Selten zuvor war der Begriff Wintertestfahrten für die Pre-Season-Tests der Formel 1 so treffend wie in dieser Woche. Die Kältefront über Europa sorgt dafür, dass der Circuit de Barcelona-Catalunya für Ferrari, Mercedes & Co. kaum befahrbar ist. Die Fahrer beklagen die Sinnlosigkeit der Testfahrten am Gefrierpunkt.

"Das Wort 'Test' ist nicht das richtige für das, was hier heute stattgefunden hat", so Carlos Sainz am Ende des zweiten Testtages in Barcelona. Der Renault-Pilot hatte am Vormittag nach etwa anderthalb Stunden als erstes eine gezeitete Runde absolviert, war ansonsten aber bis zur Mittagszeit wie seine Fahrerkollegen an der Box geblieben oder hatte wenig ergiebige Systemchecks absolviert.

Die Kälte erreichte Spanien schon am Montag, pünktlich zum Auftakt der Testfahrten. Am ersten Tag waren die Temperaturen aber noch annehmbar. Der Asphalt hatte zur besten Zeit bis zu 18 Grad Celsius, womit die Teams bei ihren Runs verlässliche Daten sammeln konnten. Am Dienstagmorgen lag die Außentemperatur aber nur noch bei -2 Grad. Im weiteren Tagesverlauf kletterte das Thermometer kein einziges Mal über 4 Grad.

"Heute war es sehr kalt draußen auf der Strecke. Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor schon einmal bei so niedrigen Temperaturen in der Formel 1 gefahren bin", sagte Mercedes-Pilot Valtteri Bottas, der Temperaturen am Gefrierpunkt als Finne wohl gewohnt ist wie kaum ein anderer Fahrer im Feld.

Mittags erreichte der Asphalt mit 9 Grad für wenige Stunden seinen Höchstwert. "Wir haben in dieser Zeit zwei oder drei ordentliche Runs hinbekommen, aber ich würde sie nicht als repräsentativ bezeichnen. Nichts von all dem heute ist repräsentativ", klagte Sainz, der beim Schneeregen am Nachmittag seinen Augen nicht trauen konnte.

"Du fährst aus der Box und sieht auf einmal den Schnee und die Marshals, welche die gelb-rot-gestreiften Flaggen zeigen, um zu signalisieren, dass es rutschig ist. Das ist etwas, das ich in Barcelona noch nie erlebt habe. Einfach unglaublich. Es ist wirklich sehr großes Pech, die zwei Schneetage die es in Spanien im Winter gibt, bei den Testfahrten zu haben", fügte er ungläubig an.

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Sainz: Testen unter diesen Bedingungen bringt Teams nichts

Sainz hatte schon am Montag unter dem Wetter gelitten. Als er am Nachmittag an der Reihe war, kühlte die Luft bereits stark ab. Dazu kam Regen, durch den sämtliche Streckenzeit für den ihn wertlos wurde. Sein Team entschied daher, ihm am Dienstag einen kompletten Testtag zu gönnen und Teamkollege Nico Hülkenberg, der eigentlich am Nachmittag dran war, frei zu geben.

Für Sainz leider nicht mehr als eine nette Geste, wie er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com erklärte: "Leider sind die Kilometer, die ich heute gesammelt habe, nicht viel wert - auch wenn ich dem Team natürlich dankbar dafür bin, mir den ganzen Tag gegeben zu haben. Ich bin zwar die fehlenden Runden gefahren, aber es war nichts, was mir irgendetwas gebracht hätte."

Für die Piloten, so der 23-Jährige weiter, sei der Test nichts weiter als ein willkommenes Fitnesstraining. "Du sammelst Kilometer für deinen Körper, den Nacken. Denn normalerweise sind die ersten Testtage immer hart für die Fahrer, weil sich der Körper erst wieder an diese Beanspruchung gewöhnen muss." Renault hingegen würde der Test nicht viel bringen.

"Für das Team hat es nicht viel Sinn gemacht. Denn du weißt nicht, ob die Reifen arbeiten oder nicht", fügte Sainz an. Die niedrigen und permanent schwankenden Asphalt-Temperaturen machen es unmöglich, unter konstanten Bedingungen verlässliche Daten zu sammeln. Zwar könne man ein Gefühl für das Auto aufbauen, doch dieses sei sich unter Umständen völlig wertlos.

