1. S - wie Startaufstellung

Nico Rosberg entriss Lewis Hamilton in letzter Minute mit einer vieldiskutierten Runde die Pole Position für den Grand Prix von Ungarn. Trotz gelber Flaggen fuhr Rosberg am Ende anderthalb Zehntel schneller als der Brite, bei dem der Stachel an diesem Wochenende sicherlich besonders tief sitzt - ist der Hungaroring doch ein Kurs, auf dem das Überholen besonders schwierig ist. Auf der anderen Seite spricht die Statistik auch nicht die deutlichste Sprache für den Polesitter: In den 30 bisher ausgetragenen Grands Prix von Ungarn, stand nur 13 Mal der schnellste Mann aus der Qualifikation im Rennen ganz oben auf dem Treppchen.

Rosbergs Pole Position war umstritten, Foto: Sutton
Rosbergs Pole Position war umstritten, Foto: Sutton

Somit dürfen sich auch die hinter dem Mercedes-Duo startenden Daniel Ricciardo und Max Verstappen in ihren Red Bulls Außenseiterchancen auf einen Triumph ausrechnen. Vorjahressieger Sebastian Vettel geht von Startplatz fünf ins Rennen und hat damit Aussichten auf ein Podium, während sein Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen von Rang 14 aus deutlich schlechtere Karten haben dürfte. Ebenfalls in Lauerstellung auf ein Podium befinden sich die beiden McLaren von Fernando Alonso und Jenson Button, die zusammen aus der vierten Reihe ins Rennen gehen.

2. S - wie Start

Der Start ist auf dem Hungaroring entscheidender als auf den meisten anderen Strecken im Kalender. Aufgrund der winkligen Streckencharakteristik sind Positionsveränderungen im Rennen meist nur per Boxenstopp-Strategie herbeizuführen, denn der Kurs bietet nur wenig Platz zum Überholen. Wer also Positionen gutmachen will, versucht dies gleich am Start. Hier machte es der Kurs den Fahrern bisher jedoch auch nicht einfach: Auf der alten Asphaltdecke hatten die Piloten auf den geraden Startpositionen traditionell keinen guten Stand, da die Linie auf der Seite zur Boxenmauer hin stets verhältnismäßig dreckig war. Durch die Neuasphaltierung bleibt abzuwarten, ob sich an dieser Situation etwas geändert hat. Hamilton würde sich angesichts seines zweiten Startplatzes sicher darüber freuen, wenn seine Seite der Startaufstellung im Jahr 2016 mehr Grip bietet, als in der Vergangenheit. "Der Start ist auf jeden Fall die Option mit dem größten Vorteil", weiß Hamilton. "Wenn wir als Erster und Zweiter in die erste Kurve einbiegen, bedeutet das, dass wir uns lange Zeit gegenseitig folgen, weil es hier so heiß ist. Danach hilft dir nur noch ein Safety Car, der Reifenverschließ oder das Wetter", fügte er an.

Streckendaten
Länge: 4,381 km
Runden: 70
GP-Distanz: 306,630 km
Rundenrekord: 1:19.071 (MSC, 2004)
Kurven: 14 (7 links, 7 rechts)
Weg bis Kurve 1: 618 m
Länge Boxengasse: 350 m
Zeit in Box bei 80 km/h: 15,75 s

3. S - wie Strategie

Pirelli gibt seit geraumer Zeit Empfehlungen heraus, wie viele Runden von den Teams auf den jeweiligen Reifenmischungen maximal abgespult bzw. nicht überschritten werden sollten. Auf dem Hungaroring sind dies beim Soft-Reifen 29 Runden, während die weichste Mischung, der Supersoft, maximal 14 Runden gefahren werden sollte.

Aus den Empfehlungen des italienischen Reifenherstellers geht hervor, dass eine Zweistopp-Strategie in der Theorie die schnellste Variante ist. Im Detail bedeutet das, dass ein Fahrer zwei Stints auf dem Soft-Reifen zu jeweils 29 Runden abspult und dann für die restlichen 12 Runden auf den Supersoft wechselt. Als zweitschnellste Strategie könnte sich eine Dreistopp-Taktik erweisen. Hier würden zunächst drei Stints zu jeweils 14 Runden auf dem Supersoft abgespult werden, bevor dann für die ausstehenden 28 Runden die Soft-Mischung aufgeschraubt wird.

