Im Vergleich zu den vergangenen Jahren der puren Dominanz herrscht bei Mercedes aktuell ein etwas anderes Gemüt vor. Zwar sind die Silberpfeile weiterhin die schnellsten Boliden im Feld, doch technische Probleme und teaminterne Kollisionen verhindern eine Stimmung der puren Glückseligkeit. Nico Rosberg verlor in Silverstone nachträglich seinen zweiten Platz aufgrund unerlaubter Fahranweisungen, die er von seinem Kommandostand erhielt. Nun geht er mit dem kleinstmöglichen Vorsprung von einem Punkt auf Lewis Hamilton in das kommende Rennen nach Ungarn

Und der Hungaroring zählt nicht zu den Lieblingsstrecken von Mercedes. Die Resultate sprechen eine klare Sprache. Erst ein Sieg sprang für die Stuttgarter dort heraus, auch wenn die Rennen oftmals äußerst kurios verliefen. Weder 2014, noch 2015 konnte man die Pole Position in einen Sieg ummünzen. Und mit Red Bull lauert nun ein Gegner, der seine Tauglichkeit auf engen Strecken bereits nachgewiesen hat.

Nico Rosberg war in Silverstone im engen Duell mit Max Verstappen, Foto: Sutton
Nico Rosberg war in Silverstone im engen Duell mit Max Verstappen, Foto: Sutton

Das letzte Rennen: Späte Strafe für Rosberg

Trotz eines heftigen Regengusses kurz vor Rennbeginn fuhr Lewis Hamilton ungefährdet zum Heimsieg. Nico Rosberg dagegen hatte größere Probleme mit einem wie entfesselt fahrenden Max Verstappen und musste den 18-Jährigen kurzzeitig sogar passieren lassen. Zwar konnte sich Rosberg Rang zwei zurückholen, doch wenige Runden vor Rennende drohte sein Getriebe zu versagen. Die Box vermischte sicherheitsrelevante Funksprüche mit unerlaubten Fahranweisungen, weshalb er nach dem Rennen eine Zehn-Sekunden-Strafe erhielt. Rosberg fiel dadurch auf Rang drei zurück und büßte wertvolle Punkte im WM-Kampf ein.

Die Neuerungen: Eine gänzlich andere Herausforderung

War Mercedes in Silverstone unter trockenen Bedingungen unantastbar, zeigte sich im Regen ein anderes Bild. Plötzlich kam es weniger auf die Power an, die auf den langen Geraden eine gewichtige Rolle spielte, sondern auf Traktion. Und genau diese ist auch in Ungarn entscheidend. "In Budapest erwartet uns eine gänzlich andere Herausforderung. Auf dieser Strecke hatten wir in den vergangenen beiden Jahren nicht gerade viel Glück", erinnert sich Motorsportchef Toto Wolff. Mit Schauern ist ebenfalls erneut zu rechnen, wenngleich die Temperaturen mit knapp 30 Grad wohl deutlich höher sein dürften, als zuletzt in Silverstone.

Zudem bringt Pirelli wieder den superweichen Reifen an die Strecke und geht bei den Mischungen damit eine Stufe weicher als in Großbritannien. "Dieser Reifen ist eine Stufe weicher als die weichste Mischung des vergangenen Jahres. Deshalb erwarten wir im Qualifying einige sehr schnelle Rundenzeiten", erklärt Paddy Lowe.

Die Erwartungen: Harte Konkurrenz

Heißere Temperaturen, eine deutlich andere Strecke - Mercedes rechnet mit starker Konkurrenz in Ungarn. Besonders ein Team hat man auf der Rechnung. "Der Red Bull funktioniert zum Beispiel sehr gut auf Strecken, auf denen ein hoher Luftwiderstand kein so großer Nachteil wie auf anderen Streckentypen ist. Deshalb sind sie im Nassen und auf langsamen Strecken wie dem Hungaroring eine echte Gefahr", weiß Wolff. "Wir müssen eine fehlerlose Leistung zeigen, wenn wir auch hier als Sieger hervorgehen wollen." Paddy Lowe möchte endlich eine Negativserie brechen. "Ungarn ist das einzige Rennen, das wir in der V6 Hybrid-Ära der Formel 1 noch nicht gewonnen haben - und der Hungaroring ist eine harte Nuss", ist ihm die Herausforderung bewusst.

