Wenn sich die FOM-Jumbo-Jets mit dem F1-Equipment der Teams im mitteleuropäischen Winter auf den Weg zum Saisonauftaktrennen im Albert Park zu Melbourne machen, dann landen sie in Downunder angekommen im südlich-traumhaften Spätsommer. So auch in diesem Jahr.

Saisonstart in Downunder

Die 5,302 Kilometer lange Strecke, die als einer der schönsten Straßenkurse der Welt, aber auch als äußerst anspruchsvoll gilt, verläuft mitten im Stadtpark und wird ihrerseits nur einmal im Jahr zum F1 Grand Prix benutzt. Dies sorgt dafür, dass der Asphalt zu Beginn recht schmutzig und rutschig ist und somit wenig Grip bietet. Ansonsten ist der Kurs größtenteils öffentlich zugänglich, weshalb der Asphalt sehr rutschig sowie schmutzig ist. Geprägt wird die gewundene Strecke von kurzen Highspeed-Passagen mit engen Schikanen, die einen runden Fahrstil erschweren. Der Reifenverschleiß wird dabei als relativ gering eingestuft, was den neuen Reifenregeln entgegen kommen sollte.

Auf der technischen Seite benötigen die Boliden vor allem in den langsamen Kurven wie der Jones, Clark, Ascari oder Prost, welche alle samt im zweiten oder dritten Gang gefahren werden, viel mechanischen Grip sowie eine gute Traktion. Für die Whiteford, Lauda oder Waite Kurven ist hingegen auch eine optimale aerodynamische Balance von Nöten. Die beste Überholmöglichkeit auf der teils unebenen Strecke stellt die Start- und Zielgerade dar, an deren Ende sich eine gute Überholchance bietet. Der Vollgasanteil liegt bei 67%.

Ebenfalls für Überholmanöver – allerdings in der Box – sollte die für die Saison 2004 verkürzte Boxeneinfahrt sorgen, welche die Zeit eines Boxenaufenthalts für die Fahrer verringern und den Teams ein Dreistopprennen ermöglichen sollte. Mit dem Verbot von Reifenwechseln und der Einführung von langlebigen Pneus stellt sich diese Verkürzung nun als sinnlos heraus, da 2005 wohl nur noch ein bis zweimal gestoppt werden wird.

Das häufige heftige Herunterbremsen beansprucht die Bremsen der Boliden extrem. Umgekehrt ist beim Beschleunigen hohe Motorleistung gefragt. "Die Fahrzeugabstimmung wird vor allem zum Ziel haben, gute Traktion aus niedrigen Geschwindigkeiten zu ermöglichen", erklärt Sam Michael. Sein Amtskollege bei Renault, Bob Bell, ergänzt: "Bei der Abstimmung setzen wir auf ein mittleres Abtriebsniveau und ziemlich steife Federraten, damit die Autos bei den schnellen Richtungswechseln in den Schikanen gut und präzise einlenken. Allerdings sind die Bremszonen in Melbourne oft recht bucklig. Zu steif darf das Setup also nicht ausfallen, denn sonst riskieren wir blockierende Räder beim Bremsen. Und das Vermeiden von 'Bremsplatten' ist vor dem Hintergrund der neuen Regeln eine ständige Sorge."

Die Streckengeschichte

Melbourne ist mit 3,2 Millionen Einwohnern die zweigrößte Stadt Australiens und liegt an der östlichen Südküste des fünften Kontinents. Zudem ist Melbourne auch die Hauptstadt des Staates Victoria. Melbourne City erstreckt sich dabei über 36,5 Quadratkilometer, die Innenstadt ist geprägt von einem Geschäftsviertel, einem interessanten Mix aus moderner und historischer Architektur, dem attraktiven Southbank-Viertel und den wichtigsten Sportzentren sowie zahlreichen Parks und Grünanlagen. Durch die Lage in der Asien-Pazifik-Region ist Melbourne die Handelsdrehscheibe Australiens.

Die Formel 1 fuhr bereits in den Fünfziger Jahren dreimal im Albert Park, allerdings zählten diese Rennen damals noch nicht zur Weltmeisterschaft und wurden noch gegen den Uhrzeigersinn gefahren. So wurde beispielsweise 1956 ein Rennen zur Feier der olympischen Spiele in Melbourne ausgetragen, das Stirling Moss für sich entschied. 1985 wurde dann der erste offizielle Große Preis von Australien in Adelaide ausgetragen. Der Sieger des Debütrennens war Keke Rosberg in seinem Williams-Honda. Bis 1995 fand das Rennen auch weiterhin in Adelaide statt, bis man das Rennen mit einem Ortswechsel nach Melbourne vom Saisonende an den Saisonanfang verlegte. Seit 1996 bildet der Melbourne Grand Prix nun beinahe schon einen traditionellen Saisonauftakt. Nach dem zehnjährigen GP-Jubiläum in diesem Jahr, rückt das Rennen in der nächsten Saison aber aufgrund der in Melbourne ausgetragenen Common Wealth Games auf einen neuen Platz im Rennkalender.

Der kürzeste australische Grand Prix fand im Jahre 1991 statt, als nach 14 von 81 Runden und gerade einmal 53 Kilometern wegen Regens gestoppt werden musste. Zum Sieger wurde der legendäre Brasilianer Ayrton Senna im McLaren erklärt. Er bekam dafür allerdings dem Reglement entsprechend auch nur die halbe Punktzahl gutgeschrieben. Jaques Villeneuve schrieb 1996 F1-Geschichte, als er bei seinem Formel-1-Debüt gleich von der Pole Position aus in den Australien Grand Prix startete. Beim Grand Prix im Jahre 2000 war die Startaufstellung dann sogar nach Startnummern geordnet - zumindest von eins bis sieben in der richtigen Reihenfolge.

Das sagen die Experten über den Albert Park

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Die Strecke im Albert Park ist einzigartig – anders als alle anderen GP-Kurse und, was entscheidend ist, anders als alle Strecken, auf denen wir im Winter testen. Es ist immer extrem spannend, zu sehen, wie sich das Auto beim Saisonauftakt verhält. Auf jeden Fall ist Australien ein großartiges Land, und Melbourne ist der perfekte Platz für den Saisonstart".

Der Techniker - Sam Michael: "Als erstes Rennen der Saison ist Melbourne für alle Teams aufregend. Jeder will wissen, wo er nach der Winterpause steht. Der Albert-Park-Straßenkurs bietet wenig Grip, hat langsame und mittelschnelle Kurven und zwei sehr schnelle Passagen – all dies muss beim Setup berücksichtigt werden."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Die ersten beiden Grands Prix 2005 werden eine Feuertaufe für den BMW P84/5 Motor. Wir müssen unter realen Wettbewerbsbedingungen wiederholen, was in der Simulation gelungen ist – bis zu 1.500 Kilometer pro Triebwerk."