Mit einem großen Show-Event in London hat sich die Formel 1 schon vor Beginn des Großbritannien GP in Silverstone selbst gefeiert. Konzerte, Demo-Runs, Donuts und alle F1-Fahrer live und aus nächster Nähe für die Fans. Alle Fahrer? Nicht ganz: Ausgerechnet Lokalmatador und Publikumsliebling Lewis Hamilton fehlte - als einziger aller 20 Piloten. "Jeder kann sich hier die Autos ganz nah anschauen und auch die Fahrer - zumindest die meisten", stichelte Red Bulls Teamchef Christian Horner.

Entsprechend groß der Ärger unter den F1-Fans. In der Kommentarspalte des offiziellen Livestreams zum Event und in den Sozial Netzwerken hagelte es teils böse Kritik am Briten. Doch wo steckte Schwänzer Lewis? "Ich weiß nicht, warum er nicht hier ist", sagte Titelrivale Sebastian Vettel, gefragt, ob es nicht angemessen gewesen wäre gemeinsam mit Lewis auf der Bühne zu stehen. Besser wusste es natürlich Toto Wolff. "Lewis sieht sich in einem so harten WM-Kampf, dass er sich so fühlte, nach Österreich ein paar Tage frei zu brauchen", erklärte der Mercedes-Motorsportchef während des Events.

Hamilton: Wichtiger Urlaub für den Silverstone-Sieg

Bei der offiziellen Pressekonferenz in Silverstone kommt das Thema noch am Folgetag mehrfach zur Sprache, Lewis Hamilton bekommt also Gelegenheit sich zu erklären. Und die nutzt der Triple-Champion. "Ich habe versucht, mich auf die bestmögliche Art vorzubereiten. Ich komme hier so gespannt auf das Wochenende hin wie immer. Die Weltmeisterschaft ist das Wichtigste, das Heimrennen das Zweitwichtigste", bestätigt Hamilton die Aussagen Wolffs.

Ohnehin hätten die Fans gar nicht überrascht sein müssen, hatte Hamilton via Twitter schon am Dienstag angekündigt, für zwei Tage im Urlaub zu sein. "An meine geliebten Fans: Ich kann es nicht erwarten, euch in Silverstone zu sehen. Bis dahin bin ich zwei Tage im Urlaub. Gott segne euch alle. Love, Lewis", hieß es da.

"Ich habe den Organisatoren vergangene Woche gesagt, dass ich nicht teilnehmen würde. Ich habe auch mit Toto und dem Team gesprochen und sie hatten absolut Verständnis für meine Entscheidung", ergänzt Hamilton. "Jeder hatte das Recht, die Entscheidung für sich selbst zu treffen. Für mich war es bisher eine sehr intensive Saison. Ich wollte mich einfach so intensiv wie möglich vorbereiten. Die Saison ist das Wichtigste für mich."

Am Ende scheint Hamilton sein Fernbleiben sogar ein Stück weit als Vorteil für die Heimfans zu sehen - wenn er durch seine zwei Tage Urlaub am Sonntag umso stärker auftrumpfen sollte. "Das wird ein unglaublich intensives Wochenende. Es ist ein Must-Win für jeden britischen Fahrer!", erklärt Hamilton. "Ich war die letzten Tage jedenfalls kaum am Handy, habe es die meiste Zeit ausgemacht. Jetzt fühle ich mich so gut vorbereitet für das Wochenende wie nur möglich."

Hamilton an die Kritiker: "Klar haben die Leute ihre Meinung dazu. Aber ich versuche, mich so gut wie möglich auf das Rennen vorzubereiten. Der Event gestern spielt keine so große Rolle für mich wie das Rennen. Und in den letzten Jahren hat man gesehen, wie sehr ich es hier mit den Fans genieße. Das hat sich nicht geändert. Mein Fokus lag einfach darauf, alle Energie in dieses Rennen zu stecken." Von den Buhrufen in London habe er bislang überhaupt nichts mitbekommen.

Ob denn ein Flug nach Griechenland, wo Hamilton geurlaubt hatte, nicht anstrengender sei als ein Fan-Festival? "Ich lebe hier nicht, wäre also sowieso erst nach Monaco", wiegelt Hamilton ab. "Ich fliege sonst sowieso viel länger als das für meine Trips und fühle mich gut. Ich bekomme hier immer viel Liebe von den Fans, da freue ich mich jetzt schon drauf."

Hamilton kontert: Mache doch alles für die Fans!

Ohnehin erscheinen dem Briten die Vorwürfe unangemessen. "Ich denke, dass ich alles mache, um mich mit den Fans zu verbinden. Ich habe die meisten Anhänger in der F1. Die Fans bedeuten mir alles. Was ich da in meiner Karriere alles gemacht habe ... Es ist wichtig für mich, etwa wenn ich Kinder im Krankenhaus besucht habe, die auch nicht zu Rennen kommen können", erinnert Hamilton. "Ich will hier mein Bestes geben, das Rennen wieder gewinnen."

Doch hat Kurzurlauber Hamilton nun tatsächlich einen Relax-Vorteil gegenüber den 19 'London-Feierbiestern'? "Jedem das Seine, wir sind alle erwachsen", winkt Daniel Ricciardo ab. "Ich verstehe aber die Story darum. Aber er macht das lange genug, um zu wissen, was er machen soll. Für mich war es gut. Liberty versucht da etwas zu starten." Daniil Kvyat bestätigt: "Jeder hat unterschiedliche Vorbereitungsmuster. So - dazu wurde jetzt genug gesagt."

Noch im Vorjahr badete Lewis Hamilton in den Fan-Massen von Silverstone, Foto: Sutton
Noch im Vorjahr badete Lewis Hamilton in den Fan-Massen von Silverstone, Foto: Sutton

Hülkenberg & Perez: Verständnis für WM-Kämpfer Hamilton

Verständnis für Hamilton zeigt in jedem Fall Nico Hülkenberg. "Es ist natürlich jedem selbst überlassen, es ist seine Entscheidung. Toto meinte, es ist wegen dem Druck dieses Zweikampfs um die WM für ihn besser, zwei Tage in den Urlaub zu fliegen. Das ist sein gutes Recht, ich kann das nachvollziehen", sagt der Renault-Pilot. "Aber es ist auch klar, dass die Engländer ein bisschen enttäuscht waren in London. Ich kann beide Seiten verstehen. Aber man muss natürlich Prioritäten setzen."

Auch Sergio Perez zeigt Verständnis für Hamilton - immerhin sei der Stress-Level beim Großbritannien GP sowieso schon hoch. "Es ist sehr schwierig, sowas in unsere Zeitpläne einzubauen. Die sind extrem eng und es hängt davon ab, welches Wochenende gewählt wird. Hier ist das Heimrennen fast aller Teams. Man kann sich vorstellen, dass wir sehr beschäftigt sind ..." Ähnlich die Einschätzung vom einsamen London-Silberpfeil Valtteri Bottas: "Ich denke, dass jeder das Recht hat selbst zu entscheiden welche Art von Events er besuchen möchte und ich bin auch nicht der richtige um sowas zu beantworten - ich kenne seinen Terminplan nicht. Für mich ist es absolut in Ordnung."