Er ist der Sohn eines Milliardärs und fährt 2017 für Williams in der Formel 1 - viel mehr ist nicht bekannt über Lance Stroll. Motorsport-Magazin.com stellt den 18-jährigen Kanadier im Detail vor.

1. - Wie viel Talent hat Lance Stroll?

Lance Stroll ist sicherlich kein Jahrhundert-Talent, aber: Er ist innerhalb kurzer Zeit extrem gereift. 2015 galt er in seinem ersten Formel-3-Jahr als Chaos-Pilot, fabrizierte in Spa und Monza-Horrorunfälle und wurde dafür bestraft. 2016 sah es völlig anders aus. Stroll dominierte das Geschehen in der Formel 3 EM fast nach Belieben.

Mit seinem dominanten Prema-Auto erzielte er 14 Siege und 20 Podestplätze in den 30 Saisonrennen - wenn auch mit dem Beigeschmack, dass Vater Lawrence Stroll das Prema-Team gekauft hat. Trotzdem lieferte Stroll Junior dieses Jahr ab und leistete sich nur ganz selten Fehler. Sein einziger Gegner war Teamkollege Maximilian Günther, der am Ende die Vize-Meisterschaft gewann.

2. - Welche Rolle spielt Vater Lawrence?

Eine ganz wichtige. 2 Milliarden Euro soll Lawrence Stroll auf dem Konto haben. Stroll machte sein Vermögen Ende der 80er-Jahre mit Mode-Investments und gilt als großer Automobil-Fan. Ein Beispiel? 2013 ersteigerte er einen 1967er Ferrari GTB/4 S NART Spider für schlappe 27,5 Millionen Euro. Außerdem besitzt er eine eigene Rennstrecke, den Circuit Mont-Tremblant. 1968 und 1970 trug die Formel 1 zwei Rennen auf der kanadischen Strecke aus. Stroll soll mehr als 25 Ferraris sowie zahlreiche weitere Supersportwagen besitzen.

Um Sohn Lance die bestmögliche Basis zu bieten, kaufte er sich sogar in den Traditions-Rennstall Prema Powerteam ein. Die erfolgsverwöhnten Italiener betreuen ihn seit seinem Einstieg in den Formelsport. Gerüchten zufolge wollte sich Lawrence Stroll auch immer wieder in die Formel 1 einkaufen. Er soll sich bereits Anteile am Williams-Team gesichert haben, für das der Sohn jetzt sein F1-Debüt gibt. Stroll begleitete seinen Sohn samt Entourage und Millionen-Motorhome bislang zu den meisten Rennen.

Lawrence Stroll (r.) verfügt über beste Kontakte in der Formel 1, Foto: Sutton
Lawrence Stroll (r.) verfügt über beste Kontakte in der Formel 1, Foto: Sutton

3. - Warum ging er zu Williams?

Lawrence Stroll pumpt seit Jahren Millionen in die Karriere seines Sohnes. Als großem Ferrari-Fan war ihm natürlich sehr daran gelegen, dass Lance ein Mitglied der Ferrari Driver Academy wird. Von 2010 bis Ende 2015 gehörte er dem Juniorprogramm in Maranello an, bevor er als Entwicklungsfahrer zu Williams wechselte. Lawrence Stroll soll sich angeblich mit Ferrari verkracht haben, zudem seien die Chancen auf ein F1-Stammcockpit dünn gewesen. Stroll nahm Ferrari-Nachwuchsleiter Luca Baldisserri direkt mit nach Grove.

Bei Williams lernte Stroll dieses Jahr im Simulator und schnupperte hauptsächlich in die Arbeit in der Fabrik rein. Offizielle Testeinsätze mit einem aktuellen Williams-Boliden gab es nicht. Bei Williams sei er näher am F1-Team dran, bei Ferrari habe er eher ein Fitnessprogramm durchlaufen, ließ Stroll einmal durchblicken. Tatsächlich ist Williams jedoch viel mehr auf Sponsoring-Gelder angewiesen als Ferrari, wodurch die Chancen auf einen Stammplatz natürlich steigen. Dass Williams an der Börse notiert ist, dürfte unterdessen für Vater Lawrence Stroll von Interesse sein. Ob er sich schon eingekauft hat oder nicht: Bei Williams stehen die Chancen für ein echtes Engagement viel höher als bei Ferrari.

