Die Formel-1-Testfahrten in Barcelona lieferten auch 2018 wieder einige Überraschungen. Dazu gehörten vor allem McLaren, das auch mit Power Units von Renault statt Honda von einem Defekt in den nächsten raste, und Toro Rosso, das 'trotz' Honda sowohl bei Zuverlässigkeit und Speed bemerkenswerte Resultate ablieferte. Doch es gab noch eine dritte Überraschung: Haas F1.

Formel 1 2018: Analyse der F1-Testfahrten in Barcelona (18:14 Min.)

Der US-Rennstall zeigte bei seiner dritten Formel-1-Saisonvorbereitung der Teamgeschichte ebenfalls groß auf. Erstaunlich weit vorne tauchten Romain Grosjean und Kevin Magnussen immer wieder in den Zeitentableaus auf, teilweise auf einem Niveau, wenn nicht sogar knapp vor Renault, die für zahlreiche Beobachter, Insider und Experten bereits als recht klare Nummer vier im Grid gehandelt werden.

Magnussen im Short- und Longrun gut dabei

So erzielte Magnussen im neuen Haas VF-18 die sechstschnellste Zeit im kombinierten Ergebnis der gesamten Formel-1-Testfahrten 2018. Anders als alle fünf vor im platzierten Piloten fuhr der Däne dabei allerdings nur den Supersoft, zwei Mischungen härter also als die Top-5, alle auf Hypersoft unterwegs. Zieht man diesen Nachteil ab, ist das fast Augenhöhe mit der Spitze. Damit nicht genug. Noch dazu lieferte der Däne die sechstschnellste Rennsimulation aller Versuche.

Das alles ist, wie immer bei Testfahrten, angesichts unbekannter Spritmengen, abweichender Motoreinstellungen und unterschiedlicher Streckenbedingungen jedoch mit großer Vorsicht zu genießen. Zum Titelanwärter dürfte Haas F1 nun doch nicht urplötzlich geworden sein. Doch scheint der US-Rennstall im Mittelfeld der F1 2018 durchaus mehr als nur ein kleines Wörtchen mitsprechen zu können.

Noch dazu zeigten sich immerhin auch die Fahrer während der gesamten Testfahrten extrem angetan von ihrem neuen Boliden. "Es war ein langer Tag, aber es war brillant", jubelte Grosjean etwa am letzten Testtag. 181 Runden spulte der Franzose im Haas ab - mehr als alle anderen an diesem Freitag. "Ich konnte viele Runden fahren, was wir zuvor verpasst hatten bei diesem Test. Toller Job vom Team. Wir haben uns jede Menge Wissen für Melbourne angeeignet", so Grosjean.

Haas erlöst sich und Grosjean von Problemen mit den Bremsen

Die gute Laune des Franzosen kommt nicht von ungefähr. Bereits zuvor hatte sich der in den vergangenen Jahren als 'Bremsenmann' belächelte Grosjean gut gelaunt, ja fast schon erlöst, gezeigt - mit Blick auf genau dieses Thema: Bremsen. Denn: 2018 hat Haas F1 das heikle Thema des Vorjahres offenbar endlich in den Griff bekommen.

"Ende vergangenen Jahres hatten wir da viel zu beschweren. Jetzt haben wir etwas, mit dem ich gut fahren kann. Damit macht es jetzt wieder Spaß", schwärmte Grosjean. Dieses Resultat erzielte Haas mit der Entscheidung, 2018 endlich nur auf einen Zulieferer zu setzen und nicht, wie 2017, zwischen Brembo und Carbon Industries hin und her zu springen.

Haas versteht die Reifen - besser als manch' Gegner

Doch damit nicht genug. Auch das Verständnis der Reifen bereitete Haas 2017 große Schwierigkeiten. Ganz anders mit den neuen, insgesamt weicheren Pirelli für die Formel-1-Saison 2018. Haas kam in Barcelona damit ausgesprochen gut zurecht - mit allen Mischungen. "Wir haben sie zum Arbeiten bekommen", erklärt Haas-Teamchef Günther Steiner.

"Hypersofts werden hier nicht benutzt. Wir haben sie (die Reifen, Anm. d. Red.) aber auf allen Mischungen zum Arbeiten bekommen während auf dem Ultrasoft alle dasselbe Problem hatten. Niemand wurde vom Supersoft zum Ultrasoft wirklich schneller. Wir haben jetzt aber mit den Ultrasofts gearbeitet und etwas mehr verstanden", ergänzt Steiner.

Damit gibt sich Haas durchaus zufrieden mit Blick auf die gesamte Auswahl an Reifen. Von Seiten der Konkurrenz hört man da schon deutlich mehr Klagen. "Wir haben noch immer Schwierigkeiten mit Blasenbildung auf den weicheren Mischungen", berichtet Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas.

Formel-1-Autos 2018 im Technik-Check: Haas VF-18 (02:04 Min.)

Auch Williams-Technikchef Paddy Lowe sieht hier noch viel Nachhol- und Lernbedarf bei seinem Team. "Wir konnten uns mit dem Supersoft oder Ultrasoft nicht verbessern. Das ist etwas, das wir jetzt ganz klar verstehen müssen", hadert Lowe bei genau dem Punkt, den Steiner adressiert.

Teamchef-Steiner: Echte Haas-Updates kommen erst noch

Doch ist auch bei Haas nicht alles Gold, was glänzt. Vor allem in den ersten Testtagen kämpfte das Team mit Zuverlässigkeitsproblemen, auch an Teilen des Bodywork. Hier und da löste sich der VF-18 auf. Noch dazu wirkt der Haas noch sehr clean, aufgeräumt. "Wir hatten noch nicht viele Updates", bestätigt Steiner. Ein Fortschritt werde aber automatisch gelingen - schon allein durch das Ausräumen der Probleme. "Denn aktuell sind wir da etwas beeinträchtigt gewesen", so Steiner über die bei Testfahrten oft noch dünn gesäte Decke an Ersatzteilen.

Das werde bis Australien behoben sein. "Und dann werden wir noch ein paar Teile anbauen, die wir schon vorher geplant hatten", versichert der Teamchef. Haas ist trotz der schon starken ersten Vorstellung also ganz offensichtlich noch längst nicht fertig.