Eigentlich hätte man es ahnen müssen. Wenn Pirelli schon eine Pressemitteilung schickt, dass die Untersuchungen der Reifenschäden aus Belgien nun abgeschlossen sind, das Ergebnis aber erst in Italien verkündet wird, dann kann man schon misstrauisch werden. Warum nicht einfach in dieser Pressemitteilung?

Mit Pressemitteilungen hat es Pirelli nicht so. Böse Zungen würden behaupten genauso wenig wie mit Reifen. Da kommt nach Belgien eine falsche Reifenstatistik und als Reaktion auf den Vettel-Reifenplatz kommt schlicht eine Mail um Mitternacht, dass Pirelli schon vor anderthalb Jahren eine maximale Rundenanzahl pro Reifensatz forderte. Was ist das für ein Argument? Was erklärt das? Nichts.

Warten auf Pirelli, FIA kommt

Ähnlich ging es in Monza weiter. Alle warten auf Pirelli, da kommt plötzlich die FIA mit einem Statement. Warum plötzlich die FIA? Wenige Minuten später kommt dann die Mitteilung von Pirelli. Man hat also nun gefunden, was passiert ist. Naja, so halb zumindest.

Viel Dreck sei auf der Strecke gewesen. Die Unfälle der Rahmenserie seien schuld. 63 kleine Schnitte wurden später in den Reifen festgestellt. Je länger ein Pilot mit einem Reifen fährt, desto weniger Gummi ist auf dem Pneu. Je weniger Gummi, desto höher die Gefahr, dass ein Cut in die Reifenstruktur eindringt. Deshalb war Ferraris Strategie riskant. Delaminierungen, die auf ein strukturelles Problem hinweisen würden, hätte man in der Analyse nicht im entferntesten erkennen können.

Diese Erklärung alleine könnte man so akzeptieren. Allerdings soll auch bei Rosberg schon ein Fremdkörper für den Schaden gesorgt haben. Gefunden wurde freilich nichts. Wie sehr Mercedes in dieser Angelegenheit auf Pirelli vertraute zeigt sich in der Reaktion. Sicherheitshalber wurde der Sturz an der Hinterachse verringert. Sicherheitshalber wurde sogar ein zusätzlicher Boxenstopp in Erwägung gezogen. Vertrauen sieht anders aus.

Pirelli entzieht sich selbst Vertrauen

Doch auch Pirelli entzieht sich selbst das Vertrauen. In Monza wurden die Richtlinien für Sturz und Luftdruck korrigiert. Enorm sogar. So enorm, dass es vehementen Widerstand gab und Pirelli nachbessern musste. Noch immer wird diskutiert, erst am Freitag soll die endgültige Antwort kommen. Warum, wenn es doch eigentlich keine strukturellen Probleme gab?

"Darf ein Reifen platzen?", lautete die Frage bei einer Medienrunde am Donnerstag. Power Units, Bremsen, Flügel würden schließlich auch kaputt gehen, dürften das aber nicht. Eine Power Unit ist nicht sicherheitsrelevant - Punkt. Flügel und Bremsen sind sicherheitsrelevant, liegen aber in der Hand des Teams. Reifen nicht.

Und ja, auch früher gab es schon Reifenschäden, keine Frage. Es gab auch schon Zeiten, in denen Reifenschäden fast an der Tagesordnung waren. Aber dann hat man sie nicht einfach auf Trümmerteile auf der Strecke geschoben, die außer dem Reifenhersteller niemand gesehen hat. Es wirkt, als hätte Pirelli selbst keine Ahnung. Das ist nicht gut, aber menschlich. Aber dann bitte nicht sagen, es gäbe keinerlei Probleme.