Williams überrascht am späten Donnerstagabend die besonders aufmerksamen Leser der Pressemitteilungen des Formel-1-Traditionsteams: Nach den Aussagen der Fahrer zum vorletzten F1-Test folgt die kurze Fußnote, beim folgenden Testfinale werde erst Sergey Sirotkin fahren, danach Lance Stroll. Ursprünglich war für eine der Sessions am Freitag aber Entwicklungsfahrer Robert Kubica vorgesehen gewesen.

Warum der plötzliche Wechsel? Teamchefin Claire Williams bezieht am Freitag als erste Position. "Es war Roberts Vorschlag. Er sollte eigentlich heute Morgen fahren, aber im Lauf der sieben Tage hier haben die Stammfahrer aus verschiedenen Gründen - Wetter und unseren eigenen Entscheidungen - nicht die Chance gehabt, so viel Zeit auf der Strecke zu haben, wie wir es bis Australien gerne hätten", erklärt die Britin, warum Milliardärsspross Stroll nun doch noch letzte Testkilometer sammeln darf.

Bat das Stroll-Lager um mehr Zeit im Williams?

Ein reiner Akt der Selbstlosigkeit des Polen also? Oder steckte doch etwas anderes dahinter? Womöglich eine Initiative des Stroll-Lagers rund um Vater Lawrence? Williams winkt ab. "Jeder weiß, dass Robert ein unglaublich bedachter Rennfahrer ist. Er weiß, dass es für das Team wichtig ist, dass die Einsatzfahrer die maximal mögliche Zeit auf der Strecke verbringen. Deshalb war es gestern sein sehr großzügiges Angebot. Es war nicht das Team. Das Team hat ihn nicht gefragt. Es war nicht Lance. Er hat nicht gefragt. Es war Robert - und wir haben das akzeptiert, denn es wird uns sowieso helfen, sie heute beide im Auto zu haben", so die Williams-Chefin.

Fahrerpaarung: Bankrotterklärung für Williams Formel-1-Team? (20:48 Min.)

Dass Lance Stroll nach diesen Aussagen selbst nicht nachgefragt haben soll, begründet Williams zudem an anderer Stelle mit einem Charakterzug des jungen Kanadiers. "Lawren... äh .. Lance ist trotz seines jungen Alters unglaublich selbstsicher", berichtet Williams inklusive kleinen Versprechers, der einige Medienvertreter schmunzeln lässt. Damit wäre ein Anklopfen beim Team nach dem Motto "Ich brauche noch mehr Zeit im Auto" wohl eher unwahrscheinlich. Bleibt jedoch noch immer Strolls Umfeld.

Robert Kubica: Habe ich mein Herz weggegeben oder was?

Gab es auch aus dieser Richtung keine Anfragen an Kubica? Am Nachmittag muss sich der Pole selbst genau dieser Frage stellen. "Ich dachte, dass es fair ist, ihnen mehr Zeit im Auto zu geben - den Stammfahrern für Australien", sagt Kubica zunächst. "Ich musste einen guten Eindruck vom Auto gewinnen, um meinen Job machen zu können und das habe ich gestern. Ich habe es dann einfach so eingeschätzt, dass die Einsatzfahrer dann mehr davon haben. Sie müssen auch die Punkte einfahren, nicht ich", so der Pole.

Das klingt wie bei Chefin Williams ganz klar nach Eigeninitiative. Doch ist das realistisch? Wollen Rennfahrer nicht immer selbst im Auto sitzen? Genau darauf entgegnet Kubica: " Ja, aber ich werde nicht als Rennfahrer bezahlt. In meiner Brieftasche steht kein "Rennfahrer" unter meinem Namen."

Robert Kubica: Habe ich mein Herz weggegeben oder was?

Noch dazu sei es doch völlig irrelevant, wer der Vorschlag unterbreitet habe. Kubica: "Was macht es für einen Unterschied? Es kam von mir. Ich sage, ich habe kein Problem Zeit herzugeben, wenn die Rennfahrer mehr Zeit brauchen. Wie gesagt, ich fahre keine Punkte ein."

Von der ganzen Fragerei gibt sich Kubica irritiert. "Es gibt keinen Grund für mich, Einfluss zu nehmen, ganz einfach. Ich glaube nicht, dass ich etwas Komisches gemacht habe, aber es scheint so, weil alle mich so fragen, als ob ich mein Herz hergegeben habe. Ich sehe das nicht so komisch, aber vielleicht bin ich einfach das nicht mehr gewöhnt", so der Pole über das Haifischbecken Formel 1. Und in dem schwimmt der teure Koi bekanntlich am längsten ….