McLaren Honda zählte beim Qualifying für den Großen Preis von Belgien 2017 zu den Überraschungen. Mit kompromisslosem Teamwork fuhren Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne auf dem Highspeed-Kurs in den Ardennen ins Q2. Dort war für das Duo dann aber Endstation. Alonso hegte auf seiner letzten fliegenden Runde zwar noch Q3-Ambitionen, doch die Power Unit im Heck seines MCL32 machte ihm abermals einen Strich durch die Rechnung. Laut Honda war der Spanier dafür aber selbst verantwortlich.

"No Power!", schimpfte Alonso in den Schluss-Sekunden des Q2, als er durch Blanchimont fuhr. Im ersten Sektor hatte ihm Teamkollege Vandoorne erfolgreich Windschatten gegeben und auch der Mittelsektor sah vielversprechend aus. Dort ging dem Honda-Aggregat des Spaniers dann allerdings der Saft aus. "Wir haben Segmente festgelegt, in denen der Motor seine Leistung abgibt. Und diese Segmente werden durch die Bedienung des Gaspedals bestimmt", erklärt Honda-Chef Yusuke Hasegawa.

Laut dem Japaner kann der Fahrer mit einem der Motorsteuerung unbekannten Betätigen des Gaspedals einen Fehler herbeiführen. "Manchmal macht der Fahrer eine andere Eingabe und das verwirrt das System. Dann gibt der Motor in einem dafür vorgesehen Segment keine Leistung mehr ab", fügt Hasegawa an. Alonso schaffte dies offenbar, in dem er Pouhon unter Vollast fuhr, während dem System diese Passage eigentlich nur mit einem kurzen Lupfen bekannt war.

Durch Alonsos Vollgas-Fahrt wusste die Motorsteuerung nicht mehr, dass der McLaren Pouhon passiert hatte. Die Power Unit war also auf einem anderen Streckenteil unterwegs, als der Bolide in der Realität. So stand Alonso nicht mehr die vorgesehene Leistungsabgabe zur Verfügung und er brach seine Runde kurzerhand ab. Trotz des neuerlichen Technik-Frusts war Alonsos elfter Platz im Zeittraining für McLaren ein wider Erwarten positives Resultat.

Stoffel Vandoorne stellte sich in Spa in den Dienst von Fernando Alonso, Foto: LAT Images
Stoffel Vandoorne stellte sich in Spa in den Dienst von Fernando Alonso, Foto: LAT Images

Alonso: Starkes Chassis und starkes Teamwork bei McLaren

"Die Performance die wir heute gesehen haben, kam etwas unerwartet für uns", gibt Alonso zu Protokoll. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com stellt er jedoch gleich klar, dass dies nicht der Verdienst von Hondas Spec 3.5 war: "Das Chassis. Es war das Chassis." Das Aus in Q2 könnte er zwar einerseits als Enttäuschung werten, doch viel wichtiger war für ihn der Vergleich zur Spitze.

"Wir waren ziemlich konkurrenzfähig. Zur Bestzeit haben uns teilweise nur anderthalb Sekunden gefehlt. Ich war sehr glücklich mit der Balance. Das Q3 haben wir nur verpasst, da wir ein Problem mit dem Motor hatten. Abgesehen davon war der Tag perfekt", freut sich Alonso, der vor allem vom Teamwork mit Vandoorne profitierte.

Der Belgier geht aufgrund von mehreren Komponenten-Wechseln mit einer Startplatzstrafe von 65 Positionen in den Grand Prix, weshalb er sich im Zeittraining in den Dienst Alonsos stellte und fleißig Windschatten spendete. "Für mich war der Samstag nicht so wichtig, da ich schon vorher wusste, dass ich als Letzter starte. Deshalb war unsere Strategie, beide Autos ins Q2 zu bekommen und Fernando dann zu helfen", so Vandoorne.

Dank des Windschattens war Alonso mit 337,8 km/h auf der Kemmel-Geraden das fünftschnellste Auto im Feld. "Was das angeht, haben wir glaube ich einen sehr guten Job gemacht", fügt der 25-Jährige an. Alonso hat derartige Taktiken bereits in der Vergangenheit genießen dürfen. "Vor ein paar Jahren funktionierte es mit Massa in Monza, und es ging auch mit Fisichella damals bei Renault", so der Spanier.

Der dreimalige Weltmeister war dementsprechend abermals vom Erfolg der Strategie begeistert. "Selbst mit schwierigen Teamkollegen, die eine etwas anstrengendere Persönlichkeit hatten, hat es immer funktioniert. Meine Teams arbeiten immer hart und immer zusammen. Es wird sich immer geholfen. Darauf bin ich sehr stolz, denn bei anderen Teams ist das nicht so", sagt Alonso.

Freie Reifenwahl und Regen als Strategie-Trumpf

Obwohl ohne das Technik-Pech vielleicht sogar ein Startplatz in den Top-10 möglich gewesen wäre, sieht Alonso seine Ausgangslage nicht als Beinbruch. "Platz elf mit neuen Reifen und freier Reifenwahl ist besser, als Neunter oder Zehnter mit einem alten Reifen", so der 36-Jährige. Dass es im Rennen für ihn aus eigener Kraft weiter nach vorne geht, erwartet er allerdings nicht.

"Unsere Rennpace ist wahrscheinlich nicht gut genug für Punkte", sagt Alonso. Vandoorne steht als 20. und Letzter in der Startaufstellung vor einer noch schwierigeren Aufgabe. "Ich denke, es hängt morgen eher davon ab, was vor uns so passiert und wie das Wetter ist. Das wird entscheiden, welche Strategie wir wählen", so Vandoorne.

Alonso musste 2016 nach einem Strafen-Hagel aus der letzten Reihe ins Rennen gehen, fand sich nach chaotischen ersten Runden jedoch schnell hinter der Spitzengruppe wieder: "Das Rennen ist lang und wir sehen immer wieder Überraschungen. Ich war letztes Jahr ganz hinten im Grid und nach ein paar Runden Vierter, als Magnussen den Unfall hatte."

Am Ende belegte Alonso trotz seines Power-Defizits den siebten Platz. Unter den richtigen Voraussetzungen hält er ein weiteres Punkteresultat auch 2017 für möglich. "Wir brauchen Hilfe von den Autos vor uns oder vom Wetter. Wenn wir wieder Punkte holen sollten, wäre es ein weiteres unerwartetes Resultat für uns."

Vandoorne, der im ersten Segment des Zeittrainings zwei Zehntel schneller als Alonso war, glaubt fest daran, diesen auch am Sonntag überflügeln zu können. "Natürlich!", so der Lokalmatador selbstbewusst. Alonso wollte da nicht widersprechen: "Schaut euch das Q1 an! Schaut auf das Q1..."