2010 kam Stroll als Elfjähriger zu Ferrari, Foto: Ferrari Presse
2010 kam Stroll als Elfjähriger zu Ferrari, Foto: Ferrari Presse

4. - Was hat Lance Stroll schon geleistet?

In seinen drei Formeljahren hat Stroll drei Meisterschaften gewonnen. Der größte Erfolg gelang ihm dieses Jahr in der Formel 3 Europameisterschaft. 2014 gewann er in seinem Debütjahr im Formelsport den Titel in der italienischen Formel 4. Stroll wurde Meister mit 7 Siegen und 13 Podestplätzen in 21 Rennen. Beim Finale in Imola tauchte er allerdings gar nicht mehr auf, weil er sowieso schon als Champion feststand.

Als Vorbereitung auf die Formel 3 startete Stroll im Winter 2014/15 in der Toyota Racing Series Neuseeland. Die meisten seiner Gegner hatten mehr Formelerfahrung, doch Stroll schnappte sich den Gesamtsieg mit 4 Siegen und 10 Podiumsplatzierungen in den 16 Sprintrennen. Sein EM-Debüt in der Formel 3 verlief weniger erfolgreich mit Gesamtplatz fünf mit dem dominanten Prema-Team. In Macau wurde Stroll Achter. 2016 startete er überraschend bei den 24 Stunden von Daytona für Ganassi auf einem Ford-Prototypen. Zusammen mit Alex Wurz, Andy Priaulx und Brendon Hartley wurde das Team Gesamtfünfter.

Stroll gewann 2016 die Meisterschaft in der Formel 3 EM, Foto: FIA F3
Stroll gewann 2016 die Meisterschaft in der Formel 3 EM, Foto: FIA F3

5. - Wie vorbereitet kommt er in die F1?

In einem aktuellen F1-Boliden ist Stroll noch nicht gefahren. Dafür dürfte er ziemlich viele Kilometer in älteren Williams-Autos abgespult haben. Bei den alten Autos gibt es keine Test-Restriktionen, hier kann frei nach Laune und vor allem Budget getestet werden. Obendrauf kommen einige Simulator-Sessions, um sich mit dem aktuellen Rennwagen vertraut zu machen. An die Strecke begleitete Stroll das Team dieses Jahr nur zweimal, in Monaco sowie in seiner Heimat Kanada.

Im Interview mit Motorsport-Magazin.com fühlte sich Stroll jedenfalls bereit für die Formel 1. "Ja, absolut", sagte er kurz vor dem Titelgewinn. "Ich denke, dass die Formel 3 sich auf einem sehr hohen Level befindet. Sie steht nur eine Stufe unter der GP2. Unsere Autos verfügen bereits über eine Menge Downforce - aber natürlich nicht so viel Power wie ein F1-Auto. Das Wettbewerbs-Niveau ist auch sehr hoch. Deshalb, ja: Ich habe das Gefühl, dazu bereit zu sein."

Im Plausch mit Hollywood-Star Michael Douglas: Stroll-Besuch bei der Formel 1, Foto: Sutton
Im Plausch mit Hollywood-Star Michael Douglas: Stroll-Besuch bei der Formel 1, Foto: Sutton

6. - Was ist für Stroll möglich?

Im ersten Formel-1-Jahr werden keine Wunderdinge von Stroll erwartet. Ihm wird die nötige Zeit gegeben, um sich einzugewöhnen. Erfolgsdruck hat er dank des elterlichen Budgets ohnehin nicht. Gleichzeitig wird er einem medialen Druck ausgesetzt sein wie nie zuvor. Alle wollen wissen, wie sich der Milliardärs-Sohn schlägt. Mit Valtteri Bottas hat einen erfahrenen und schnellen Teamkollegen. Vom Finnen wird Stroll eher lernen als dass er ihm wirklich gefährlich werden kann. Einige Punkte sollten das realistische Ziel sein im ersten F1-Jahr. Jeder Sieg über Bottas wäre ein Highlight.