In der Formel-1-Saison 2017 hat sich Red Bull Racing mit der selbstüberzeugten Ansage "(un)lucky for some" für den RB13 noch ein fettes PR-Eigentor geschossen. Als Glücksauto für Max Verstappen und Daniel Ricciardo erwies sich der neue Bullen-Bolide gerade zum Saisonstart nicht. Ganz im Gegenteil. Erst spät kam Red Bull 2017 in Fahrt.

Das Problem: Einmal mehr wurde der neue Red Bull RB13 erst auf den letzten Drücker fertig, es gab ein Problem mit der Korrelation von Windkanal/CFD und dem Verhalten des Boliden auf der echten Rennstrecke. Erst in Spanien begann das Team sein Auto zu verstehen. Der WM-Zug war abgefahren.

Max Verstappen fordert: 2018 muss Red Bull früher dran sein

2018 soll das anders werden. Das forderte Max Verstappen bereits nach seinem Sieg in Malaysia. "Wir müssen einige Abläufe ändern und dürfen das Auto vielleicht nicht so spät bringen. Daran muss das Team wirklich arbeiten", so der Youngster im Oktober. Zu diesem Zeitpunkt war Verstappen auch rundum zufrieden mit dem Auto. Der Red Bull sei ein völlig anderer Bolide als zu Saisonbeginn, das Team habe beeindruckende Fortschritte hingelegt.

"Bis Malaysia war es eine Saison zum Vergessen. Jetzt gibt es wenigstens etwas Positives", sagte Verstappen - und das nach einem Sieg. Das zeigt, was der Niederländer will. Konsequent um Siege, nein am besten gleich den Titel kämpfen. "Ich bin zuversichtlich, dass es im kommenden Jahr von Anfang an besser wird. Wir haben unsere Lektion gelernt. Es geht in die richtige Richtung, wir sollten konkurrenzfähig sein", ergänzte Verstappen hoffnungsvoll.

Formel-1-Statistik: Red Bull fast immer Spätstarter

Eine Hoffnung, die Red Bull nun zu erfüllen sucht. Dafür kommt der Rennstall Max Verstappens Forderung nach, den neuen Boliden früher fertigzustellen. Noch dazu präsentierte man Verstappen langfristige Planungen mit dem Top-Personal und eine Alternative auf Motorenseite.

Aber zurück zum schwierigen Saisonstart der Bullen. Auch Red Bull sei aufgefallen, dass der Rennstall gleich in allen vier vergangenen Jahren schlecht aus den Startlöchern gekommen sei, so Motorsportberater Helmut Marko bei ServusTV. Tatsächlich erzielte Red Bull in allen vier Jahren das Gros seiner WM-Punkte in der zweiten Saisonhälfte. 2014 waren es nach der Pause 59 Prozent, 2015 sogar 66, 2016 deren 58, im vergangenen Jahr 53.

Red Bull bringt Formel-1-Auto 2018 viel früher

"Wir haben diese Newey-Philosophie, so spät wie möglich mit dem Auto fertig zu werden, um noch die letzten Tricks und Kniffs hineinzubauen - das heißt, der erste Test war kein Test, sondern das waren Fahrten, um das Auto überhaupt zuverlässig werden zu lassen", erinnert Marko in der Sendung "Sport und Talk aus dem Hangar-7" an das Konzept von Design-Guru Adrian Newey.

Damit sei es nun vorbei. "Wir haben jetzt alles vorgezogen. Wir werden vor dem ersten Test einen Rollout haben. Wir sind jetzt schon zweieinhalb Wochen gegenüber dem Vorjahr voraus und wir haben einen sehr guten Prüfstand. Sofern der Motor zuverlässig ist kommen wir aussortiert zu dem ersten Rennen, um dieses Manko ausgleichen zu können und von Beginn an vorne mitfahren zu können", berichtet der Grazer.

So ganz auf sich und dem Team von Red Bull sitzen lassen kann Marko die Kritik an den Schlaftabletten-Saisonstarts aber nicht. "Wir haben in 2011 und 2013 schon zwei Jahre gehabt, in denen wir von Beginn an vorne dabei waren", stellt Marko klar.

Ganz besonders mit diesem neuen Ansatz erwartet Marko, Mercedes 2018 mehr denn je herausfordern zu können. Immerhin gehe der Trend ohnehin schon klar in diese Richtung. "Im ersten Jahr mit diesem neuen Motorenreglement haben sie einen unglaublichen Job gemacht. Da sind sie Spazieren gefahren - auch noch mit halber Motorleistung. Aber dieses Jahr war das erste Mal, dass sie verwundbar waren", resümiert Marko.

Marko: Mercedes wird immer verwundbarer

"Wir sind schwach in die Saison gegangen. Bis Barcelona war unser Auto gar nicht Podest-fähig. Aber wir haben uns gut erholt", ergänzt Marko. Tatsächlich: Von den letzten sechs Rennen des Jahres gewann Max Verstappen zwei, holte in dieser Phase mehr WM-Punkte als Weltmeister Lewis Hamilton und Sebastian Vettel.

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Schon 2017 sei allerdings theoretisch noch viel mehr möglich gewesen, wäre da nicht die völlig unzulängliche Zuverlässigkeit der Power Unit von Renault gewesen. "Wir hatten sieben Ausfälle in Serie. Die Zuverlässigkeit war unsere größte Schwäche", erinnert Marko. "Zudem hatte der Max zwei Fehler. Monza war absolut nicht notwendig, genauso Budapest. Da haben wir ansonsten schon ein Auto gehabt, das voll siegfähig war."

Red Bull: Ferrari die Schnellsten, aber zu fehlerhaft

Doch dann ist da noch Ferrari. Auch die Scuderia hat Marko auf der Rechnung. "Sie haben über die Saison sicher das beste Auto gehabt", meint der Österreicher. Doch seien die Schwächen Ferraris offensichtlich. "Sie haben zu viele Fehler gemacht. Taktisch und technisch", so Marko.

Noch dazu sei Sebastian Vettel nicht mehr der Vettel, der er noch bei Red Bull gewesen sei. "Bei uns war seine größte Stärke nach der Sommerpause - da hat er teilweise 60 Punkte Rückstand gehabt und ist mit einer mentalen Stärke zurückgekommen ... Da hat er Siegesserien hingelegt. Aber in Singapur haben ich mir dann zum ersten Mal gedacht, dass das nicht mehr der Fall ist."