Der Formel 1 WM-Auftakt in Melbourne rückt immer näher, und wie immer werden auch dieses Jahr hunderttausende Menschen live vor Ort und Millionen an den Fernsehschirmen das Geschehen verfolgen. Ein Grand Prix, der für viele Formel-1-Verrückte schon fast einem kulturellen Highlight gleichkommt: Immerhin handelt es sich um den Saisonauftakt, da lohnt es sich auch für nicht eingefleischte Fans, die Nacht zum Tag zu machen und endlich wieder die Boliden in Aktion zu sehen.
Traditionelles Australien
Was dabei gerne übersehen wird, ist, dass es in Australien andere, noch viel ältere Traditionen gibt. Wie das Didgeridoo. Jenes weltbekannte und doch so fremdartige Blasinstrument der australischen Ureinwohner.
Didgeridoo, Didgeridu, Didjeridu oder einfach kurz Didge - die Schreibweise ist relativ irrelevant, handelt es sich bei dem Wort doch lediglich um eine Kreation der weißen Einwanderer, die den in ihren Ohren seltsamen Klang des Rohres lautmalerisch imitieren wollten. Die Ureinwohner - "Aboriginees" oder das "Alte Volk" - präferieren das Wort Yidaki.
Ob Didgeridoo oder Yidaki: Fakt ist, dass es sich dabei um das wohl älteste Blasinstrument der Menschheit handelt. Ähnlich konstruierte Objekte wurden zwar auch in Südostasien und - man höre und staune - im heutigen Schottland gefunden, doch in keinem Land außer in Australien hat ein Instrument solch eine lange Tradition: das Didgeridoo ist auf 20.000 Jahre alten Höhlenmalereien abgebildet.
Bei solch einem Alter ist es verständlich, dass zum Bau eines Didges prinzipiell keine handwerklichen Höchstleistungen erforderlich sind. Es reicht schon, ein passendes Gewächs in der Nähe zu haben: den Eukalyptusbaum. Das Alte Volk macht es sich seit Jahrtausenden zu nutze, dass Termiten Eukalyptus lieben. Letzterer wird von den Insekten ausgehöhlt, wobei die äußere Schicht aufgrund ihrer Bitterkeit zurückgelassen wird. Diese Schicht braucht jetzt nur noch verarbeitet werden, wobei die traditionelle Bemalung mit Ockerfarben wohl der aufwändigste Schritt ist.
Das Ergebnis ist ein kunstvoll gestaltetes Holzrohr mit einer Länge von durchschnittlich 1,20 m bis 2 m. Nicht mehr und nicht weniger. Ein einfaches Holzrohr mit einem Mundstück aus Bienenwachs, dem sich durch die richtige Spielweise die wunderlichsten Klänge entlocken lassen.
Zum Didgeridoospielen gehört nicht wirklich viel - den Grundton und ein paar Licks kriegt jeder mit ein bisschen Übung hin. Und das muss nicht einmal schweißtreibende Übung sein wie beim Klavierspielen: in entspannten Sessions, ob allein oder mit anderen Interessierten, lassen sich schnell Erfolge erzielen.
Wer westliche Musik gewohnt ist, wird sich vielleicht über den Ausdruck "der Grundton" wundern, aber das Didge produziert im Gegensatz zu europäischen Holzbläsern tatsächlich nur einen Ton, der sich natürlich in seinen Eigenschaften durch Einsatz von Stimme und Zunge kolossal verändern lässt. Somit kann man als Anfänger auch auf diesem Instrument variantenreich spielen. In den meisten Fällen natürlich nicht gleich so trickreich wie die Didgeridoo-Altmeister Alan Dargin und Dave Hudson, aber diesen Anspruch haben wohl die wenigsten.
Wobei man von diesen Altmeistern - vorausgesetzt sie stammen vom Alten Volk - niemals das volle Können hören wird. Angeblich spielen die Aboriginees ab ihrer Initiierung und der damit verbundenen Aufnahme in die spirituelle Kultur ihrer Vorväter niemals "just for fun", außerdem wird von geheimen Tunes berichtet, die diese oft begnadeten Spieler unter keinen Umständen außerhalb ihres Stammes spielen würden. Denn das Didgeridoo wird bei den Ureinwohnern als heiliges Instrument angesehen, das alten Mythen zufolge sogar die Welt mit erschaffen hat. Die Welt, in der wir leben, also auch die Welt der Formel 1. Und das geht nicht nur die Musikinteressierten etwas an.
