Es war mehr als eine Hiobsbotschaft: Am letzten Tag der Formel-1-Testfahrten vor Saisonbeginn wurde bekannt, dass Sauber die Löhne nicht rechtzeitig überweisen konnte. Sauber Teamchefin Monisha Kaltenborn bestätigte die finanzielle Notsituation sogar im Schweizer Blick: "Ja, es stimmt. Ein Teil der Februargehälter ist noch ausstehend. Ich bedaure das außerordentlich."

Kaltenborn bezeichnete die finanzielle Lage als 'angespannt', es habe Probleme bei der Überweisung einer ausländischen Sponsorenzahlung gegeben. Wie das Team bestätigte, konnten am 9. März alle noch ausstehenden Löhne überwiesen werden. Es soll das bisher erste Mal sein, dass der Traditionsrennstall Probleme bei der Bezahlung der eigenen Angestellten hat.

Wirklich überraschend kommen die finanziellen Probleme nicht. Der Winter ist für die kleinen Privatteams die schwierigste Zeit. Für die Fertigung des neuen Fahrzeugs müssen Teile von Zulieferern gekauft werden. Diese Ausgaben kommen zu den ohnehin schon nicht geringen Kosten für die eigenen Angestellten hinzu.

Sauber Finanz-Not wenig überraschend

Marcus Ericsson und Felipe Nasr alleine reichen Sauber zur Finanzierung nicht, Foto: Sutton
Marcus Ericsson und Felipe Nasr alleine reichen Sauber zur Finanzierung nicht, Foto: Sutton

Klar, Ausgaben hat ein Formel-1-Team immer, doch so extrem wie zu Jahresbeginn ist es selten. Dazu kommt, dass die Teams im Winter bei den Preisgeldern auf dem Trockenen sitzen. Bernie Ecclestone zahlt die Gelder über das Jahr verteilt aus, abhängig davon, ob der Rennstall auch noch am Start ist. Einen großen Teil des FOM-Geldes sieht Sauber aber nie: Das Geld, das der Formel-1-Rennstall für Motor und Getriebe an Ferrari zahlen muss, wird direkt von den FOM-Geldern abgezogen.

Der finanzielle Engpass war daher eigentlich schon zu erwarten. Auch wenn Felipe Nasr und Marcus Ericsson erhebliche Sponsorengelder mitbringen, gemeinsam mit den übrigen FOM-Geldern ist es nicht genug, den operativen Betrieb in gewünschtem Maße aufrechtzuerhalten.

Und das bringt gleich das nächste Problem mit sich: Die Verzögerung des neuen Boliden war schon suboptimal. Als einziges Team trat Sauber in der ersten Woche der Wintertestfahrten in Barcelona noch mit dem Vorjahresfahrzeug an. Entsprechend fehlt die Hälfte der Testfahrten an Erfahrung mit dem neuen Auto.

Verspätetes Auto kann Sauber teuer kommen

Auch wenn die zweite Testwoche gut lief, ist die mangelnde Erfahrung ein Nachteil, der schwer wiegen könnte. Im vergangenen Jahr lebte Sauber die gesamte Saison über vom Saisonauftakt in Melbourne. Da die Konkurrenz noch strauchelte und enorme Zuverlässigkeitsprobleme hatte, konnten die Schweizer dort trotz des riesen Theaters um Giedo van der Garde Big Points sammeln.

14 der insgesamt 36 Punkte holte das Team beim Saisonauftakt. Von diesem Vorsprung zehrte Sauber die gesamte Saison. Das groß angekündigte Update für den Singapur GP floppte komplett. Aus eigener Kraft reichte es nicht mehr für Punkte.

In diesem Jahr bekommt Sauber wegen des achten Ranges in der Konstrukteurswertung wieder mehr Geld von der FOM. 2015 zahlte das Team den Preis für die schlechte Saison 2014, als man mit null Punkten noch hinter Marussia in der Konstrukteurswertung auf Rang zehn landete.