2015 fuhr Ferrari Mercedes in Ungarn auf und davon, Foto: Sutton
2015 fuhr Ferrari Mercedes in Ungarn auf und davon, Foto: Sutton

Die Fahrer freuen sich bereits auf ihr Duell, wenngleich die aktuelle Form klar für Lewis Hamilton spricht. "Seit dem Tiefpunkt von Barcelona konnte ich eine richtig starke mentale Haltung aufbauen. Ich spüre das Feuer gerade in mir lodern", gibt er Einblick in seine Gefühlswelt. Seine persönliche Bilanz in Ungarn ist mit bereits vier Siegen zudem exzellent. "Die Strecke hat meinem Stil aus irgendeinem Grund schon immer gelegen und ich genieße dort stets unglaubliche Unterstützung auf den Tribünen. Ich kann es kaum erwarten, wieder auf die Strecke zu gehen."

Für Nico Rosberg besteht also eine reelle Gefahr, zum ersten Mal in dieser Saison seine WM-Führung abgeben zu müssen. Dennoch ist auch bei ihm eine Vorfreude zu spüren, wenngleich er in Ungarn noch ohne jedes Podium ist. "Ich kann den nächsten Zweikampf zwischen uns in Budapest kaum noch erwarten. Die Strecke ist schwierig und stellt dich als Fahrer vor einige Herausforderungen. Das gefällt mir. Jetzt freue ich mich auf ein spannendes und hoffentlich erfolgreiches Wochenende!", so Rosberg.

Die Statistik: Mercedes beim Ungarn GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Mercedes 1 312 67254
Lewis Hamilton 4 5-5 1091218
Nico Rosberg - 11- 2639

Mercedes in Budapest: Der Hungaroring zählt nicht zu den erfolgreichsten Strecken für Mercedes. Der einzige Sieg datiert aus dem Jahr 2013, also noch vor der Hybrid-Ära, eingefahren durch Lewis Hamilton. Ein Jahr später kam der Brite auf Rang drei. Mehr Podestplätze gab es für Mercedes bis dato nicht.

Lewis Hamilton in Budapest: Wenngleich Mercedes wenige Highlights in Budapest vorweisen kann - Lewis Hamilton ist ein echter Ungarn-Spezialist. Mit vier Siegen liegt er in der Bestenliste gleichauf mit Michael Schumacher auf Rang eins. Zudem stand er dort fünf Mal auf der Pole Position. Der Großteil der Resultate stammt jedoch noch aus seiner Zeit bei McLaren.

Nico Rosberg in Budapest: Der Deutsche konnte bislang in Ungarn noch nicht glänzen. Keinen Sieg, noch nicht einmal ein Podium konnte er bislang auf dem Hungaroring einfahren. Seine besten Resultate waren zwei vierte Plätze in den Jahren 2009 und 2014.

Die Prognose: Mercedes und Red Bull auf Augenhöhe

  • Mercedes ist in der Hybrid-Ära noch sieglos in Ungarn
  • War Traktion gefragt, hatte Red Bull zuletzt die Nase vorne
  • Aber: Lewis Hamilton gehört zu den erfolgreichsten Fahrern in Ungarn
  • Mercedes stand in den letzten beiden Jahren jeweils auf Pole

Motorsport-Magazin.com meint: Es sind Zahlen, die man kaum glauben mag. Mercedes hat in Ungarn in der dominanten Hybrid-Ära noch nicht gewonnen, Nico Rosberg ist gar noch ohne jeden Podestplatz in Budapest. Auch wenn Statistiken nur solange gelten, bis sie widerlegt sind: Mercedes muss sich warm anziehen. In Monaco, auf einer Strecke, wo ebenfalls Traktion gefragt ist, war Red Bull bereits vorne. Ihre Performance im Regen in Silverstone bestätigte diesen Eindruck. Eine Favoritenstellung ist daher kaum auszumachen. Am Ende entscheiden wohl wieder die Kleinigkeiten und kuriose Umstände. So wie auch in den letzten Jahren in Ungarn. (Chris Lugert)