Copse Corner, Maggotts, Becketts, Chapel, Stowe und Abbey. Angesichts dieser Kurvennamen gerät jeder Rennfahrer ins Schwärmen. Es sind die spektakulärsten Kurven des Silverstone Circuits. Durch die neuen F1-Boliden 2017, mit ihren sehr viel höheren Downforce-Werten und deutlich breiteren Reifen gegenüber den Vorjahren, waren die Erwartungen im Vorfeld des GP-Wochenendes in England gewaltig: Neue Rundenrekorde galten nur als Formsache, spektakuläres Feeling im Auto als garantiert. Doch wie es wirklich? Die Bilanz nach den ersten Trainings.

High-Speed-Mekka: So geil ist Silverstone mit den neuen F1-Autos (02:48 Min.)

Silverstone-Streckenrekord schon im Training mehrfach pulverisiert

In Sachen Rundenrekorde waren die Erwartungen schnell mehr als erfüllt: Schon im ersten Training hatte Valtteri Bottas den bisherigen Rundenrekord (1:29,243 aus dem Qualifying 2016) um mehr als eine Zehntelsekunde unterboten - und das nicht einmal mit der weichsten Mischung. Mit dem Supersoft ging es im FP2 dann nochmal deutlich schneller. Erst drückte aber Lewis Hamilton noch mit Soft den Rekord gleich doppelt: erst auf 1:28.780, dann auf 1:28.543. Doch dann kam wieder Bottas - diesmal mit Supersoft: 1:28.496.

Doch es wäre sogar noch mehr möglich gewesen. Hamilton verpatze auf Bestzeit-Kurs seinen Supersoft-Run per Fahrfehler in Chapel. "Zwischen Medium und Soft sind es circa 1,5 Sekunden. Zwischen Soft und Supersoft sollten es mehr oder weniger 0,7 Sekunden sein", kommentiert Pirellis Mario Isola das Delta zwischen den Mischungen. Heißt: Hamilton wäre mit einer sauberen Supersoft-Runde unter 1:28 gekommen. Genau das erwartet Isola im Qualifying - locker: "Wir sind rund eine Sekunde schneller als 2016. Ich erwarte, dass die Rundenzeiten morgen noch schneller werden. Es heißt, dass es noch eine Sekunde schneller wird. Das wäre eine ziemlich gute Pace."

Fahrer feiern Silverstone mit neuen Autos

Ähnlich sieht es Christian Danner im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Die richtig tollen Zeiten kommen natürlich erst mit leeren Tanks und frischen Reifen", sagt Danner. Allerdings sei Silverstone schon vorher top gewesen. Für die Fahrer jedoch fühle es sich sicher richtig klasse an. "Es ist schöner, es ist geiler, es macht garantiert mehr Spaß. Da bin ich mir sicher", sagt Danner.

Und damit liegt der Motorsport-Magazin.com-Experte goldrichtig. Die Fahrer sprühen nach ihren ersten Eindrücken mit den neuen Autos in Silverstone geradezu über vor Begeisterung. "Die Strecke ist absolut unglaublich mit diesen neuen Autos. Es war ohnehin schon eine der besten Strecken der Welt, aber mit diesem Auto und diesen Geschwindigkeiten, die wir nun durch die Kurven mitnehmen können, ist es einfach phänomenal. Es ist die beste Achterbahnfahrt überhaupt", schwärmt Hamilton.

"Gerade die schnellen Kurven hier sind etwas besonderes und die Autos sind schneller als sie es in den vergangenen Jahren waren. Es macht Spaß", sagt Sebastian Vettel. "Die diesjährigen Autos haben sich durch die Kurven schneller angefühlt und es hat mehr Spaß gemacht, da durchzufahren. Ich wusste, dass es anders werden würde. Aber schön zu sehen", bestätigt Max Verstappen. "Es war großartig diese Autos hier zu fahren und hat unsere Erwartungen voll erfüllt, ganz besonders in den Highspeed-Abschnitten", ergänzt Haas-Pilot Kevin Magnussen.

Auch Rookie Lance Stroll, der den Vergleich durch sein umfangreiches Williams-Vorbereitungsprogramm mit alten Boliden ebenso ziehen kann, zeigt sich begeistert. "Der Grip war hoch. Es hat auf dieser Strecke echt Spaß gemacht, das Auto zu bewegen", sagt Stroll. Williams-Vorgänger Bottas ergänzt: "Ich bin von den neuen Autos auf dieser Strecke mit ihren High-Speed-Kurven beeindruckt. Sie sind viel schneller als bisher. Das gefällt mir richtig gut und ich hatte viel Spaß. Entsprechend freue ich mich schon auf morgen."

Silverstone härter denn je?

"Es ist richtig cool, die schnellen Kurven sind sowas von schnell. Das macht richtig Spaß", bestätigt auch Saubers Pascal Wehrlein im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com. Doch bringt all der Spaß nicht auch mehr Herausforderung? Etwa durch höhere G-Kräfte? Oder durch Reaktionsprobleme bei Vollgas-Passagen ohne Ende? "Nein", winkt Danner im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com ab. "Limit ist Limit. Ob die Jungs zwei Sekunden schneller oder langsamer fahren, das kriegen sie immer auf die Reihe."

Die G-Kräfte jedoch würden durchaus eine Rolle spielen. "Die körperliche Belastung ist schon groß. Wenn du Copse voll fährst, ist das schon speziell. Ich bin die Kurve auch früher voll gefahren, aber in einem Formel 2. Das war ein leichteres und langsameres Auto - aber mit Vollgas da durchzufahren, war etwas Besonderes", erinnert sich Danner. Doch geht Copse überhaupt voll? Bei Wehrlein jedenfalls nicht, so der Deutsche. Dennoch sei es für Sauber die beste Kurve. "Denn die ist so schnell jetzt. Das ist schon ganz cool", sagt Wehrlein zu Motorsport-Magazin.com.

Anders bei Red Bull. Daniel Ricciardo knallte den RB13 mit Volldampf um Kurve neun. "Copse ging voll, das hat echt Spaß gemacht", sagt der Australier. "Es ist generell ein guter Kurs - so viel Highspeed. Ich genieße es." Auch Hülkenberg scheint Copse voll genommen zu haben. "Das Auto ist verdammt schnell in den Kurven. Copse, Maggotts, Becketts, da ist es überall unglaublich schnell", sagt der Renault-Pilot.

"Und es wirken hohe Kräfte auf den Körper. Es wird ein hartes Rennen für uns", ergänzt Hülkenberg mit Blick auf die extremen G-Kräfte. Bei Sebastian Vettel etwa zeugten die TV-Inserts bereits davon. Durch die Esses knallte der WM-Leader seinen Ferrari mit mehr als 6G Belastung auf den Nacken. "Du spürst die G-Kräfte viel mehr in den Kurven und sie wirken stärker auf deinen Körper ein. Es ist ein deutlicher Unterschied zum vergangenen Jahr", bestätigt Bottas.