Ferrari ist neben Red Bull der große Gewinner des vergangenen Rennens in Spanien. Dank eines Doppelpodiums beim Doppelausfall Mercedes' haben Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel auf einen Streich 33 Punkte auf die Silberpfeile gutgemacht. Doch ohne den Mercedes-Crash in Kurve vier wäre es die nächste schallende Niederlage gegen den Hauptkonkurrenten geworden. Da ist sich die Szene einig. Umso wichtiger ist es für Ferrari jetzt in Monaco, Mercedes erstmals fair und direkt auf der Strecke zu schlagen. Doch es gibt einen neuen Gegner.

Das letzte Rennen: Ferrari-Doppelpodium in Spanien

Maurizio Arrivabene brachte es auf den Punkt, als er nach dem Rennen in Spanien sagte, Ferrari könne ganz gewaltig aufatmen, dass sich Mercedes in Runde eins einen teaminternen Crash geleistet hatte. Trotz eines Doppelpodiums mit Kimi Räikkönen auf P2 vor Sebastian Vettel herrschte in Maranello keine Jubelstimmung. Im Qualifying verzockte sich Ferrari mit den Reifen, bekam die Pirellis nicht ins richtige Arbeitsfenster. Bittere Folge: Nur Startreihe drei, noch hinter Red Bull.

Das Duell mit den Bullen entwickelte sich im Rennverlauf zu einer wahren Strategieschlacht, die Red Bull allerdings nicht nur am Kommandostand für sich entschied: Dass Räikkönen in der Schlussphase Max Verstappen nicht überholen konnte, lag auch an gewaltigen Vorteilen für den RB12 gegenüber dem SF16-H beim Herausbeschleunigen aus der langsamen Schluss-Schikane.

Kimi Räikkönen jagte Max Verstappen in Spanien Runde um Runde, doch in der langsamen Final-Schikane war der Red Bull einfach viel stärker als der Ferrari, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen jagte Max Verstappen in Spanien Runde um Runde, doch in der langsamen Final-Schikane war der Red Bull einfach viel stärker als der Ferrari, Foto: Sutton

Die Neuerungen: Quali-Pace, Quali-Pace, Quali-Pace!

Ferrari arbeitete während der Testfahrten im Anschluss an den Spanien GP intensiv an seiner Qualifying-Performance. Das war gleich doppelt wichtig: Zunächst wegen der Vollkatastrophe am Samstag in Barcelona, dann speziell wegen der enormen Bedeutung eines guten Qualifikationsergebnisses beim kommenden Monaco GP. Ein exzellenter Startplatz ist in Monaco eben schon immer die halbe Miete gewesen - eine der wenigen Konstanten, die jede Ära in der Formel 1 überdauert. "Da kannst du dir keine Fehler leisten", weiß auch Technikchef James Allison.

Neben des üblichen Spezial-Setups für den Kurs in Monte Carlo präsentiert sich Ferrari an der Reifen-Front zwar aggressiv, allerdings etwas verhaltener als die direkte Konkurrenz. Während Mercedes und Red Bull mit jeweils zehn Sätzen der neuen ultrasoften Mischung in Monaco auflaufen, hat die Scuderia deren neun im Gepäck. Das ist nichts, was sich über die Trainings und das Qualifying nicht noch anpassen könnte.

Die Erwartungen: Mit unverbesserlichem Ferrari-Optimismus zum Monaco-Sieg

Ferrari lechzt weiter nach dem ersten Saisonsieg. Doch ist Monaco dafür der geeignete Ort? Sebastian Vettel hofft es zumindest. "Wir sind nicht in der besten Position und kommen nicht als Favoriten nach Monaco, das bleibt Mercedes. Aber wir geben alles und wenn es eine Chance zu gewinnen gibt, versuchen wir zu gewinnen", sagt Vettel.