4. S - wie Sonntagswetter

Die Wetterprognose sieht für den Sonntag in Budapest deutlich besser aus, als das, was Fahrer und Fans am Samstag erlebt haben. Mit sintflutartigen Regenfällen wie bei der Qualifikation ist im Rennen nicht zu rechnen, obwohl kleinere Schauer nicht ganz ausgeschlossen werden können - der ungarische Sommer hat die Formel 1 in der Vergangenheit schließlich schon des Öfteren überrascht. Die Verfolger von Mercedes, und damit wohl in erster Linie Red Bull, würden die Nässe wie gewöhnlich wohl begrüßen. "Die sind sicherlich schnell im Regen. Wir haben im Qualifying gesehen, dass ihr Auto sehr gut funktioniert. Die sind auf jeden Fall eine Bedrohung", sagte Rosberg im Hinblick auf die Red-Bull-Performance.

Daniel Ricciardo gewann in Regen von Ungarn bereits für Red Bull, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo gewann in Regen von Ungarn bereits für Red Bull, Foto: Red Bull

5. S - wie Strecke

Der Grand Prix von Ungarn auf dem Hungaroring ist mit seiner 31. Auflage längst ein Klassiker im Formel-1-Kalender. Seit 1986 gastiert die Königsklasse nun schon ohne Unterbrechung auf dem Kurs vor den Toren Budapests und die Rennstrecke musste sich seitdem nur geringfügigen Modifikationen unterziehen. Für die Saison 2016 bekam die Anlage eine neue Asphaltdecke samt neuen Kerbs spendiert, wodurch die Rundenzeiten deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen. Ähnlich wie in Monaco zählt auf dem Hungaroring angesichts der vielen langsamen Passagen vor allem ein gutes Chassis, während die Motorleistung von geringerer Bedeutung ist. Teams wie Red Bull und McLaren freuen sich ganz besonders angesichts einer solchen Streckencharakteristik.

Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass der Kurs nicht viel Platz zum Überholen bietet. Ende der Start- und Zielgeraden ergibt sich für die Fahrer dafür die mit Abstand beste Möglichkeit. Wer es auf der Strecke nicht schafft, muss am Kommandostand ein Ass im Ärmel haben, um einem Gegner vorbeizukommen - auch, wenn dieser langsamer ist. "Du brauchst hier einen Vorteil von anderthalb Sekunden auf das Auto vor dir. Ansonsten kannst du nicht zu nah auffahren, weil all deine Temperaturen stark anstiegen. Du musst im Prinzip zwei bis drei Sekunden dahinter bleiben", sagte Hamilton.

Streckenname: Hungaroring

Das Streckenlayout des Hungaroring, Foto: Motorsport-Magazin.com
Das Streckenlayout des Hungaroring, Foto: Motorsport-Magazin.com

6. S - wie Streckenbegrenzung

Sowohl auf dem Hungaroring als auch in der Formel 1 ein Novum, ist die elektronische Überwachung der Track-Limits. Am Sonntag wird die neue Technologie erstmals auch im Rennen zum Einsatz kommen und könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen. Während das neue System am Freitag zunächst erprobt wurde, hielt sich die Relevanz in der Qualifikation in Grenzen. Durch den Regen und die abtrocknende Strecke haben die Fahrer die Kerbs eher gemieden und hätten sich obendrein auch kaum einen Vorteil verschaffen können, wenn sie zu weit über die Streckenbegrenzung hinausgefahren wären.

Die Track-Limits könnten im Ungarn-Grand-Prix zum Zankapfel werden, Foto: Sutton
Die Track-Limits könnten im Ungarn-Grand-Prix zum Zankapfel werden, Foto: Sutton

Am Sonntag wird das, sofern es trocken bleibt, allerdings ganz anders aussehen. Bei besten Bedingungen wird der Platz auf der Strecke bis zum Äußersten ausgereizt und da passiert es auch schon mal, dass ein Fahrer die maximal zulässigen 20 Zentimeter, die er mit allen vier Reifen über die weiße Linie hinausfahren darf, überschreitet. Die Rennleitung hat angekündigt, in solchen Fällen rigoros durchzugreifen. Konkret bedeutet das: Wenn ein Fahrer das dritte Mal gegen die Track-Limits verstößt, erhält er eine Verwarnung. Danach schaltet sich bei nochmaligem Vergehen die Rennleitung ein, die dann höchstwahrscheinlich eine Durchfahrtsstrafe gegen den Übeltäter ausspricht.

