM in Abu Dhabi zu gewinnen", ergänzt Vettel mit Blick auf seinen ersten Titel mit Red Bull Racing in einem hoch dramatischen Saisonfinale zwei Jahre später. Zuvor hatte Vettel im Jahr 2009 beim China GP bereits seinen ersten F1-Sieg für Red Bull eingefahren und damit zum zweiten Mal einem Rennstall den ersten Coup in der Königsklasse beschert.

Hier verlor Vettel 2012 fast seinen dritten Titel, Foto: Sutton
Hier verlor Vettel 2012 fast seinen dritten Titel, Foto: Sutton

Nach dem ersten Titel folgte 2011 eine dominante Saison, die zum zweiten Vettel-Titel mit Red Bull führte, eher es 2012 wieder richtig brenzlig zuging. 13 Punkte Vorsprung brachte Vettel mit zum Saisonfinale nach Sao Paulo. Doch gleich in der ersten Runde des Brasilien GP wurde Vettel ausgerechnet von Lokalmatador Bruno Senna umgedreht, während WM-Rivale Alonso an der Spitze Big Points und damit dem Ferrari-Titel entgegen bretterte. Doch Vettel gelang eine Aufholjagd - genug Punkte, um den dritten Titel klar zu machen. WM Nummer vier im Jahr 2013 wurde dann noch dominanter als jene 2011.

Vettel vom Seuchenjahr zum Kindheitstraum mit Ferrari

Es folgte 2014 ein Seuchenjahr in der ersten Hybrid-Saison der F1, Vettel unterlag sogar deutlich seinem neuen Teamkollegen Daniel Ricciardo. Ein Jahr später war Vettel weg von Red Bull, gewechselt zu Ferrari. Ein Kindheitstraum wurde wahr. "Ich wollte immer einen Ferrari fahren, erinnere mich an Ferrari als ich noch ein Kind war. Eines Tages habe ich mit meiner Familie Fiorano besucht, aber ich konnte natürlich nur von hinter dem Zaun sehen, was geschehen ist. Ohne jede Interaktion. Deshalb ist es jetzt die coolste Sache überhaupt, Teil des Teams zu sein", sagt Vettel.

Entsprechend nennt Vettel neben erstem Sieg und erstem Titel als drittes Karriere-Highlight seinen ersten Triumph für die Scuderia. In Malaysia gewann Vettel 2015 bereits sein zweites Rennen für Ferrari, war damit nur marginal langsamer als vorherige Ferrari-Debütanten. Fernando Alonso und Kimi Räikkönen hatten jeweils gleich ihren ersten Grand Prix für die Scuderia gewonnen. Doch war Vettel damit noch immer schneller als die absolute Legende der Roten, sein eigenes Idol Michael Schumacher.

Vettel: Lieber neue Erinnerungen kreieren

Insgesamt sei es für Vettel aber schwer, nur diese drei Highlights herauszupicken. "Generell bin ich in der glücklichen Lage, aus vielen guten Erinnerungen auswählen zu dürfen", sagt Vettel dankbar. Insgesamt ist Vettel jedoch eines viel wichtiger: die Zukunft und immer der nächste Sieg. "Ich denke, dass du wie bei allen Dingen im Leben eher nach vorne schaust und immer versuchst, neue Erinnerungen zu kreieren", sagt Vettel. "Das ist mit das Wichtigste."

Formel 1 Bahrain 2018: Vettel-Sieg Nr. 2?: (04:17 Min.)

Zu weit nach vorne dürfe man allerdings auch nicht schauen. Liebe solle man im Hier und Jetzt leben. "Ich denke, dass das Wichtigste ist, dass du liebst, was du tust und nie zu weit nach vorne siehst", korrigiert sich Vettel selbst. Geliebt hat Vettel in seiner Karriere im eines: Lustige Namen. Dass der F1-Pilot aus Heppenheim seinen Autos Frauennamen gibt, ist längst zum Markenzeichen Vettels geworden, fast so bekannt wie seine Rituale rund um Glücksmünzen und die richtige Seite zum Einsteigen ins Auto. Jedes Jahr von Neuem ist es für Journalisten ein großer Wettbewerb, Vettel den neuen Spitznamen für seine "Partnerin" als Erster zu entlocken.

