"77 Runden! Ich mache keine Witze ..." Das ist die Antwort von Pirellis Leiter Automobilsport, Mario Isola auf die Frage, wie lang der ultraweiche Reifen beim Monaco GP (Renndistanz: 78 Runden, wie immer ein Pflichtboxenstopp) wohl halten dürfte. Ein Sinnbild für die aktuelle Reifensituation in der Formel 1. Seit Saisonstart reißt die Kritik an den 2017er Mischungen des italienischen Herstellers nicht ab. Als viel zu hart empfinden Teams und Fahrer das Kontingent.

Vorläufiger Höhepunkt zuletzt in Barcelona, als die Rennställe den ganz harten Reifen fast völlig verschmähten. In Silverstone sollte der Hard ursprünglich ebenfalls zum Einsatz kommen, was Pirelli inzwischen gemeinsam mit FIA und Teams revidiert hat - härter als Medium wird es beim Großbritannien GP nun doch nicht. In Monaco allerdings war von vornherein das weichstmöglichste Kontingent vorgesehen. Doch selbst das ist im Fürstentum noch nicht genug.

"Natürlich sammeln wir noch genaue Anhaltspunkte in Sachen Abbau, aber er ist heute nahe nahe Null gewesen. Die Teams sollten in der Lage sein, das ganze Rennen auf einem Satz Ultrasofts zu fahren", berichtet Isola. Für Monaco brauche es wegen des sehr sanften Asphalts und der minimalen Kurvengeschwindkeiten, der resultierend extrem geringen Belastung der Reifen, eigentlich einen völlig anderen Ansatz in puncto Reifen. "Monte Carlo ist ein einzigartiger Kurs, wo wir eigentlich ganz spezielle Mischungen haben sollten", gesteht Isola.

Top-10 Monaco Crashes (01:16 Min.)

Darum bringt Pirelli in Monaco weiter keinen Spezial-Reifen

Nicht das erste Mal, dass sich die Formel 1 diesem Problem ausgesetzt sieht. Schon in der Vergangenheit waren ähnliche Forderungen für den Grand Prix im Fürstentum laut geworden. Doch warum produziert Pirelli diesen Reifen nicht? "Es ist nicht unmöglich, ihn zu fertigen, aber schwierig. Denn du brauchst zum Testen einen Monaco ähnlichen Kurs. Du kannst einen Reifen für Monte Carlo nicht in Barcelona testen. Das ist Unsinn. Wir müssen einen Kurs mit sehr, sehr geringem Härtegrad finden, wo wir einen spezifischen Reifen entwicklen können", rechtfertigt sich Isola.

Zurzeit liege der Fokus Pirellis jedoch zusätzlich auf einem viel größeren Projekt: "Unsere Priorität liegt auf nächstem Jahr", berichtet Isola. Denn 2018 möchte Pirelli unbedingt eine Fortsetzung der aktuellen Negativ-Presse à la "Steinreifen" oder "Holzreifen" vermeiden. "Wir wissen, dass wir im Moment etwas konservativ sind, aber wir konnten diese Reifen im vergangen Jahr auch nur mit Mule Cars, unter ganz anderen Bedinungen also, entwickeln", sagt Isola.

Pirelli erklärt die neuen Formel 1-Reifen (10:18 Min.)

Pirelli verspricht: Reifen für 2018 werden ganze Nummer weicher

Jetzt sei das anders. Isola: "Wir sammeln viele nützliche Daten für das nächste Jahr." Deshalb plant der Hersteller nun eine modifizierte Konstruktion für 2018. "Besser, neue Mischung, sodass das ganze Sortiment einen ganzen Schritt weicher ist gegenüber dem, was wir jetzt haben", verspricht Isola. "Denn momentan sieht es so aus, als seien wir etwas zu hart. Deshalb werden wir einen Schritt weicher werden, um das ganze Sortiment besser ausnutzen zu können", sagt Isola.

Eine Revolution dürfe man von Pirelli jedoch nicht erwarten. Die Italiener bleiben vorsichtig, tasten sich nur langsam vor. "Mit der Entwicklung der Autos über das Jahr hinweg wird ein Schritt vermutlich genug sein", sagt Isola. Die Erinnerungen an in Serie platzende Reifen zu Beginn der F1-Ägide Pirellis hängt dem Hersteller offenbar noch immer in einer Weise nach wie den Deutschen das 'Schreckgespenst' Inflation. Isola weiter: "Auch wenn jemand sagt, 'Ach, macht doch gleich zwei Schritte weicher', dann sage ich: Warte eine Sekunde. Ein Schritt - da bin ich einverstanden. Aber zwei Schritte sollten zu viel sein, weil wir eine gewaltige Weiterentwicklung der Autos sehen werden. Die Belastung auf dem Reifen wir Ende des Jahres anders sein."

Ohnehin beschäftigt Pirelli die kleine Änderung für Silverstone schon mehr als genug. "Es ist jetzt eine aggressivere Wahl, was das Sortiment verglichen mit anderen Kursen angeht. Wir sind da alle überein gekommen. Aber in Silverstone werden wir dann sehen, ob es wirklich die richtige Entscheidung war", sagt Isola. "Außer Silverstone wird nass - uns das ist ja gut möglich ..."