Was sich bereits seit einigen Rennen angedeutet hat, ist nun Realität geworden: Red Bull Racing hat Ferrari im letzten Rennen vor der Sommerpause in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft erstmals in diesem Jahr überholt und geht mit einem Vorsprung von 14 Punkten in die zweite Saisonhälfte.

Beim Großen Preis von Deutschland bestätigten beide Teams ihre Form der jüngsten Rennen: Während Red Bull sowohl Daniel Ricciardo als auch Max Verstappen auf das Podium brachte, schrammte Ferrari an diesem mit Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen, die die Plätze fünf und sechs belegten, recht deutlich vorbei.

"Unser Ziel war es, vor Ferrari in die Sommerpause zu gehen, und das haben wir erreicht", hielt Red-Bull-Teamchef Christian Horner zufrieden fest, der sich zudem darüber freuen konnte, dass auch der Abstand zu Mercedes wesentlich geringer als noch vor einer Woche in Ungarn - auf dem Papier eine Red-Bull-Paradestrecke - war. Red Bull ist somit derzeit ganz klar die zweite Kraft in der Formel 1 - mit Luft nach oben.

"Es gibt noch ein paar Rennen, die uns hoffentlich entgegenkommen. Unser Ziel ist es, die Lücke zu Mercedes noch weiter zu schließen", kündigt Horner an. In Hockenheim gelang es bereits, die Pace von Nico Rosberg mitzugehen, dem es in der Schlussphase des Rennens nicht möglich war, einen Angriff auf Verstappen beziehungsweise Ricciardo zu lancieren. "Wir waren hier bis auf 0,3 Sekunden an Mercedes ran, daher ist unser nächstes Ziel, zu untersuchen, wie wir die Lücke weiter verkleinern können", strebt Horner nach Höherem.

Ferrari fehlt der Downforce

Große Enttäuschung herrscht indessen im Ferrari-Lager vor. Für die Scuderia kommt das Abrutschen auf den dritten Platz zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, nachdem man sich jüngst von Technikchef James Allison trennte und auch die Gerüchte um eine mögliche Ablöse von Teamchef Maurizio Arrivabene nicht verstummen wollen.

"Die letzten Rennen waren hart für uns, aber sehr nützlich. Wir haben viel über unser Auto gelernt, sowohl Stärken als auch Schwächen. Wir wissen, worauf wir uns konzentrieren müssen. Das war nach den ersten Rennen nicht ganz klar, wurde aber immer offensichtlicher. Das ist ein harter Weg, um herauszufinden, dass wir nicht so konkurrenzfähig sind, wie wir sein wollen, aber wir wissen, was wir tun müssen", betonte Sebastian Vettel, der sich naturgemäß ein erfolgreicheres Heimspiel gewünscht hätte.

Welche Dinge Ferrari bei der Analyse herausfand, die es zu verbessern gilt, wollte Vettel zwar nicht preisgeben, dafür benannte Arrivabene jene Bereiche, in denen es Luft nach oben. "Wir haben seit Barcelona keine großen Verbesserungen in puncto Downforce. Das ist das Problem, und daran müssen wir so schnell wie möglich arbeiten", forderte der Teamchef. Unisono hielten Vettel und Arrivabene fest, dass die Schwierigkeiten allerdings nicht über Nacht zu lösen seien. "Aber es gibt einen Plan und die zweite Saisonhälfte sollte stärker werden", so der Heppenheimer.

Ferrari mangelt es an der Aerodynamik, Foto: Sutton
Ferrari mangelt es an der Aerodynamik, Foto: Sutton

Updates in der Pipeline

Obwohl der Fokus der Teams bereits zusehends auf 2017 verlagert wird, um sich für die umfassenden Regeländerungen zu rüsten, werden sowohl Red Bull als auch Ferrari im Herbst noch einige neue Teile ans Auto bringen. "Es gibt noch ein paar Dinge, die wir am Wagen verbessern können in diesem Jahr, die noch in der Pipeline sind", kündigte Horner an.

Was den Motor betrifft, wird Renault zwar keine neue Spezifikation mehr an den Start bringen, Verbesserungen in puncto Fahrbarkeit seien aber sehr wohl noch geplant, verriet Horner. Auch Ferrari verfolgt den Plan, neben den bereits erwähnten Aerodynamik-Updates die Performance des Antriebsstrangs zu steigern. "Für den Motor haben wir noch etwas", stellte Arrivabene in Aussicht.

Erschwert werden die Update-Pläne allerdings von dem Umstand, dass die Werke der Formel-1-Teams im Sommer verpflichtend für zwei Wochen geschlossen werden müssen, um den Mitarbeitern ihren wohlverdienten Urlaub zu sichern. Aufgrund dessen besteht die Möglichkeit, dass die neuen Teile in Spa, beim ersten Rennen nach der Pause, noch gar nicht am Auto sein werden.

Ricciardo und Verstappen in Hockenheim auf dem Podium, Foto: Sutton
Ricciardo und Verstappen in Hockenheim auf dem Podium, Foto: Sutton

Ausreißer von Mercedes?

Ob Red Bull in den Ardennen auch so stark wie in Hockenheim auftreten wird, zieht Arrivabene zumindest ein bisschen in Zweifel und verweist darauf, dass die Bullen zuletzt in Ungarn noch wesentlich schwächer aufgestellt waren. "Bei Mercedes war es wie in Singapur letztes Jahr. Sie haben Rennen, wo sie weniger stark sind, und Rennen, wo sie unschlagbar sind", sieht der Italiener die Silberpfeile normalerweise weiter vorne und nicht Schlagdistanz zu Red Bull.

Horner will sich den Erfolg indessen nicht kleinreden lassen und verweist auf die Statistik der bisherigen Saison. "Wir hatten bereits mehr als 30 Punkte Rückstand auf Ferrari und gehen mit 14 Punkten Vorsprung in die Sommerpause. Wir haben auf eine Vielzahl verschiedener Kurse großartige Leistungen erbracht. Von Österreich über Silverstone und Budapest hierher." Geht es in dieser Tonart weiter, stehen die Chancen gut, dass Red Bull wie vor zwei Jahren Vizeweltmeister bei den Konstrukteuren wird.