Allerdings gilt im Fürstentum nicht nur Mercedes, sondern mindestens genauso Red Bull als scharfer Widersacher Ferraris. Schon in Spanien sah die Scuderia in den langsamen Ecken schlecht gegen die Bullen aus. Im extrem langsamen Monaco könnte der RB12 also gar im Vorteil sein. Das Chassis Red Bulls gilt gemeinhin als eines der besten im gesamten Grid, eher sogar als Nonplusultra.

Vettel sieht das jedoch anders. Alles stehe und falle mit dem Qualifying. "Wenn wir den Samstag richtig hinbekommen, sollten sie keine zu große Bedrohung sein", sagt Vettel. Immerhin hätte sich Ferrari bei Entwicklung des SF16-H ja auf exakt jene Bereiche fokussiert, die in Monaco gefordert seien. Durchaus ein korrektes Argument. "Und im Rennen haben wir gezeigt, dass wir schneller sind", legt Vettel nach. Noch dazu dreht sich in Monaco alles um den neuen Ultrasoft. Und je weicher die Reifen, desto stärker Ferrari. Zumindest sagt das der Trend.

Doch müssen die Pirelli erst einmal ins richtige Fenster gebracht werden. Genau das misslang in Spanien. In Monaco wird es jetzt sogar noch schwieriger. "Die Strecke verändert sich im Verlauf des Wochenendes deutlich, sodass du da immer am Ball bleiben musst", schildert Allison. Allerdings habe Ferrari durch den Test in Barcelona viel gelernt, versichert er.

Die Statistik: Ferrari beim Monaco GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Ferrari 8 91749 4302313
Kimi Räikkönen 1 133 36284
Sebastian Vettel 1 124 95254

Ferrari: Monaco Bilanz

Ferrari in Monte Carlo: Zwischen dem ersten und dem zweiten Sieg der Scuderia im Fürstentum lagen nicht weniger als 20 Jahre. Den ersten Erfolg feierte 1955 Maurice Trintignant, ehe Niki Lauda die Roten 1975 wieder jubeln ließ. Es folgten sechs weitere Siege durch Lauda, Jody Scheckter, Gilles Villeneuve sowie drei Mal Michael Schumacher, der vor mittlerweile 15 Jahren den bislang letzten Ferrari-Sieg in Monaco herausfuhr.

Sebastian Vettel in Monte Carlo: Der Heppenheimer kam im Fürstentum zumeist gut zurecht. 2011 konnte Vettel den Klassiker an der Côte d'Azur gewinnen, zudem stand er sowohl 2010 als auch 2013 als Zweiter auf dem Podium. Im Vorjahr nutzte er einen Strategie-Fauxpas Mercedes' und splittete die Silberpfeile auf dem Podium.

Kimi Räikkönen in Monte Carlo: Der Finne trug sich 2005 mit einem Start-Ziel-Coup nach Sensationsqualifying für McLaren in die Siegerlisten ein. Außerdem beehrte er 2003 und 2009 als Dritter die Fürstenloge. Im Vorjahr kam der Iceman nach einem ambitionierten Manöver Daniel Ricciardos nicht mehr über den sechsten Platz hinaus.

Die Prognose: Knochenarbeit für Podestrang

  • Kurze Runde = automatisch Schlagdistanz zu Mercedes
  • Ferrari-Chassis sollte gut zu Monaco passen
  • Aber: Red Bull in Monaco große Bedrohung
  • Ultrasoft könnte Ferrari jedoch helfen
  • Achtung McLaren: Was ist dran an den Kampfansagen aus Woking?

Motorsport-Magazin.com meint: Ferrari erwartet in Monaco eine schwere Prüfung. Red Bull ist auferstanden und sollte in Monte Carlo noch mehr bei der Musik sein als ohnehin schon. Auch Mercedes bleibt mit all seiner Professionalität ein bärenstarker Gegner. Doch chancenlos sind die Roten auf keinen Fall. Die radikale Philosophie des SF16-H sollte sich in Monaco auszahlen, auch die extrem weichen Reifen können helfen. Wenn man sie denn wieder ins richtige Temperaturfenster bekommt ... (Jonas Fehling)