Modernes Australien
Wer einem Einwohner von Australiens größter Stadt Sydney offen sagt, dass er Melbourne möge, wird von seinem Gegenüber nur ein Augenrollen geschenkt bekommen. Schließlich gibt es in Sydney das weltberühmte Opernhaus, die Harbour Bridge, welche Mark Webber zuletzt mit seinem Williams-Boliden überfuhr, oder den Bondi Beach.
Dennoch ist die Hauptstadt des Bundesstaates Victoria alles andere als ein Ort im Niemandsland. Denn alles was Sydney dem F1-Austragungsort voraus hat, macht dieser mit seinem lebhaften Flair wieder wett.
Die Bewohner Melbournes, die sich selbstbewusst Melburnians nennen, lieben ihre Hauptstadt also aus guten Gründen. Gelegen am Meer und dem Yarra River, der mitten durch die Stadt fließt, und den vielen idyllischen Naherholungsgebieten, bietet Melbourne einen hohen Freizeitwert. Liebevoll restaurierte viktorianische Häuser und öffentliche Gebäude stehen neben hochmodernen Hochhäusern und geben der Stadt ein interessantes Gesicht.
Wer versucht jene Bankenhochhäuser in der King Street zu zählen, dem wird schnell klar, dass Melbourne auch ein Synonym für Business ist. Weitere Blicke auf die vielen Lagerhallen rund um den Hafen von Melbourne und Port Phillip Bay zeigen zudem, dass auch die Industrie in Melbourne eine große Rolle spielt. Tatsächlich besitzt es sogar Australiens größten Containerhafen.
Aber Melbourne ist nicht nur ein Wirtschaftszentrum, sondern auch die Sporthauptstadt des Kontinents. Entsprechend den landestypischen Gepflogenheiten zählt der Melbourne Cricket Ground zu den wichtigsten Sportstätten. Neben dem in unseren Breiten eher ein Schattendasein fristenden Nationalsport Cricket zieht aber auch der Melbourne Cup, ein jährliches weltweit Beachtung findendes Pferderennen, internationale Aufmerksamkeit auf sich. Doch all dies ist nichts im Vergleich zur beliebtesten Sportart: Dem Australian Football. Beinahe jeder noch so kleine Vorort weist ein eigenes Team auf, deren Spiele bequem über das exzellente Straßenbahnsystem erreicht werden können.
Neben der Geschäfts- und der Sportwelt ist Melbourne aber auch ein Mekka für Freunde der Gaumenfreuden. So finden sich überall entlang des Yarra Rivers feine Restaurants und ist die Stadt von Australiens besten Weinbergen umgeben.
Geschichtlich bertrachtet ist Melbourne eine noch recht junge Stadt. Erst 1835 landeten die Briten am Ufer des Yarra Rivers, dort wo die Aborigines schon seit langem einen Lagerplatz errichtet hatten. Die schnell wachsende Siedlung wurde nach dem damaligen britischen Premierminister Lord Melbourne benannt. Durch die Goldfunde 1851 entwickelte sich Melbourne zur größten und wichtigsten Stadt des Fünften Kontinents und war von 1901 bis 1927 die Hauptstadt Australiens. Seit nunmehr zehn Jahren ist sie immerhin noch die Formel 1 Hauptstadt des Landes.
Australien - Fakten, Fakten, Fakten
Australien | |
Fläche: | 7,74 Mio. Km² |
Einwohner: | 19,7 Mio. |
Einwohner Melbourne: | 3,2 Mio. |
Hauptstadt: | Canberra (310.000 Einwohner) |
Sprache: | Englisch |
Währung: | 1 Austral. Dollar (A$) = 100 Cent |
Zeit: | MEZ + 9h |
Gliederung: | 6 Bundesstaaten, 2 Territorien |
Staatsform: | Parlamentarische Monarchie |
Regierungschef | John Winston Howard |
Staatsoberhaupt: | Königin Elizabeth II. |
diese Formel 1 Hintergrund