Sebastian Vettel: Der Rhetoriker der Formel 1

Doch wieso verleiht Vettel seinen Boliden diese erst wilden (Kinky Kylie, Luscious Liz, Randy Mandy & Co. bei Red Bull), dann wohlklingenden Namen (Loria, Eva, Margherita & Co. bei Ferrari) überhaupt? "Das mit den Namen ist einfach, um ein bisschen Bezug zum Auto zu haben und einfach auch der Witz dabei", erklärt Vettel. Doch welche war seine liebste alle 'Frauenaffären' (keine Sorge Hanna [Prater, Vettels langjährige Freundin], es sind ja nur Autos ...)? "Kommt darauf an, es gab Höhen und Tiefen", geht Vettel in einer Medienrunde in Bahrain auf das gewählte Bild eines Kollegen ein.

Rhetorisch hat er was drauf dieser Sebastian Vettel. Sowieso, keine Frage. Verglichen mit so manchem (Motor)Sportler hat der Deutsche nicht nur im Gasfuß ordentlich was auf dem Kasten. Das freut die Medien: Kaum ein Interview von Vettel ohne eine knackige Aussage oder passende Metapher. Aber zurück zu den Frauen. "Ich denke diejenigen aus den Jahren, in denen wir sehr stark waren, waren sehr gut. In denen wir die WM gewonnen haben", sagt Vettel. "Aber generell schaue ich lieber nach vorne und hoffe, dass die nächste die Bessere wird", ergänzt er.

Sebastian Vettel und der Traum vom WM-Titel mit Ferrari

Das muss Vettel auch, denn noch immer ist seine Karriere unvollendet: Das Sahnehäubchen - ein WM-Titel mit Ferrari - fehlt dem viermaligen Weltmeister noch immer. 2018 rüstet Vettel zum vierten Anlauf. Langsam soll es dann doch einmal klappen, auch wenn Vettel 2019 noch immer reichen würde, um wenigstens genauso schnell gewesen zu sein wie Michael Schumacher. Schumi hatte im Jahr 2000 im fünften Anlauf seinen ersten Titel mit der Scuderia erzielt - allerdings kam Ferrari damals auch von noch deutlich weiter hinten als vor der Ära Vettel, in der sein Vorgänger Fernando Alonso mehrfach nur knapp am Championat gescheitert war - an Vettel selbst.

Dennoch: Insbesondere in Italien werden teilweise immer wieder mal leichte Unkenrufe der Ungeduldigen laut. Vettel interessiert das alles nicht. Mehr Druck als er selbst sich macht kann Vettel auch die aufgeregte italienische Presse nicht machen. "Ich habe höhere Erwartungen an mich selbst als jeder andere. Letztlich bin ich mein eigener Richter und schere mich nicht groß darum, was die Leute denken", sagt Vettel.

Vettel noch immer vor jedem F1-Start nervös

Der Ferrari-Pilot steht also noch immer voll unter Strom. "Nach ein paar Jahren lernst du mit der Aufregung und Anspannung vor einem Rennen umzugehen, aber eine gesunde Anspannung ist Teil des Sports und Wettbewerbs und auch der Grund, warum ich es hier so mag", erzählt Vettel von noch immer flauen Gefühlen vor jedem Rennstart. "Also ja, ich werde noch immer nervös und bin aufgeregt."

Mit Ferrari will Vettel noch viele neue tolle Erinnerungen kreieren, Foto: Sutton
Mit Ferrari will Vettel noch viele neue tolle Erinnerungen kreieren, Foto: Sutton

Doch nicht nur unter Strom steht Vettel, sondern auch voll im Saft. 30 Lebensjahre, davon ein Drittel in der Formel 1 machen sich kein Stück bemerkbar. "Für mich ist es so: Wenn du schnell genug bist, bist du alt genug. Und du bist nicht zu alt solange du schnell genug bist", sagt Vettel. Da ist er wieder der Rhetoriker.