Haas hatte sich bei seinem Formel-1-Debüt 2016 gleich im Mittelfeld etabliert. In der vergangenen Saison gelang dem US-amerikanische Team zwar kein deutlicher Sprung nach vorne, doch die Leistung aus dem Vorjahr konnte das Team bestätigen. Für 2018 hat die Mannschaft rund um Teamchef Günther Steiner noch einmal an einigen wichtigen Stellschrauben gedreht.

"Ich habe meine Zeit hauptsächlich in die Entwicklung der Struktur des Teams investiert", erklärt Steiner im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com. In der Saison 2016 hatte er einen Großteil seiner Zeit damit verbracht, das zweite Cockpit neben Romain Grosjean zu besetzen. Erst beim vorletzten Rennen in Brasilien gab man Kevin Magnussen bekannt.

"Es ist schon immer stressig, eine solche Entscheidung zu treffen. Es sind immer viele Menschen involviert und man muss sich viele Gedanken machen und Zeit investieren, um zu sehen, wie es am besten funktioniert. Deswegen ist es für mich gut, dieses Problem nicht zu haben", so Steiner.

Insgesamt hofft Haas, die Lücke zu den anderen Privatiers wie Force India und Williams mit kontinuierlicher Entwicklung schließen zu können. Den Top-Teams mit einem Ingenieursstreich ein Schnippchen zu schlagen, hält Steiner hingegen für Utopie. "Wir sind nicht mehr in einem Bereich, wo man mit Genialität weiterkommen kann. Es ist alles zu sehr ausgearbeitet."

Eine realistische Zielsetzung für 2018 bedeutet Platz sechs bei den Herstellern. Weiter nach vorne wird es wohl kaum gehen, denn hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull wird bereits fest mit zwei Größen gerechnet. Bei McLaren wird erwartet, dass man dank Renault-Power relativ mühelos am Mittelfeld vorbeizieht und sich der Spitze anschließen kann. Renault dürfte sich mit den Mitteln eines Werksteams ebenfalls vom Verfolgerfeld lösen.

Steiner: Privatiers ohne Chance auf Anschluss an die Spitze

"McLaren sollte zu den Großen aufschließen können. Renault hat jetzt auch 700 Leute...", weiß auch Steiner. "Es ist unmöglich, dass Teams mit 850 Leuten und Teams mit 200 Leuten die gleiche Leistung bringen." Zwar sei es für ein Privat-Team möglich, dieselbe Manpower aufzubringen wie ein Hersteller, doch lohnen würde sich das für eine Truppe wie Haas nicht.

Ferrari, Mercedes & Co. rechtfertigen und amortisieren ihre Investitionen mit dem Absatz ihrer Produkte. Privatiers können diesen Weg nicht gehen. "Sie haben ja nichts davon. Weil man dafür Investitionen braucht, die man nicht zurückbekommt. Ich könnte mehr Mitarbeiter einstellen, aber daraus würde ich nie Einnahmen generieren, weil du nie Sponsoren für 300 Millionen findest. Ein Hersteller macht das, weil er mehr Autos verkauft", so Steiner.

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Ein Umstand, der auch Teamgründer Gene Haas nicht verborgen geblieben sein dürfte. Ist es nicht ernüchternd, keine Aussichten auf den Kampf an der Spitze zu haben? "Ernüchternd würde ich nicht sagen", verneint Steiner, dass dem Werkzeug-Giganten der Spaß an seinem Projekt abhanden gekommen sein könnte.

Um den kleinen Rennställen wieder realistische Erfolgschancen einzuräumen, sieht er aber nur einen realistischen Weg: "Das Level der Werksteams könnten Privatteams erreichen, wenn sie genug Geld hätten. Aber warum sollten sie das tun? Deshalb ist es einfacher, die Hersteller beim Geld einzubremsen, weil es ihnen auch nicht schadet - sie haben dann mehr Geld."

Haas will im Rahmen seiner Möglichkeiten zulegen

Angesichts der herrschenden Umstände will sich Haas darauf konzentrieren, gesund und im Rahmen seiner Möglichkeiten zu wachsen. Letztes Jahr belegte das Team wie schon 2016 in der Konstrukteurs-WM den achten Platz. Den Kampf gegen Renault und Toro Rosso verlor man mit zehn respektive sechs Zählern Rückstand nur knapp. Für den kleinen Privatrennstall durchaus eine achtbare Leistung. Doch um die Konkurrenz zu überholen, muss mehr passieren.

"Alles kann man verbessern. Wir müssen noch viel Erfahrung sammeln. Im ersten Jahr war es einfacher. Da mussten wir nur nichts falsch machen. Um aber besser zu werden, braucht man die Erfahrung und die kleinen Änderungen. Du musst sehen, wo die Struktur besser ist. In welchen Abteilungen man am schlechtesten ist und sich dann dort durch gute Leute und bessere Prozesse verbessern", erklärt Steiner.

In Sachen Performance war Haas 2017 durchaus schon stärker aufgelegt als im Debüt-Jahr. Auffällig war jedoch die fehlende Konstanz des Teams. Auf Wochenenden an denen Grosjean und Magnussen sichere Top-10-Kandidaten waren, folgten andere an denen beide bereits im Q1 auf der Strecke blieben.

"Die Reifen", verweist Steiner auf den Faktor, der dem Team nach wie vor das größte Kopfzerbrechen bereitet. "Diesen Reifen zu verstehen und konstant zum Arbeiten zu bringen, ist nicht möglich. Manchmal bekommt man es ja hin, aber es nicht reproduzierbar. Das Verständnis, es konstant zu schaffen, ist momentan das Wichtigste."

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Steiner: Haas hat bisher alles richtig gemacht

Obwohl Steiner einräumt, das Team intern noch an diversen Stellen optimieren zu müssen, ist er nicht der Ansicht, dass Haas in den ersten beiden Jahren etwas Grundlegendes falsch gemacht hat: "Es klingt zwar vielleicht arrogant, aber etwas Großes würde ich nicht anders machen. Es sind viele kleine Sachen, die man schon früher optimieren würde, wenn man nochmal anfangen dürfte."

Letztendlich belegen die bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen, dass die Basis des Teams funktioniert: "So wie das Konzept aufgebaut wurde, arbeitet das Team gut. Wir haben im ersten Jahr Punkte geholt und auch im zweiten Jahr. Das Konzept funktioniert also. Es sind Kleinigkeiten, die ich aber nicht einmal aufzählen könnte, die erst wieder zum Vorschein kämen, wenn ich es nochmal machen würde. Wir haben einen guten Partner mit Ferrari und Dallara. Daher ist alles gut."