"Du bekommst eine erste Idee von der Balance, aber du traust ihr nicht. Du weißt nicht, ob es dasselbe sein wird wenn der Asphalt 20 Grad mehr hat", so Sainz. "Einmal fährst du raus, bringst den Reifen auf Temperatur und es ist in Ordnung. Beim nächsten Mal versuchst du es wieder und kannst ihn nicht auf Temperatur bringen, weil die Streckentemperatur gefallen ist."

Sebastian Vettel stimmte seinem spanischen Konkurrenten zu: "Es ist natürlich schwer zu vergleichen, weil es zu kalt ist und der Asphalt komplett neu ist für die Strecke hier. Das macht es unheimlich schwer es mit letzten Jahr und dem letztjährigen Auto zum gleichen Zeitpunkt zu vergleichen."

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Unfallgefahr in Barcelona: Formel-1-Reifen bei Frost ein Risiko

Als wären die fehlenden Vergleichswerte und das damit einhergehende Risiko unbrauchbare Daten zu sammeln nicht genug, kommt auch noch eine erhöhte Unfallgefahr dazu. Denn um überhaupt fahren zu können, müssen die Piloten beim Aufwärmen der Reifen hart rangehen. "Wenn du aus der Box fährst, musst du sofort Vollgas geben um die Reifen auf Temperatur zu bekommen", so Red-Bull-Pilot Max Verstappen.

"Im Moment ist jede meiner Outlaps wie eine Qualifying-Runde. Ich pushe sogar noch mehr als im Zeittraining, denn wenn nicht, bekommst du den Reifen vielleicht nicht ins richtige Fenster", stimmte Sainz zu. Die Tatsache, dass die Fahrer bei diesen Temperaturen derart aggressiv zu Werke gehen müssen, mache den Test gefährlich.

"Es ist sehr schwierig, denn du musst pushen und dabei einen Dreher oder Unfall riskieren. Wir haben heute viele Fahrer mit Drehern gesehen. Es ist ein sehr schmaler Grad dazwischen, zu pushen und den Reifen aufzuwärmen oder zu pushen und sich zu drehen.", so Sainz. Abgeflogen waren, wenn auch ohne schwerwiegende Folgen, waren am Dienstag Leclerc, Vettel und Magnussen.

Formel-1-Teams versuchen Kälte mit weichen Reifen zu kompensieren

"Die Reifen sind einfach nicht für diese Verhältnisse gemacht", konstatierte Bottas. McLaren schickte Stoffel Vandoorne aufgrund der niedrigen Temperaturen auf dem Hypersoft auf die Strecke. Bei Renault verzichtete man auf diese Maßnahme. "Wir haben schon mit der Soft-Mischung kompensiert. Wir wollten in der ersten Woche eigentlich nur den Medium fahren, aber wir sind zum Soft gewechselt, weil er einfacher aufzuwärmen ist", so Sainz.

Valtteri Bottas und Max Verstappen fuhren am Dienstag selbst auf Medium respektable Zeiten. "Du siehst die anderen Fahrer auf Medium schnellere Runden fahren, weil dieser Reifen kein Graining bekommt. Er hält ewig, an die 30 Runden. So kannst du mehr Temperatur in den Reifen fahren. Du fährst ihn viele Runden und der Tank wird leer", lautete Sainz' Erklärung. "Aber ist das repräsentativ? Wirst du hier unter normalen Bedingungen 30 oder 40 Runden auf dem Medium fahren? Ich glaube nicht."

Wie es am Mittwoch mit den Testfahrten weitergeht, ist noch unklar. Die Offiziellen werden wie bisher wohl erst einmal das Wetter abwarten. Aufgrund der widrigen Bedingungen steht aber bereits seit Montag im Raum, zwischen den beiden Testwochen einen zusätzlichen Tag zu absolvieren. Sollte das Fahren aufgrund des Wetters, zum Beispiel durch Schnee, an einem der kommenden Tage gar nicht möglich sein, würde die Wahrscheinlichkeit für einen zusätzlichen Tag steigen.