105 Tage - so lange musste Sebastian Vettel seit seinem Formel-1-Sieg in Ungarn in diesem Jahr auf den nächsten Erfolg warten. Beim Brasilien GP in Sao Paulo dann endlich die Erleichterung: Vettel setzte sich im Ferrari in einem engen Duell mit Valtteri Bottas durch und holte sich seinen 47. Formel-1-Erfolg.

Den Grundstein legte Vettel am Start: Von Platz zwei gestartet ging er noch vor der ersten Kurve an Pole-Setter Bottas vorbei. "Ich bin gut weggekommen", erzählt Vettel. "Aber dann habe ich etwas zu viel Gas gegeben und hatte Wheelspin. Dann dachte ich schon, dass mein ganzes Momentum dahin sei, aber als ich zu Valtteri rübergeschaut habe, sah ich, dass er noch mehr Probleme hatte."

"Ich konnte auch in der zweiten Hälfte bis Kurve eins Boden auf ihn gutmachen", freut sich Vettel. "Dann bin ich in die Lücke reingefahren und habe ihn überholt." Auf der Innenseite gestartet nutzte der Ferrari-Pilot den Vorteil der Innenbahn in Kurve eins und ließ dem Mercedes-Piloten keine Chance.

Vettel: Brasilien-Start das entscheidende Manöver

"Für uns war das der entscheidende Move", so Vettel. Von da an gab er die Führung nur noch an Lewis Hamilton ab, der allerdings nach seinem Boxenstopp wieder hinter Vettel zurückfiel. Bottas konnte nach der Start-Niederlage keinen Stich mehr setzen. In der Fahrerwertung ist Vettel nun Platz zwei kaum mehr zu nehmen: Vor dem letzten Rennen hat er 22 Punkte Vorsprung auf Bottas.

Obendrauf gibt es noch einen Seitenhieb von Vettel: "Zum Glück hatte Valtteri nicht die Reaktionszeit, die er in Österreich hatte." Beim Österreich GP 2017 startete Bottas ebenfalls neben Vettel von Pole, zog dem Deutschen aber auf der Linie davon.

Vettel beschwerte sich am Funk und auch nach dem Rennen über einen möglichen Frühstart des Finnen, auch TV-Bilder zeigten, dass sich Bottas vor dem Erlöschen der roten Lichter bewegte. Allerdings hatte er Glück, weil die Start-Sensoren eine gewisse Toleranz aufweisen. "Ich bin froh, dass er den nicht zu oft wiederholen kann", schickt Vettel noch mit einem Schmunzeln hinterher.

Bottas bleibt Vettel ganzen Brasilien GP im Nacken

Nach dem Start hatte Vettel mehr zu tun, als ursprünglich gedacht. "Als es endlich vorbei war, war ich ziemlich erleichtert", gesteht Vettel. "Es war ein hartes Rennen, weil ich Valtteri die ganze Zeit im Nacken hatte. Ich wollte eigentlich einen schönen Abstand herausfahren, weil ich dachte, dass wir ein bisschen schneller sind. Aber im Endeffekt hatten wir alle den gleichen Rennspeed.

Die frühe Safety-Car-Phase verschonte Vettel zwar vor einem Angriff in der ersten Runde auf der Start- und Zielgeraden, allerdings hatte der Deutsche dann am Restart zu kämpfen. "Gerade hier ist es schwer, weil das Safety-Car relativ spät die Lichter ausmacht. Viel taktieren war dann nicht mehr möglich, ich habe eine sehr große Lücke aufreißen lassen und dann versucht, zwischen den Gängen zu spielen, um ihn auszutricksen." Vettels Plan ging auf, er zog Bottas am Restart davon. "Das hat besser als erwartet funktioniert, er hatte keine Chance, beim Restart zu attackieren."

Dann gab es nur noch den einzigen Boxenstopp, der Vettel richtig ins Schwitzen brachte. Bottas kam eine Runde früher, versuchte den Undercut. Vettel zog eine Runde später nach und blieb knapp vorne. "Ich wusste nicht, wie eng es wird, hatte aber nicht gedacht, dass es so eng wird. Ich musste es ziemlich fliegen lassen und habe alles gegeben. Die Boxenausfahrt ist ziemlich rutschig, vielleicht ist es die interessanteste Kurve der Strecke, denn es gibt keinen Platz für Fehler - die Leitplanke ist direkt daneben."

Von da an wiederholte sich Runde für Runde das gleiche Bild: Vettel vergrößerte seinen Vorsprung im Mittelsektor, Bottas holte in den restlichen beiden Power-Sektoren auf. Eine echte Chance hatte Bottas aber nie. Im Ziel trennten Vettel und Bottas 2,8 Sekunden. Den von hinten heranstürmenden Hamilton fürchtete Vettel aber nie: "Sein Rückstand war noch ziemlich groß und ich wusste, dass er noch ein paar Autos überholen musste. Ich war mehr auf Valtteri fokussiert."

Vettel: Widme Sieg dem Team

Für Vettel und Ferrari war die Erleichterung nach dem Sieg groß. Nach der Sommerpause konnte die Scuderia keinen einzigen Sieg mehr feiern. Vettel war als Führender in die zweite Saisonhälfte gegangen und reiste schon aus Mexiko als geschlagener Mann ab.

Die Asien-Tour brach Vettel und Ferrari den Nacken. Der Start-Crash in Singapur und zwei technische Defekte ließen Vettel in drei Rennen 56 Punkte auf Hamilton verlieren. "Den Sieg widme ich allen hier an der Strecke und in Maranello. Wir haben hart gearbeitet und es war nicht fair, was wir in den letzten Wochen dafür bekommen haben. Das ist der Lohn für die harte Arbeit. Nachdem wir die letzten Wochen viel auf die Mütze bekommen haben, tut das ganz gut."