7. S - wie Sieger

Hamilton fuhr 2013 in Ungarn seinen ersten Mercedes-Sieg ein, Foto: Sutton
Hamilton fuhr 2013 in Ungarn seinen ersten Mercedes-Sieg ein, Foto: Sutton

Das Mercedes ohne jeden Zweifel die besten Chancen auf den Sieg hat, dürfte nach der bisherigen Vorstellung an diesem Wochenende außer Frage stehen. Was allerdings gegen Mercedes spricht, ist die Statistik der vergangenen zwei Jahre: In der Hybrid-Ära haben die Silberpfeile auf dem Hungaroring noch keinen Sieg eingefahren, obwohl auch in den vergangenen beiden Jahren jeweils einer der beiden Mercedes-Teamkollegen auf der Pole Position stand.

Von den beiden Teamkollegen hat in Ungarn Lewis Hamilton die deutlich bessere Statistik. Der Brite gewann auf dem Hungaroring bereits vier Mal, während Nico Rosberg hier bisher noch nicht siegreich war. Erfolgreicher als Mercedes waren in den vergangenen Jahren Red Bull und Ferrari. 2014 konnte Daniel Ricciardo bei wechselhaften Bedingungen einen Sieg für die Bullen einfahren, während letztes Jahr Sebastian Vettel mit einem Raketenstart aus der zweiten Reihe der Mercedes-Mannschaft den Nachmittag versalzte.

Hamilton und Rosberg werden wohl nur wenig Lust verspüren, sich mit der Konkurrenz aus der zweiten oder dritten Reihe rumzuschlagen - schließlich trennt die beiden momentan nur ein Punkt in der Weltmeisterschaft. Im vorletzten Rennen vor der Sommerpause geht es darum, wer von den Beiden den entspannteren Urlaub haben wird und wer im Gegenzug über einen Rückstand grübeln muss.

Vettel wird es schwer haben, seinen Vorjahressieg zu wiederholen, Foto: Sutton
Vettel wird es schwer haben, seinen Vorjahressieg zu wiederholen, Foto: Sutton

Und wie tippt die Motorsport-Magazin.com-Redaktion? Das sind unsere (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den Ungarn Grand Prix:

Matthias Schwerdtfeger: Der Beginn ist das Ziel. Der Ungarn GP läuft ganz anders als der im letzten Jahr, ist ereignislos und ruhig. Die ersten Drei am Start sind auch jene im Ziel. Rosberg gewinnt und bleibt in der WM vorne.

Matthias' Top-3-Tipp: 1. Rosberg 2. Hamilton 3. Ricciardo

Chris Lugert: Nach der schier endlosen Diskussion, ob Nico Rosberg seine Pole behalten darf, wäre ein Sieg nun die logische Folge. Dieser passiert aber nicht. Den Start gewinnt er zwar vor Lewis Hamilton, ein Regenschauer aber spült die Red Bulls nach vorne, die einen Doppelsieg feiern. Rosberg wird noch Dritter und fährt damit als WM-Leader nach Hockenheim. Mercedes bleibt damit aber weiterhin ohne Sieg in der Hybrid-Ära auf dem Hungaroring.

Chris' Top-3-Tipp: 1. Ricciardo 2. Verstappen 3. Rosberg

Stephan Heublein: Sechs Stunden - und keine Strafe? Keine Veränderung? Nichts. Wenn es schon nach dem Qualifying keine Action gab, dann muss es morgen Strafen regnen. Hier sind meine drei todsicheren Straftipps... und als Bonus-Tipp: Die letzte Strafe wird gegen 22:37 Uhr per Leitsprecher im Media Centre verkündet! Game on.

Stephans Top-3-Strafen: 1. Kimi Räikkönen (Eis-Essen beim Boxenstopp) 2. ca. sieben Fahrer (Track Limits, es muss ja so kommen...) 3. M. Ericsson (Nutzung von zu vielen Chassis binnen zwei Rennwochenenden)

Florian Becker: Erinnert sich jemand daran, was 1990 in Suzuka passierte, als Ayrton Senna sich nach dem Qualifying ungerecht behandelt fühlte? So oder so ähnlich dürfte sich auch Lewis Hamilton fühlen und in etwa das Gleiche wird morgen in der ersten Kurve passieren. Red Bull freut sich über das Geschenk und Ricciardo bekommt endlich Widergutmachung für Barcelona. Verstappen darf sich über Platz zwei freuen und Alonso fährt als Dritter auf das Podest - wie ihm das gelingt? Keine Ahnung.

Florians Top-3-Tipp: 1. Daniel Ricciardo 2. Max Verstappen 3. Fernando Alonso