McLaren Honda: Ist die Horror-Saison noch zu retten?: (12:42 Min.)

Für McLaren sollte die Saison 2017 nicht weniger als der Startschuss in eine neue Ära werden. Ende des vergangenen Jahres wurde mit Ron Dennis der langjährige Strippenzieher vor die Tür gesetzt, mit Zak Brown kam frischer Wind nach Woking. Und sportlich sollte im dritten Jahr der neu-aufgelegten Zusammenarbeit mit Honda endlich ein deutlicher Schritt nach vorne gelingen. Hoffnungen machte man sich auch aufgrund des neuen Aerodynamik-Reglements, denn das Chassis - so der Tenor des Teams - sei stets konkurrenzfähig gewesen.

Rückschritt statt Fortschritt

Mehr als ein halbes Jahr später ist von dieser Euphorie nicht mehr viel übrig. Schon die Testfahrten vor Saisonbeginn ließen nichts Gutes erahnen, regnete es doch weiterhin Probleme. Schnell war klar: Honda produzierte einen Rückschritt. Man entschied sich bei den Japanern für ein grundlegend neues Konzept, da die alte Konfiguration aus dem Vorjahr ihren Entwicklungshorizont erreicht hatte. Doch statt eine Besserung zu erzielen, sah man sich plötzlich wie in einer Zeitschleife gefangen, zurückgespült ins Jahr 2015, als Honda Neueinsteiger war.

Denn während man 2016 zwar immer noch zu langsam war, aber immerhin eine gewisse Zuverlässigkeit an den Tag legen konnte, gab es in dieser Saison wieder einen Motorschaden nach dem anderen. Superstar Fernando Alonso sah überhaupt nur dreimal die Zielflagge. Die Situation war sogar so aussichtslos, dass man den Spanier für den Monaco GP "freistellte" und ihm die Möglichkeit verschaffte, beim legendären Indy 500 teilzunehmen. Beide Seiten bestätigten mehrfach, dass es bei einer aussichtsreicheren WM-Position niemals zu diesem Vorgang gekommen wäre. Ironischerweise schied Alonso auch dort mit Motorschaden aus.

Zur Saisonhalbzeit steht McLaren mit weniger Punkten da, als noch im Vorjahr. Ein Trend in die falsche Richtung, der Trennungsgerüchte zwischen dem Traditionsteam und Honda lauter werden ließ. Im Gespräch beleuchten unsere beiden Redakteure das Thema. Der Druck nahm zu, auch öffentlich befeuerten Zak Brown und Eric Boullier mit teils harschen Äußerungen die Annahme, es könnte bald zu einem Schlussstrich kommen.

"Ich kann nur das sagen: Es ist einfach absolut nicht gut genug", wetterte Boullier nach dem Last-Minute-Ausfall Alonsos in Kanada in Richtung Sakura. Im Paddock kreiste bereits die Nachricht, McLaren könnte noch im Laufe der aktuellen Saison zurück zu Mercedes wechseln. Da scheint aber nichts dran zu sein.

Eric Boullier sparte nicht mit Kritik an Honda, Foto: Sutton
Eric Boullier sparte nicht mit Kritik an Honda, Foto: Sutton

Doch nicht nur an der technischen Front musste McLaren kämpfen. Durch die mauen Ergebnisse ist mehr als unklar, ob Zugpferd Alonso seinen Ende der Saison auslaufenden Vertrag verlängern wird. "Ich bin sehr aufgeschlossen, was meine Zukunft bei McLaren betrifft. Natürlich sprechen wir miteinander, da es nicht nur mein Team ist, sondern wir auch noch zusammen die Formel 1 gewinnen wollen. Wir müssen konkurrenzfähig bleiben und sollten wir das sein, denke ich sicherlich darüber nach zu bleiben und mit McLaren zu gewinnen", sagte Alonso jüngst bei CNN.

Für McLaren, die von den goldenen sportlichen und wirtschaftlichen Zeiten längst weit entfernt sind, wäre es extrem wichtig, Alonso als Gesicht zu behalten. Sonst droht das Team nicht nur die Resultate betreffend im grauen Mittelfeld zu versinken.

Ungarn GP Balsam für die Seele

Zumindest vor der Sommerpause gab es dann doch noch ein erfreuliches Wochenende. Beim Ungarn GP fuhr Alonso mit Platz sechs nicht nur das beste Saisonergebnis ein. Auch Stoffel Vandoorne sammelte mit Platz zehn seinen ersten Punkt 2017. Der Belgier, als großes Talent vor der Saison zum Stammpiloten befördert, sah bis dato kein Land gegen seinen erfahrenen Teamkollegen. Auch gegenüber dem 25-Jährigen gab es erste kritische Stimmen. Doch der Trend war zuletzt positiver, wenngleich ein Missgeschick beim Boxenstopp in Ungarn womöglich eine noch bessere Platzierung kostete.

Mit Blick auf die kommenden Strecken trat man bei McLaren aber noch in Ungarn auf die Euphoriebremse. Denn während der Hungaroring vor allem ein starkes Chassis verlangt, ist bei den kommenden Rennen in Belgien und vor allem in Italien wieder der Motor gefragt. Und auch der Rest der Saison lässt nichts Gutes erahnen. Einzig Singapur könnte noch einmal eine Strecke für McLaren sein. Ansonsten wird man wohl wenig ausrichten können. Es sei denn, Honda gelingt doch noch ein großes Update.