Konstrukteurswertung: Elfter der große Verlierer

Noch einmal eine Seuchensaison wie 2014 könnte Sauber die Existenz kosten. Damals gab es zwar auch elf Teams, allerdings rettete Caterham als Elfter vor dem kompletten Absturz. Das Problem ist die Preisgeldstaffelung. Jeder, der nicht in die Top-10 kommt, fällt fast komplett unter den Tisch. Er muss sich mit zehn Millionen Dollar abspeisen lassen.

Die fetten Jahre sind vorbei: Sauber hat keine eigenen großen Sponsoren, Foto: Sutton
Die fetten Jahre sind vorbei: Sauber hat keine eigenen großen Sponsoren, Foto: Sutton

Die ersten zehn der Konstrukteurswertung bekommen Gelder aus zwei Töpfen. Einmal die sogenannten 'Equal Shares'. Hier werden gut 400 Millionen Dollar gleichmäßig auf alle Teams verteilt. Macht für jedes Team über 40 Millionen Dollar. Zudem gibt es aus dem zweiten Topf, der noch einmal gut 400 Millionen Dollar schwer ist, Performance-abhängige Preisgelder. Der Zehnte bekommt immerhin noch rund 15 Millionen Dollar.

Als Zehntplatzierter lebt es sich also nicht besonders schlecht in der Formel 1, wenn auch nicht im Luxus. Noch immer machen den Privatteams exorbitante Ausgaben für den Antriebsstrang zu schaffen. Die Kosten hierfür sollen aber in den nächsten beiden Jahren signifikant sinken.

Die TV-Gelder alleine reichen aber nicht. In den vergangenen Jahren wurde es für die kleineren Teams immer schwierige, dicke Hauptsponsoren an Land zu ziehen. Die Zeiten von Petronas, Red Bull und Credit Suisse auf dem Sauber sind längst vorbei. Deshalb ist der Rennstall auf Paydriver angewiesen, um die Finanzierungslücke zu schließen.

Paydriver alleine reichen Sauber nicht

Giedo van der Garde sorgte 2015 beim Australien GP für einen Eklat, als er sein Sauber-Cockpit einklagte, Foto: Motorsport-Magazin.com
Giedo van der Garde sorgte 2015 beim Australien GP für einen Eklat, als er sein Sauber-Cockpit einklagte, Foto: Motorsport-Magazin.com

Und genau das brachte Sauber dann Anfang 2015 fast zum Kollabieren. Weil versprochene Sponsorenzahlungen nicht eingegangen sind und plötzlich mit Ericsson und Nasr Fahrer anklopften, die dringend benötigtes Geld direkt auf den Tisch legten, nahm das Team mehrere Fahrer gleichzeitig unter Vertrag. Der Fall Giedo van der Garde ist nach dem Desaster in Melbourne 2015 endgültig beendet, mit Adrian Sutil streitet sich der Rennstall noch immer vor schweizer Gerichten.

Die Paydriver Nasr und Ericsson ändern nichts daran, dass Sauber noch immer von der Hand in den Mund lebt. Gibt es Rückstände, leidet die Entwicklung des Autos darunter. Aktuell ist das offensichtlich. Bei den Testfahrten machte der neue Sauber C35 keine allzu schlechte Figur. Er kann zumindest im hinteren Mittelfeld mitfahren. Aktuell scheinen Haas und Manor Performance-technisch etwas schlechter aufgestellt zu sein.

Manors und Saubers Existenz bedroht

Wenn Sauber aber nicht entwickelt, kann es eng werden. Haas bekommt von Ferrari sicherlich früher Ausbaustufen als die Schweizer. Auch Manor ist bei weitem nicht mehr so heillos unterlegen wie in der Vergangenheit. Es wird gefährlich für Sauber. Für den Elften wird es finanziell 2016 extrem eng.

Wenn Haas nach einem Jahr nicht schon die Lust an der Formel 1 verliert, wäre der elfte Platz noch nicht gleichbedeutend mit dem Aus. Der Milliardär Gene Haas muss die Kasse nur aus der eigenen Brieftasche mehr aufstocken als gewollt. Für Manor und Sauber sähe es hingegen dunkelschwarz aus. Es ist schwer vorstellbar, dass eines der beiden Teams ohne die FOM-Gelder auf eigenen Beinen stehen kann. Sauber kämpft in diesem Jahr auf der Rennstrecke ums Überleben.